Schweizer Technologie: Fleisch aus dem Bioreaktor

Swiss Engineering
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Muttenz,

Das Zürcher Start-up Sallea entwickelt Schweizer Technologien für die Produktion von Fleisch aus Zellkulturen.

Schweizer Technologie
Die drei Gründerinnen von Sallea (v. l. n. r.), Simona Fehlmann, Anna Bünter und Nicole Kleger. - Sallea

Das Wichtigste in Kürze

  • Viehzucht und Fleischkonsum sind für ein Fünftel der Treibhausgase verantwortlich.
  • Neue Schweizer Technologie ermöglicht die Herstellung aus kultiviertem Fleisch.
  • Experten diskutieren am 6. Februar bei einem Workshop in Muttenz.

Experten schätzen, dass sich der weltweite Fleischkonsum bis 2050 verdoppeln wird – getrieben vom Bevölkerungswachstum und dem steigenden Wohlstand in den Schwellenländern. Das geht auf Kosten von Umwelt und Klima: Schon heute ist die Viehwirtschaft für rund 20 Prozent der weltweit ausgestossenen Treibhausgase verantwortlich.

Ein Ausweg könnte die Produktion von Fleisch aus Zellkulturen sein. «Das Einsparpotenzial ist riesig», sagt Anna Bünter. «Bei einem Kilogramm Rindfleisch lassen sich mehr als 90 Prozent der Emissionen einsparen.» Bünter hat vor gut einem Jahr gemeinsam mit den ETH-Materialwissenschafterinnen Nicole Kleger und Simona Fehlmann das Zürcher Start-up Sallea gegründet.

Um Fleisch oder Fisch zu kultivieren, werden den Tieren einige wenige Zellen entnommen. In einem Bioreaktor – einem grossen Stahltank – füttert man die Zellen mit einer nährstoffhaltigen Flüssigkeit und hält sie auf «Körpertemperatur». Nach zwei bis vier Wochen können sie geerntet werden. Das Problem: Die Zellen wachsen nicht von selbst zu einem Filet oder einer Hühnerbrust heran: «Was man erntet, sieht eher aus wie eine dickflüssige Suppe. Bisher kann man daraus nur Würste oder Bürger-Patties herstellen», erklärt Anna Bünter.

Filet statt Burger

Hier setzt die Schweizer Technologie von Sallea an: Das Start-up hat ein inzwischen patentiertes indirektes 3D-Druckverfahren entwickelt. Dabei wird eine Negativform aus Salz gedruckt. In diese Form wird dann eine pflanzliche Masse infiltriert. Anschliessend wird das Salz ausgewaschen. Übrig bleibt ein essbares, filigranes Gerüst – das sogenannte Scaffold. «Man kann sich das wie einen Schwamm vorstellen, auf dem man die Zellen ansiedeln kann. Diese wachsen dann darauf zu einem Stück Fleisch oder Fisch heran», erklärt Bünter. «Mit unserem Produkt kann man nicht nur eine Wurst oder Chicken Nuggets herstellen, sondern auch ein Filetsteak», so die Gründerin. Welche Zutaten für das Gerüst verwendet werden, hängt vom gewünschten Endprodukt ab. «Das Scaffold für ein Stück Lachs muss anders schmecken als das Gerüst für eine Hähnchenbrust.»

Schweizer Technologie
Die Scaffolds ähneln Schwämmen, auf dem die Zellen zu einem Stück Fleisch heranwachsen können. - Sallea

Im September hat Sallea eine erste Finanzierungsrunde erfolgreich abgeschlossen. Das Geld soll vor allem in Forschung und Entwicklung fliessen. «Unsere Prototypen werden derzeit von Unternehmen getestet, die kultiviertes Fleisch herstellen wollen», sagt Anna Bünter. Das nächste Ziel sei es, Partnerunternehmen zu finden, die gemeinsam mit Sallea in einem Pilotprojekt ein erstes Endprodukt herstellen.

Die drei Gründerinnen brauchen einen langen Atem. Anna Bünter schätzt, dass noch fünf bis zehn Jahre vergehen werden, bis die ersten Steaks mit Sallea-Technologie im Supermarktregal liegen. Und das wäre erst der Anfang. «Bis Fleisch und Fisch aus Zellkulturen einen nennenswerten Teil der Landwirtschaft ersetzen können, wird es noch gut ein Jahrzehnt dauern», erwartet Bünter.

Entscheidend für den Erfolg von kultiviertem Fleisch ist neben Forschung und Gesetzgebung die Akzeptanz bei den Konsumentinnen und Konsumenten. Hier ist Anna Bünter optimistisch. Wenn man es den Leuten erkläre, seien die meisten bereit, es zu probieren, sagt sie. «Ob die Menschen es dann regelmässig kaufen, hängt vor allem davon ab, ob man ein gutes Produkt anbieten kann.»

Workshop «Nachhaltige Lebensmittelproduktion in der Schweiz»

Sallea-Mitgründerin Anna Bünter ist Podiumsgast beim Swiss-Engineering-Workshop «Nachhaltige Lebensmittelproduktion in der Schweiz». Zusammen mit Biowinzer Roland Lenz und Urs Bührer, Head of Logistics Customer Service, Bühler AG, diskutiert sie neue Ideen und Konzepte für die Lebensmittelindustrie – von biologischer Landwirtschaft über kultivierte Lebensmittel bis hin zu logistischen Innovationen. Der Workshop ist Teil des Engineers’ Day Netzwerkanlasses, der am 6. Februar auf dem Campus der FHNW in Muttenz stattfindet.

Kommentare

User #1225 (nicht angemeldet)

Künstliche Süssstoffe wurden auch mal als die Lösung verkauft. Später kam noch Stevia als natürlicher, kalorienfreier Süssstoff. Jedoch alle diese Produkte führen zu Gesundheitsproblemen, wie nan mit der Zeit gelernt hat. Das selbe wird die Geschichte mit dem Kunstfleisch werden. Aber dies wird man erst Retrospektiv wissen.

User #4361 (nicht angemeldet)

5416: Sie irren sich. Einfache KI-Suche (nix mit Telegram). "Forscher haben gentechnisch veränderte Stammzellen entwickelt, die die Produktion von Laborfleisch revolutionieren können. Ein Beispiel hierfür sind unsterbliche Rinder-Muskelstammzellen, die sich unendlich oft teilen können (Entwicklung durch die Tufts University)."

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