Wettbewerb im Markt für «Buy now, pay later» verschärft sich
«Buy now, pay later» (BNPL) - jetzt kaufen, später bezahlen - heisst es vermehrt in Online-Shops oder Geschäften. Die Schweiz als ein Land, wo das Bezahlen per Rechnung fest verankert ist, scheint ein fruchtbarer Boden für diese neue Bezahlform zu sein. Fintechs sowie ausländische Wettbewerber drängen in den Markt.
Für Aufsehen gesorgt hat unlängst vor allem Klarna. Der schwedische Zahlungs-Gigant, der seit 2017 über seine Tochter Billpay in der Schweiz aktiv ist, hat nun kürzlich den Start seiner «BNPL-App» durch eine Zusammenarbeit mit H&M angekündigt.
«Wir sind dabei, ein Team aufzubauen und ein Büro in der Schweiz zu eröffnen», bestätigte eine Sprecherin die Pläne gegenüber der Nachrichtenagentur AWP. Eine Reihe von Schweizer Detailhändlern wie Campz, Mango und Calida bieten ihren Kunden bereits Zahlungen mit Klarna an.
Vor weniger als einem Jahr im Markt gestartet ist das Schweizer Unternehmen HeidiPay. Mitgründer Matteo Bozzo sieht die Ankunft von Klarna durchaus positiv: Diese habe eine grosse Medienberichterstattung zum Thema «Buy now, pay later» in der Schweiz ausgelöst. HeidiPay bietet Konsumenten an, Einkäufe im Wert von bis zu 10'000 Franken über zinslose Ratenzahlungen via Kreditkarte in drei, vier oder zehn Monatsraten zu begleichen.
Die Produkte und der Ansatz von HeidiPay unterschieden sich aber deutlich von denen von Klarna, betonte Bozzo. «Entsprechend sind wir nur teilweise Konkurrenten und können auch ohne Probleme beim gleichen 'Checkout' nebeneinander existieren.» HeidiPay will bis Ende 2022 die Gewinnschwelle erreichen.
Anbieter wie Klarna und HeidiPay würden ein Schlaglicht auf eine Zahlungsform werfen, bei der die Schweiz «führend in Europa» sei, erklärt Jean-Christophe Calmes, Gründer und Leiter des auf den Kauf mit Rechnung spezialisierten Unternehmens Swissbilling.
Die vor zehn Jahren gegründete und 2017 von Cembra Money Bank übernommene Swissbilling kümmert sich für die Händler gegen eine Kommission um das Einziehen der Gelder beim Kunden - sei es in einer oder in mehreren Raten.
Auch Swissbilling berichtet über ein starkes Wachstum: Seit der Übernahme durch die Konsumkreditbank Cembra habe sich das Verarbeitungsvolumen von Swissbilling vor allem dank der Expansion in der Deutschschweiz in knapp fünf Jahren verzehnfacht, sagt Calmes. Und das Wachstum werde sich in den nächsten Jahren voraussichtlich trotz des harten Konkurrenzkampfes noch beschleunigen.
Neu sei für den Schweizer Markt allerdings die Grösse der neuen Akteure, die international tätig seien und sich auf riesige Datenbanken stützten, ergänzt Carlo Terreni, Direktor des E-Commerce-Verbandes Netcomm Schweiz. Ihr Ansatz sei auch direkter auf die Konsumenten ausgerichtet, während die traditionellen Akteure ihre Bemühungen auf die Händler konzentrieren würden.
«Der Markt boomt und wird sich durch zahlreiche Fusionen und Übernahmen weiter konzentrieren», ist Terreni überzeugt. Je mehr Händler eine Lösung anböten, desto mehr Konsumenten gewöhnten sich daran. Das gelte insbesondere für die «Nach-Pandemie-Welt», in der Unsicherheiten die grösseren Anschaffungen verzögerten.
Das bevorzugte Zahlungsmittel für Schweizer Kunden bleibt allerdings die Rechnung, wie auch eine Sprecherin des Bekleidungsriesen Zalando bestätigt. «Die Kunden schätzen es, wenn sie die Artikel anprobieren können, bevor sie sie bezahlen.» Die deutsche Gruppe will sich beim Thema «Buy now, pay later» auf eine interne Lösung verlassen, anstatt externe Dienstleister zu beauftragen.
Das hängt nicht zuletzt mit den Provisionen zusammen: Sie sind mit 3 bis 7 Prozent deutlich höher als die von Debit- oder Kreditkartenausstellern erhobenen Gebühren, die zwischen 1 Prozent und 3 Prozent liegen.
Auch Kreditkarten- und Zahlungsdienstleister wie Mastercard, Visa oder Paypal aber auch Goldman Sachs haben inzwischen ein BNPL-Angebot auf den Markt gebracht oder Übernahmen zu diesem Zweck getätigt. In der Schweiz hat derweil die Zahlungs-App Twint bestätigt, an einer solchen Lösung zu arbeiten.
Die Umsätze im Schweizer Detailhandel werden von Experten auf 100 Milliarden Franken geschätzt, von denen rund 10 bis 15 Prozent online erwirtschaftet werden. «Bei einer Online-Durchdringung von BNPL einschliesslich der Rechnungsstellung von 50 Prozent ergibt sich ein Potenzial von 7 bis 8 Milliarden für den elektronischen Handel», rechnet der HeidiPay-Chef vor. Zudem seien auch im Nicht-Online-Bereich die Möglichkeiten «riesig».