Schweizer Technologie: Durchdrehen für die Wissenschaft

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Zürich,

Mitte Januar hat die ETH Zürich auf dem Campus Hönggerberg die stärkste Forschungszentrifuge Europas eingeweiht.

Zentrifuge
Das «Blaue Biest». Die neue geotechnische Zentrifuge der ETH Zürich ist die leistungsstärkste in ganz Europa. - ETHZ / I. Anastasopoulos

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Zentrifuge ermöglicht realistische Tests mit Modellen von Bauwerken.
  • Die Tests sind wichtig für die Sicherheit der Verkehrsinfrastruktur.
  • Der Bau der Zentrifuge dauerte sieben Jahre.

Das «Blaue Biest». So haben die Forschenden des Instituts für Geotechnik der ETH Zürich ihre neue Zentrifuge getauft. Am 17. Januar haben sie die leistungsstärkste Forschungszentrifuge Europas offiziell eingeweiht.

Mit der Zentrifuge untersuchen die ETH-Wissenschaftler, wie sich Bauwerke verhalten, wenn sie verschiedenen Naturgewalten ausgesetzt sind – zum Beispiel bei Erdbeben. Dazu bauen sie Modelle der Bauwerke in die Zentrifuge ein.

Mit dem «Blauen Biest» erzeugen die Forscher künstliche Schwerkraft. Wenn sich der rund neun Meter lange Arm der Zentrifuge 148 Mal pro Minute um sich selbst dreht, wirkt das Hundertfache der Erdbeschleunigung. Das Modell, das 100 Mal kleiner und leichter ist als in der Realität, «wiegt» dann so viel wie ein echtes Bauwerk. So können die Forscher realitätsnah nachstellen, was zum Beispiel bei einem Erdbeben passiert. Dazu haben sie einen einzigartigen Rütteltisch gebaut, auf dem das Modell in der Zentrifuge steht. Damit lassen sich Erdbeben mit hundertfacher Geschwindigkeit und in hundertfacher Verkleinerung simulieren.

Schweizer Technologien für mehr Erdbebensicherheit

Konkrete Projekte gibt es viele. Zum Beispiel die Bodenverankerung von Offshore-Windparks: Auf dem Meer sind Windräder Stürmen und Erdbeben ausgesetzt. Da kann es passieren, dass sich die Konstruktion neigt. Das kann die Windräder beschädigen oder ihre Lebensdauer verkürzen. Ein anderes Beispiel sind Brücken. Die Brücken der Schweizer Nationalstrassen sind im Durchschnitt 52 Jahre alt. Viele von ihnen sind nach heutigen Massstäben nicht ausreichend gegen Erdbeben gesichert und müssen nachgerüstet werden. Dafür braucht es neue Schweizer Technologien. Während die Nachrüstung der Brückenpfeiler relativ einfach ist, kann die Verstärkung der Fundamente schwierig, teuer und zeitaufwändig sein. Hier kommt die Zentrifuge ins Spiel: Mit ihr können die ETH-Forscher Experimente im Miniaturmassstab durchführen. «Unsere Zentrifugentests sind entscheidend für die Sicherheit unserer Verkehrsinfrastruktur», sagt ETH-Professor Ioannis Anastasopoulos.

Sieben Jahre haben Planung und Bau der leistungsstärksten Zentrifuge Europas gedauert. Komplett neu ist sie genau genommen nicht. Die ETH hat ein ausgedientes Modell der Universität Bochum gekauft und von Grund auf modernisiert. Geblieben ist eigentlich nur der neun Meter lange, massive Stahlträger. Lager, Motoren, Hydraulik, Elektronik und Sensorik wurden erneuert und modernisiert. Vor drei Jahren hob der grösste Kran der Schweiz das Betongehäuse in die dafür ausgehobene Grube. Das Gehäuse ruht auf vier speziell konstruierten Stahlfedern. Wenn sich die Zentrifuge dreht und ihre Kräfte freisetzt, nehmen die Federn und der Betonmantel kleinste Vibrationen auf und schirmen sie von der Aussenwelt ab. So werden hochsensible Experimente in benachbarten Labors nicht beeinträchtigt.

Für den Betrieb der Zentrifuge mussten eine Reihe von Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Sollte sich ein Teil lösen, würde es mit ungeheurer Wucht gegen die Wand geschleudert. Deshalb steht die Zentrifuge in einem unterirdischen Bunker mit 30 cm dicken Betonwänden. Wenn das «Blaue Biest» sich dreht, darf trotzdem niemand in der Nähe sein. Die Schaltzentrale befindet sich in einem anderen Gebäudeteil.

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