Ukraine-Krieg und Omikron: Weltwirtschaft unter Druck
Der russische Krieg gegen die Ukraine hinterlässt deutliche Spuren in der Weltwirtschaft. Die Welthandelsorganisation (WTO) hat ihre Wachstumsprognose für das globale Bruttoinlandsprodukt 2022 am Dienstag deutlich von 4,1 auf 2,8 Prozent gesenkt. Der Warenhandel werde aber wohl trotz des Krieges wachsen, wenn auch nur um 3 Prozent statt der im Oktober angenommenen 4,7 Prozent.
Das Wichtigste in Kürze
- Wenige Stunden vor dieser Prognose war die WTO in einer separaten Ukraine-Analyse mit anderen Rechenmodellen noch von einem Weltwirtschaftswachstum von 3,1 bis 3,7 Prozent ausgegangen.
Für die gesenkten Prognosen sei nicht nur der Krieg verantwortlich, betonte WTO-Chefökonom Robert Koopman. Die Corona-Variante Omikron, das Auslaufen von Corona-Hilfen, hohe Inflation und steigende Zinsen hätten die Aussichten schon vorher getrübt. Nun kämen in China noch die Corona-Lockdowns hinzu. Das erschwere die Güterverschiffung zu einem Zeitpunkt, als es nach Entspannung bei den Lieferketten aussah.
2023 hält die WTO wieder ein Weltwirtschaftswachstum von 3,2 Prozent für möglich. Der Welthandel dürfte im kommenden Jahr nach jetzigen Annahmen um 3,4 Prozent wachsen.
WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala warnte Länder davor, als Reaktion auf den Krieg separate Handelsblöcke aufzubauen. «Das käme mit bedeutenden Kosten für die Weltwirtschaft», sagte sie. Vielmehr sollten Länder das multilaterale Handelssystem ausbauen und neue, ärmere Länder als Handelspartner in Betracht ziehen. Diese litten besonders unter den Kriegsfolgen. Allein in Afrika importierten 35 Länder Weizen und anderes aus Russland oder der Ukraine, sagte Ngozi.
«Ärmere Länder sind durch den Krieg grossen Risiken ausgesetzt, weil sie im Vergleich zu reicheren Ländern einen grösseren Teil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben», schrieb die WTO. «Das könnte Folgen für die politische Stabilität haben.» Ngozi warnte vor Nahrungsmittelunruhen und verwies auf die Proteste in Sri Lanka.
Folgen für die Weltwirtschaft haben den Angaben nach nicht nur Unterbrechungen russischer und ukrainischer Exporte von Energie, Getreide und Sonnenblumenprodukten. Russland sei auch einer der Hauptlieferanten von Palladium und Rhodium für die Herstellung von Katalysatoren für Autos, die Ukraine versorge die Halbleiterindustrie mit Neon. Folgen hätten auch die Sanktionen gegen Russland sowie Nachfragerückgänge im Rest der Welt, weil die Zuversicht der Verbraucher sinke.