Streit im Kongress über Corona-Hilfen zwingt Fed in Warteposition
Vor der letzten Zinssitzung der US-Notenbank Fed im Corona-Jahr 2020 richten sich alle Augen auf den Kongress.
Vor der letzten Zinssitzung der US-Notenbank Fed im Corona-Jahr 2020 richten sich alle Augen auf den Kongress. Die Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell stehen zwar als Krisenhelfer bereit. Doch zunächst wollen sie offenbar abwarten, ob sich die Politik unter dem Eindruck der zweiten Corona-Welle noch zu einem grösseren Konjunkturpaket durchringen kann.
Powell dringt ebenso wie der designierte US-Präsident Joe Biden wegen der düsteren Lage am Arbeitsmarkt und der Existenznöte vieler Amerikaner darauf, die monatelange Hängepartie zu beenden und den Weg für Nothilfen umgehend frei zu machen.
Ob die Fed am Mittwoch neue geldpolitische Impulse setzt oder nicht, hängt damit massgeblich vom Vorgehen der Politik in der Krise ab. Die Pläne für ein neues Konjunkturpaket waren im Wahlkampf unter die Räder gekommen, auch weil sich beide politische Lager nicht auf den Umfang solcher Hilfen einigen konnten. Zuletzt kam aber wieder Bewegung auf. Eine Gruppe aus Bidens Demokraten und den Republikanern des abgewählten Präsidenten Donald Trump aus beiden Kongresskammern schlug als Kompromiss ein rund 900 Milliarden Dollar schweres Konjunkturpaket vor, das auch Biden unterstützt.
Daher sind Experten uneins, ob die Währungshüter nun ihrerseits mit Konjunkturhilfen nachlegen: Dazu befragt, gaben nur 21 von 43 Ökonomen an, dass sie bereits für Dezember damit rechneten. «Für das neuerliche Anschieben der konjunkturellen Erholung setzt man bei der US-Notenbank auf die Finanzpolitik», meint Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Er geht daher davon aus, dass das Tempo der Anleihekäufe in Höhe von 120 Milliarden Dollar pro Monat vorerst beibehalten wird.
Doch werde die Fed nicht untätig bleiben und womöglich den Finanzmärkten eine überarbeitete Orientierungslinie - im Fachjargon Forward Guidance genannt - für ihr weiteres Vorgehen an die Hand geben. So könnte sie laut dem Experten die Forward Guidance zu den Anleihekäufen präzisieren, indem sie die Käufe explizit an das Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Kriterien knüpft.
Krämer verweist darauf, dass die Fed dies für die Leitzinsen bereits im Sommer getan hat: Die Fed geht davon aus, die Zinsen bei null zu halten, solange das Vollbeschäftigungs- und das Inflationsziel nicht erreicht sind und die Inflation nicht auf dem Wege ist, die Zwei-Prozent-Marke moderat zu überschreiten. «Die Guidance für die Anleihekäufe wird wohl etwas anders aussehen, da man diese bereits vor einer ersten Zinserhöhung einstellen wird», so der Commerzbank-Chefökonom.
Auch wenn die Europäische Zentralbank ihre Corona-Hilfen jüngst massiv aufgestockt hat, erwartet der Chefstratege von Merck Finck, Robert Greil, dass die Fed nun «nicht so tief in ihren Werkzeugkasten greifen wird wie die EZB». Angesichts der besorgniserregenden Virusentwicklung in den USA werde sie aber einen «weiterhin sehr expansiven Ton anschlagen». Mit steigenden Corona-Fallzahlen hat sich auch die Konjunktur-Erholung zuletzt verlangsamt. Manche US-Regionen verzeichneten kaum oder gar kein Wachstum, wie aus dem Konjunkturbericht der Fed hervorgeht. Erst Mitte des nächsten Jahres erwartet Powell mit Blick auf die Wirtschaftsentwicklung «Licht am Ende des Tunnels».
Philip Marey von der Rabobank geht davon aus, dass die Fed bei einer Verschlechterung der Konjunktur und beim Ausbleiben neuer Corona-Hilfen des Kongresses unter Zugzwang gerät: «Sie könnte dann ihr Staatsanleihenprogramm nutzen, um für weiteren geldpolitischen Stimulus zu sorgen.» Die Volkswirte von UniCredit in München gehen mit Blick auf den Fed-Entscheid am 16. Dezember davon aus, dass die Notenbank zumindest ihre Käufe von Anleihen mit langen Laufzeiten intensivieren könnte.
Aber auch der Kongress könnte sich bewegen: «Die Politik ist inzwischen weltweit fest davon überzeugt, dass die Folgen der Pandemie um jeden Preis abgemildert werden müssen», sagte Francis A. Scotland, vom Vermögensverwalter Brandywine Global. Diese Gemengelage führe dazu, dass die Interessen von Notenbanken und Politik zunehmend «Hand in Hand» gingen.