Schwierige EU-Einigung zu Pipelines wie Nord Stream 2
Nach zähen Verhandlungen haben sich EU-Parlament und Mitgliedstaaten auf eine Überarbeitung der Regeln für Pipelines wie das deutsch-russische Projekt Nord Stream 2 verständigt.
Das Wichtigste in Kürze
- EU-Parlament stimmt trotz US-Drohungen deutsch-französischem Kompromiss zu.
«Alle künftigen Gaspipelines aus Drittstaaten, einschliesslich Nord Stream 2, werden den EU-Vorschriften entsprechen müssen», erklärte der Berichterstatter des EU-Parlaments, Jerzy Buzek, am Mittwoch in Strassburg. Dennoch wird Deutschland wohl eine Schlüsselrolle in dem Projekt behalten. Die USA bekräftigten ihre Ablehnung gegenüber der Pipeline.
Nord Stream 2 soll Gas von Russland durch die Ostsee nach Deutschland transportieren. Insbesondere östliche EU-Staaten sowie US-Präsident Donald Trump sehen das Projekt äusserst kritisch: Deutschlands Abhängigkeit von Moskau würde wachsen, Polen und die Ukraine als bisherige Transitländer für Gaslieferungen würden geschwächt.
Die Kommission hatte bereits 2017 unter anderem wegen der Bedenken bezüglich Nord Stream 2 neue Regeln für Gas-Pipelines vorgeschlagen. So sollte unter anderem der Betrieb der Leitung und die Belieferung mit Erdgas strikt getrennt werden. Das hätte Auswirkungen auf Nord Stream 2 gehabt. Der russische Gazprom-Konzern hat bei dem Projekt beides in der Hand.
Im März 2018 schloss sich das EU-Parlament dem Vorstoss der Kommission mit breiter Mehrheit an. Bis vergangene Woche konnte Deutschland mit der Unterstützung von Frankreich und weiterer Staaten jedoch eine Mehrheit unter den Mitgliedstaaten für die Reform verhindern. Die jetzige Einigung fusst auf dem vergangene Woche erzielten Kompromiss zwischen Deutschland und Frankreich.
Grundsätzlich sollen alle Pipelines EU-Vorschriften entsprechen, Produktion und Betrieb also zum Beispiel getrennt sein. Allerdings müsste das Land, in dem die Leitung erstmals auf das europäische Netz trifft, das Projekt auf seine Vereinbarkeit mit diesen Vorschriften prüfen. Im Falle von Nord Stream 2 wäre das Deutschland.
Ausserdem sollen Ausnahmen unter bestimmten Umständen möglich sein. In jedem Fall aber hätte die EU-Kommission am Ende zu entscheiden: über die Vereinbarkeit mit EU-Regeln und etwaige Abweichungen von diesen Regeln.
Die Regelung soll auch für Pipelines gelten, die bereits im Betrieb sind. «Sofern dies den Wettbewerb innerhalb der Union nicht beeinträchtigt», können die beteiligten Mitgliedstaaten jedoch von den Vorschriften abweichen, hiess es in einer Mitteilung des Parlaments. Besonders Italien und Spanien ist dieser Teil wegen der Mittelmeer-Pipeline Transmed wichtig.
«Mit der erreichten Einigung werden sicherlich nicht alle Probleme der russischen Gaspolitik und der Situation auf dem osteuropäischen Gasmarkt gelöst», sagte die EU-Abgeordnete Rebecca Harms, die für die Grünen-Fraktion an den Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten teilgenommen hatte. Aber es sei ein grosser Fortschritt erreicht worden, denn «Gazprom muss sich künftig an europäisches Recht halten.»
US-Aussenminister Mike Pompeo bekräftigte am Dienstagabend in Warschau erneut die Ablehnung aus Washington gegenüber der deutsch-russischen Pipeline. Präsident Trump habe «sehr deutlich» gemacht, «dass Amerika alles in seiner Macht Stehende tun wird, dass Europas Sicherheit bei Energieentscheidungen an erster Stelle steht», antwortete Pompeo bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem polnischen Kollegen Jacek Czaputowicz auf die Frage, ob die USA Sanktionen erwögen.
In Berlin hatte am Dienstag Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf einer Konferenz mit dem US-Vize-Energieminister Dan Brouillette angekündigt, Deutschland werde künftig sehr viel mehr Flüssiggas aus dem Ausland kaufen, auch aus den USA, einem der mittlerweile grössten Produzenten. Einen «Deal» - Deutschland kauft LNG aus den USA, die dafür ihre Kritik und Sanktionsdrohungen gegen die deutsch-russische Pipeline Nord Stream 2 fallen lassen - wiesen Altmaier und Brouillette zurück.