Coronavirus: So hart trifft Krise die Schweizer Industrie
Das Coronavirus und die Lockdown-Massnahmen treffen die Schweizer Industrie hart. Nach der Krise dürfte die Branche weniger Menschen beschäftigen.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Industrie ist aktuell die Arbeitslosenquote höher als ich Schweiz-Schnitt.
- Swissmem erwartet, dass die Krise erst im zweiten und dritten Quartal voll zuschlägt.
Bereits letztes Jahr lief es für die Schweizer Industrie nicht ganz rund. In den wichtigsten Absatzmärkten haperte es, zudem erstarkte der Franken gegenüber dem Euro.
Und dann kam das Coronavirus. Anders als der Detailhandel oder die Gastronomie war die Industrie von den Lockdown-Massnahmen nicht direkt betroffen. Trotzdem hat sich die Lage merklich verschlechtert.
Fast die Hälfte der Maschinenbauindustrie verzeichnete wegen des Lockdowns Stornierungen von Aufträgen. Die Konsequenz: Mehr als ein Drittel der Swissmem-Mitglieder erwarten dieses Jahr einen Verlust. Betroffen sind alle Bereiche der Industrie, abgesehen von der Medizinaltechnik.
Höhere Arbeitslosigkeit wegen Coronavirus
Über 300'000 Beschäftigte gibt es in der MEM-Branche (Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie). Sie bekommen die Krise direkt zu spüren. Die Arbeitslosenquote liegt mit 4,5 Prozent aktuell klar über dem Schweiz-Schnitt (3,3 Prozent, Stand April).
Und das dürfte sich bald nicht ändern, im Gegenteil. Swissmem erwartet, dass dir Krise die Branche erst im zweiten und dritten Quartal voll treffen wird.
Swissmem-Sprecher Ivo Zimmermann blickt entsprechen wenig optimistisch in die nahe Zukunft: «Die Industrie wird nach der Krise mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Schweiz weniger Menschen beschäftigen als heute.» Die Erfahrung zeige jedoch, dass sie danach im Aufschwung wieder neue Stellen schaffen werde. «Wie viele das sein werden, hängt auch von den Rahmenbedingungen ab, welche die Politik setzt.»
Zimmermann befürchtet, dass alle Betriebe die Krise überstehen werden. «Aber wir rechnen nicht mit einer Konkurswelle.»
80 Prozent geht ins Ausland
Die MEM-Industrie exportiert rund 80 Prozent ihrer Ware. Für sie bringen inländische Konjunkturpakete wenig. Viel entscheidender ist, wie sich die Absatzmärkte im Ausland entwickeln.
«Das Parlament kann in der laufenden Session ein Zeichen setzen, indem es die Industriezölle aufhebt», sagt Zimmermann. Der MEM-Industrie brächte dies eine jährliche Kostensenkung von 125 Millionen Franken sowie administrative Entlastung. Er fordert zudem, dass die fertig ausgehandelten Freihandelsabkommen mit Indonesien und Mercosur (südamerikanischer Markt) schnell in Kraft gesetzt werden.
Anders beurteilt die Situation die Gewerkschaft Syna. «Industriezölle schützen die Schweizer Arbeitsplätze, da durch entsprechende Zölle nicht einfach Produktionen ins Ausland verlagert werden», sagt Zentralsekretär Nico Fröhli. Für ihn kommt darum eine Abschaffung nicht infrage.
«Kurzarbeit wird zu wenig genutzt»
Er fordert Massnahmen wie Exportförderung, Langzeitplanung oder Kurzarbeit. Gerade bei Letzterem sieht er Nachholbedarf. «Die Kurzarbeit wird leider von vielen Unternehmen zu wenig genutzt.»
Im Gegenzug würden die Arbeitnehmenden gezwungen, Überstunden und Feriensaldi zu beziehen. «Aus unserer Sicht ist das ganz klar eine Abwälzung des Arbeitgeberrisikos auf die Arbeitnehmenden.»
Mit Blick auf die Zukunft beobachtet Fröhli einen positiven Effekt. Die Krise habe den Arbeitgebern bewusst gemacht, dass Auslagerungen ins Ausland ein erhöhtes Risiko mit sich bringen. Als Beispiel nennt er eine Produktionskette, welche infolge von Zollstreitigkeiten zum Stillstand kommt. «Das könnte eine Chance sein für den Werkplatz Schweiz, und für die Arbeitsplätze.»