Tönnies will Lohnkostenerstattung nach Corona-Pause verlangen
Fleischproduzent Tönnies sieht sich nach Wiederöffnung seiner Fabrik im Recht und will Lohnkostenerstattung notfalls gerichtlich durchsetzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Tönnies will Lohnkostenerstattung notfalls gerichtlich durchsetzen.
- Zudem liege der Corona-Ausbruch an der Umluftkühlung, sagt der Unternehmer.
Nach dem Corona-Ausbruch in seinem Stammwerk steht Fleischproduzent Clemens Tönnies an vielen Fronten unter Beschuss. Er ist sich aber keiner Schuld bewusst. Unterdessen fallen die Beschränkungen für Mitarbeiter in seinem Stammwerk und deren Familien.
Trotz heftiger Kritik will er nicht darauf verzichten, Lohnkostenerstattung wegen der behördlichen Schliessung seines Hauptwerks geltend zu machen. Der 64-jährige Unternehmer will das notfalls gerichtlich durchfechten. «Darüber wird im Zweifelsfall auch Recht gesprochen werden», sagte er dem «Westfalen-Blatt».
«Gesetzesverschärfungen sind dringend nötig»
SPD-Bundestagsfraktionsvize Katja Mast bekräftigte ihre Kritik an Tönnies' Haltung. «Dieses Verhalten zeigt: Es fehlt jegliche Einsicht und jegliches Gespür, um was es geht. Um Anstand und Verantwortung», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.
«Was Tönnies macht, unterstreicht einmal mehr: Gesetzesverschärfungen sind dringend nötig und müssen kommen. Und das werden sie.»
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) geht davon aus, dass Tönnies keinen Regress für die vierwöchige Zwangspause geltend machen kann. Tönnies hielt dagegen, er wolle verhindern, dass seine Mitarbeiter und Dienstleister bei der Verteilung von Quarantänehilfen «stigmatisiert» würden.
Tönnies sieht sich im Recht
Bei Tönnies hatten sich rund 1400 Arbeiter nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Vorübergehend waren deshalb, neben der inzwischen aufgehobenen Betriebsschliessung in Rheda-Wiedenbrück (D), weitgehende Einschränkungen in Gütersloh und Warendorf verhängt worden.
Tönnies und mehrere Subunternehmer hatten bereits vor einiger Zeit Anträge auf Erstattung von Lohnkosten durch das Land NRW gestellt. Unter anderem hatte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) dieses Vorgehen kritisiert.
Der Chef des grössten deutschen Schlachtkonzerns sieht seinerseits keine schuldhaften Versäumnisse. «Wir haben uns immer an Recht und Gesetz gehalten», versicherte er. «Wir wissen bis heute nicht, welchen Rechtsbruch wir begangen haben sollen.» Er leide aber mit den Menschen in seiner Heimat, die so starke Auflagen hinnehmen mussten.
Tönnies wirbt für Mindestlohn in Fleischwirtschaft
Aus Sicht von Tönnies hat der massenhafte Corona-Ausbruch in seinem Werk «nichts mit Werkvertragsarbeit oder den Wohnverhältnissen zu tun.» Er begründete den Ausbruch mit der «Umluftkühlung, die eigentlich jeder Betrieb hat».
Dennoch sei er dafür, «den Mindestlohn für die Fleischwirtschaft erheblich zu erhöhen. Und allgemeinverbindlich zu machen». Bis September werde er «in einem ersten Schritt 1000» bisherige Werkvertragsarbeitnehmer fest anstellen. Dies kündigte Tönnies im Interview mit der Zeitung an.
Rücktrittsforderungen wies der Firmenboss zurück: «Nein, der Kapitän gehört bei rauer See auf die Brücke, nicht in die Koje.» So antwortete Tönnies auf die Frage, ob er «hinschmeissen» wolle.