Weltwirtschaft

So leidet die Weltwirtschaft unter dem Coronavirus

Michael Bolzli
Michael Bolzli

Bern,

Das Coronavirus hat die Weltwirtschaft im Griff. Die Börsen geben nach, Wachstumsprognosen werden nach unten korrigiert. Eine Bestandsaufnahme.

Börse Coronavirus
Die Börsianer sind diese Tage sehr nervös. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • US-Ökonom Kenneth Rogoff rechnet wegen des Coronavirus mit einer globalen Rezession.
  • Die Credit Suisse hat die Wachstumsprognosen für die Schweiz gesenkt.
  • Im Februar brachen die Exporte aus China ein.

Als das Coronavirus in China ausbrach, reagierten die Märkte noch gelassen. Mittlerweile herrscht Panik. Seit Mitte Februar haben die Börsen Milliarden vernichtet.

Die chinesische Wirtschaft gibt ein düsteres Bild ab. Exporte aus Fernost sind im Februar um 17 Prozent eingebrochen, Importe gingen um vier Prozent zurück.

Das Reich der Mitte ist als zweitgrösste Volkswirtschaft ein gewichtiger Handelspartner. Leidet China, leiden Firmen aus aller Welt mit. Apple hat Engpässe in der Lieferkette, die europäischen Autobauer verlieren ihren grössten Absatzmarkt. Seit Ausbruch des Coronavirus sind in China die Auto-Verkäufe um 90 Prozent eingebrochen.

Financial Markets Wall Street
Schwarzer Montag an der Wall Street. - keystone

Über 80'000 Menschen sind aktuell auf dem chinesischen Festland infiziert. Mehr als 3000 sind dort am Virus bereits gestorben (Stand Dienstagmittag).

Italien zur Sperrzone erklärt

Mittlerweile ist das Virus in Europa angekommen. Besonders Italien hat das Coronavirus fest im Griff. Über 9000 Menschen sind infiziert, 460 gestorben.

Gestern wurde das Land zur Sperrzone erklärt. Ein harter Schlag für die bereits angeschlagene italienische Volkswirtschaft. Betroffen sind verschiedene Branchen, allen voran die verarbeitende Industrie und der Tourismus.

«Wir gehen von einem Rückschlag des BIP von etwa drei Prozent im ersten Halbjahr aus, also einer ernsthaften Rezession», sagt Oliver Adler, Chefökonom der Credit Suisse zu Nau.ch. Er rechnet aber, dass sich die Wirtschaft im zweiten Halbjahr erholen wird. Unterstützung gibt es aus Rom mit einem Hilfspaket von 900 Millionen Euro.

Coronavirus - Schweizerisch-italienische Grenze
Zollbeamte kontrollieren am schweizerisch-italienischen Grenzübergang in Chiasso die Papiere von Grenzgängern. - dpa

Ende Februar wurde das Coronavirus in der Schweiz erstmals registriert. 476 Menschen sind mittlerweile daran infiziert, drei gestorben.

Halbe Milliarde weniger für Schweizer Touristiker

Auch hierzulande bekommt die Wirtschaft die negativen Effekte zu spüren. Die Event-Branche verbucht täglich Einbussen von rund zwei Millionen Franken. Grund: Der Bundesrat hat ein Verbot von grösseren Anlässen verfügt.

Ein düsteres Bild malt ebenfalls die heimische Tourismus-Branche. Für 2020 rechnet Schweiz Tourismus mit Einbussen von mehr als einer halben Milliarde Franken.

Die Airline Swiss, welche letztes Jahr noch Traumzahlen verbuchte, hat ihre Kapazitäten um rund 50 Prozent reduziert. Vielerorts wird die Produktivität zurückgefahren: Die Gesuche für Kurzarbeit haben in den letzten Tagen stark zugenommen.

China Tourismus Schweiz Coronavirus
Wegen des Coronavirus hat Peking ein Verbot für Gruppenreisen ausgesprochen. Davon betroffen sind auch Schweizer Tourismusregionen. - Keystone

All dies bremst die Schweizer Wirtschaft. Die Credit Suisse hat kürzlich die BIP-Wachstumsprognose für dieses Jahr von 1,4 auf 1 Prozent gesenkt.

Globale Rezession wegen Coronavirus?

Gestern sackte der Ölpreis um 30 Prozent ein. Schuld ist ebenfalls das Coronavirus, wenn auch indirekt. Denn als Konsequenz der Krise wird weniger geflogen, Leute verbringen mehr Zeit daheim. So sinkt die Nachfrage nach Öl merklich. Saudi-Arabien und Russland konnten sich allerdings als Gegenmassnahme nicht auf eine Deckelung der Fördermenge einigen, was gestern einen massiven Preissturz auslöste.

Das trifft die US-Ölindustrie hart. Mit einem Preis von 30 Dollar pro Fass geht die Rechnung nicht mehr auf. Die US-Investmentbank J.P. Morgan geht davon aus, dass die Vereinigten Staaten höchstwahrscheinlich in eine Rezession schlittern – nicht nur wegen des Virus, auch etwa wegen des immer höher wachsenden Schuldenbergs.

nobelpreis
Kenneth Rogoff am World Economic Forum 2017 in Davos. - Keystone

Der US-Starökonom Kenneth Rogoff hält eine globale Rezession für wahrscheinlich. Gegenüber der «Zeit» sprach er jüngst von einem Angebots- und Nachfrageschock zugleich. «Wenn die Menschen wegen Corona nicht arbeiten gehen können, dürfen oder wollen, dann dürften Lieferketten zusammenbrechen, Waren knapp werden und Preise steigen.»

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