Terra-Crash am Kryptomarkt rückt Stablecoins in den Fokus
Das Wichtigste in Kürze
- Für die Kryptomärkte war die zweite Maiwoche eine der schwärzesten Wochen seit mehreren Jahren.
Die Investoren mussten verfolgen, wie ein milliardenschweres Krypto-Ökosystem innert weniger Tage zusammenbrach.
Auslöser war der Kursrutsch des Stablecoins TerraUSD, der eigentlich einen 1:1 Kurs zum US-Dollar halten sollte. Dabei riss er auch gleich seine «Schwesterwährung» Luna in den Abgrund, aber auch der Bitcoin und die weiteren Kryptowährungen mussten massive Verluste hinnehmen.
Ein Schlaglicht geworfen hat der «Terra-Crash» auf den Sektor der Stablecoins, der in den vergangenen Jahren stetig an Bedeutung zugelegt hat. So sind die beiden Dollar-Stablecoins Tether (USDT) und USD Coin (USDC) gemäss Marktkapitalisierung mittlerweile die dritt- und viertgrössten Kryptowährungen hinter den «Platzhirschen» Bitcoin und Ethereum.
Obschon sich Stablecoins in verschiedene Kategorien einteilen liessen, welche komplett anders aufgesetzt seien, machten wohl viele Personen diese Unterscheidung nicht, sagt Fabian Schär, Professor für Blockchain an der Universität Basel. Es sei insofern davon auszugehen, dass ein Vertrauensverlust bei allen Stablecoins spürbar sein werde und auch der regulatorische Druck weiter zunehme.
Der TerraUSD gehört zu der auch in der Kryptowelt hoch umstrittenen Kategorie der «algorithmischen Stablecoins», die ihre Bindung an den Dollar durch ein wirtschaftliches Anreizsystem sicherstellen, wie Dominic Lohberger, Handelschef bei der Kryptobank Sygnum, sagt. Sie sind typischerweise nicht oder nur unzureichend durch Vermögenswerte besichert.
«Viele Ökonomen - darunter auch ich - haben seit Jahren davor gewarnt, dass die algorithmischen Stablecoins auf einem sehr wackeligen ökonomischen Fundament stehen», sagt Universitätsprofessor Schär. Zudem sei es bei weitem nicht der erste Kollaps eines algorithmischen Stablecoin, erinnert er.
Demgegenüber sind Stablecoins wie Tether oder USD Coin durch eine Reserve von «off-chain» gehaltenen Vermögenswerten - etwa Bankeinlagen oder Wertpapiere - besichert. Auch für die «off-chain kollateralisierten Stablecoins» sieht Schär allerdings ein Spannungsfeld bezüglich Geschäftsmodell und Stabilität.
Programmierung, Management, Regulierung, Verwahrung und Prüfung führten insgesamt zu «enormen Kosten», so der Basler Ökonom. Demgegenüber stünden relativ geringfügige Erträge, zumindest wenn die Vermögenswerte in einer liquiden und gleichzeitig wertstabilen Anlage gehalten werden sollen. «Dementsprechend gross ist die Gefahr, dass die Herausgeber solcher Stablecoins auf risikoreichere und weniger liquide Anlagen setzen. Intransparente Strukturen erhöhen diese Gefahr zusätzlich», sagt Schär. Tatsächlich wird gerade dem Stablecoin-Herausgeber Tether schon seit Jahren mangelnde Transparenz vorgeworfen.
Einig sind sich die meisten Beobachter, dass sich nach dem TerraUSD-Crash nun auch die Regulatoren vermehrt auf das Stablecoin-Segment fokussieren werden. So hatte auch US-Finanzministerin Janet Yellen in den vergangenen Tagen die «schnell wachsenden Risiken» solcher Produkte angesprochen und Regulierungen noch im laufenden Jahr angekündigt.
Eine weitere Regulierung sei wahrscheinlich, heisst es auch bei Goldman Sachs. Eine angemessene Regulierung könnte dabei auch die Stabilität verbessern und die Risiken deutlich verringern, betonen die Ökonomen der US-Bank in einer Studie.
Trotz der dramatischen Ereignisse der vergangenen Woche sieht man im hiesigen Crypto Valley keine nachhaltige Erschütterung des Kryptomarkts. Insgesamt dürften die Auswirkungen des LUNA/UST-Zusammenbruchs relativ isoliert sein, sagt etwa Marcus Dapp, Forschungschef bei Bitcoin Suisse. «Der grosse Bereich der Kryptowährungen ist von den Ereignissen nicht weiter beeinflusst.» Angesichts der Ereignisse habe sich der Bitcoin-Kurs sogar recht gut gehalten.
Fundamental bleibe der Markt stark, gibt sich auch Sygnum-Händler Lohberger überzeugt. Der Terra-Crash habe zwar für viele erhebliche finanzielle Verluste verursacht. Das Ereignis werde aber «positive Veränderungen» auslösen. «Wir sind zuversichtlich, dass dies zu mehr Widerstandsfähigkeit, Transparenz und einem gesünderen Markt beitragen wird.»