West Texas Intermediate: Ölpreis sackt plötzlich um 93 Prozent ab
Völlig unvorhergesehen sinkt der Ölpreis heute um 93 Prozent auf einen Dollar pro Barrel. Schuld ist ein zu grosses Angebot und die geschrumpfte Nachfrage.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Ölpreis erfuhr einen historischen Preissturz.
- Er sank um 93 Prozent auf einen Dollar pro Barrel.
- Die Coronakrise sorgt für einen Rückgang der Nachfrage.
Wegen der Corona-Krise ist der Preis für US-Rohöl auf einen historischen Tiefstand gefallen. Der Preis für einen Vertrag, der eine physische Öllieferung im Mai vorsieht, war im negativen Bereich je Barrel (159 Liter). Es ist das erste Mal seit Aufnahme des Future-Handels im Jahr 1983.
Einerseits zeigt dies, wie stark Angebot und Nachfrage derzeit am Ölmarkt auseinanderfallen. Andererseits handelt es sich um ein sehr spezielles Phänomen, bedingt durch den an diesem Dienstag verfallenden Mai-Terminkontrakt auf US-Öl. Bei solchen Verträgen verpflichtet sich der Verkäufer, eine festgelegte Menge einer Ware zu einem festen Preis und Termin zu liefern.
West Texas Intermediate noch 22,30 Dollar pro Barrel
Aufgrund einer stark fallenden Nachfrage und einem viel zu hohen Angebot drohen in vielen Ländern die Lagerkapazitäten überschritten zu werden. Ölinvestoren wollen in jedem Fall vermeiden, auf fehlenden Lagerplatz zu stossen.
Der nachfolgende Terminkontrakt auf amerikanisches Leichtöl (WTI) kostete am Montagabend wesentlich mehr als der Mai-Kontrakt. Ein Barrel texanisches Leichtöl (WTI) zur Lieferung im Juni notierte am Abend bei 22,30 Dollar. Die Nordseesorte Brent kostete je Barrel 26,50 Dollar. Beide Preise lagen allerdings auch klar in der Verlustzone.
«Super-Contango»
Aufgrund der wesentlich höheren Preise für künftige Öllieferungen, nicht nur bei US-Öl, sprachen einige Marktteilnehmer von einem «Super-Contango». Eine solche Marktsituation ist gekennzeichnet durch steigende Ölpreise, je weiter ihre physische Auslieferung in der Zukunft liegt. Dies kann ein Zeichen für eine aktuell besonders schwache Nachfrage oder ein besonders hohes Angebot sein. Gegenwärtig trifft beides zu.
Die grundlegende Lage am Erdölmarkt ist gekennzeichnet durch ein viel zu hohes Angebot bei stark fallender Nachfrage. Die Corona-Krise sorgt für einen globalen Konjunktureinbruch, was eine rückläufige Öl-, Benzin- und Dieselnachfrage zur Folge hat.
Bald negative Preise?
Insbesondere in den USA drohen die Erdöllager, aus allen Nähten zu platzen. Seit Ende Februar sind die Lagerbestände im wichtigen Auslieferungsort Cushing um fast 50 Prozent gestiegen. Infolgedessen fallen in der ölreichen Region Texas die gezahlten Abnahmepreise immer weiter.
Mittlerweile geht sogar eine noch grössere Furcht um. Vereinzelt sollen bald negative Preise bei Rohölabnahme fällig werden, falls die Lagerkapazitäten noch weiter schrumpfen.