Nicht nur die Schweiz: Auch Grossbritannien hadert mit Quarantäne

Gabriela Battaglia
Gabriela Battaglia

Bern,

Die Schweiz und Grossbritannien haben für Reisende aus Corona-Risikoländern eine Quarantäne-Pflicht verhängt. Die Selbstisolierung klappt nicht wie vorgesehen.

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Ein Ankömmling am Flughafen Genf. - Keystone-sda

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweiz setzt bei Einreisenden aus Corona-Risikoländern auf Selbstverantwortung.
  • In Grossbritannien wurde ein Bürokratiemonster geschaffen.
  • In beiden Ländern funktionieren die Konzepte nicht.

Wer seit Montag aus einem Corona-Risikoland in die Schweiz einreist, ist verpflichtet, sich innert zwei Tagen bei den kantonalen Behörden zu melden. Er muss dann zehn Tage in die Quarantäne. Tut das ein Reisender nicht, muss er mit einer Busse von bis zu 10'000 Fr. rechnen.

Die BAG-Liste der Risikoländer umfasst insgesamt 29 Länder, darunter auch die USA und Schweden. Der Kantonsarzt gibt den Betroffenen Anweisungen. Diese dürfen unter anderem nicht einkaufen oder spazieren gehen.

Aus dem Haus gehen soll nur, wer zum Arzt muss. Kontakt zu anderen Personen, selbst wenn sie im gleichen Haushalt leben, muss vermieden werden – es sei denn, sie stehen ebenfalls unter Quarantäne.

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Am Flughafen sollen Reisende nicht nur über die Hygienemassnahmen informiert werden, sondern auch über die Quarantänepflicht. - Keystone

Am Flughafen sollen Reisende darüber informiert werden, dass sie sich in Quarantäne begeben müssen. Flug- und Busgesellschaften sind laut dem BAG verpflichtet, diese Informationen abzugeben.

Doch bei Autoreisen – beispielsweise von Serbien oder Kosovo – sind die Reisenden selbst dafür verantwortlich, sich auf der Webseite des Bundes zu informieren.

Tricks werden schon diskutiert

So die Anleitung des Bundes. Doch nach wenigen Tagen ist bereits klar: Nicht alle Einreisenden nehmen ihre Selbstverantwortung wahr. Auf Facebook diskutieren User bereits, wie die Selbstisolierung etwa aus dem Kosovo umgangen werden kann.

Es gibt mehrere Probleme bei der Einhaltung der Selbstisolation. So werden etwa Meldefristen nicht eingehalten oder Telefonnummern angeben, die nicht verfügbar sind. Die Behörden müssen auch viele Gesuche bearbeiten für Ausnahmen bei der Quarantäne.

Auch stehen den Kantonen bisher noch keine Passagierlisten der Airlines zur Verfügung.

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Linda Nartey an einem Point de Presse des BAG. - keystone

Derzeit sind in der Schweiz 2948 Personen in Quarantäne. Für die Überprüfung der Selbstisolation sind die Kantone zuständig. Diese sollen die Personen alle zwei Tage telefonisch kontrollieren. Offenbar sagen dann nicht alle die Wahrheit. Mehr noch: Die kantonsärztlichen Dienste werden beschimpft von Personen, die in Quarantäne müssen.

Wegen den schlechten Erfahrungen mit Rückkehrern aus dem Ausland will der Bund jetzt Stichproben an den Landesgrenzen durchführen. Ein Tropfen auf den heissen Stein.

Panikreaktion und Chaos in Grossbritannien

Auch in Grossbritannien funktionierte die Quarantäne nicht so, wie sich das die Regierung vorgestellt hatte. In einer Panikreaktion verfügte Premierminister Boris Johnson, dass ab dem 8. Juni Reisende aus über 59 Ländern in eine 14-tägige Selbstisolation müssen.

Im Gegensatz zur Schweiz mussten Einreisende aus Corona-Risikoländern in Grossbritannien viel mehr Angaben machen. Sie mussten das Formular an der Grenze oder am Flughafen entweder ausgedruckt oder auf dem Handy vorweisen. Ohne das gab es kein Durchkommen.

Wie der Fall eines Schweizers im Juni zeigte, war die Informationspolitik lückenhaft. Als er in Heathrow landete, schien er nichts von einer Quarantänepflicht zu wissen.

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Ein kranker Schweizer versetzt die Engländer am Flughafen Heathrow in Corona-Angst. - Screenshot Twitter

Auf dem Formular musste auch stehen: Reisepassdaten, der Name der Flug-, Zug- oder Fährgesellschaft, die Buchungsreferenz, der Name des Unternehmens, dass die Reisegruppe organisiert. Hinzu kamen die Namen des Flughafens, Hafens oder Bahnhofs, in dem man ankam. Plus das Datum.

Auch die Flug-, Bahn-, Bus- oder Fährnummer mussten angeben werden sowie die Adresse, unter der die Person ihre ersten 14 Tage im Vereinigten Königreich verbringt. Es musste auch eine Person benannt werden, die im Fall einer Erkrankung während des Aufenthalts in Grossbritannien kontaktiert werden konnte.

Wer sich nicht an die 14-tägige Pflicht zur Selbstisolation hielt, musste mit einem hohen Bussgeld rechnen. Mehrere Fluggesellschaften hatten dagegen Klage eingereicht.

Keine Kontroll-Kapazitäten

Ausser einem heillosen Bürokratie-Monster brachten die Quarantäne-Vorschriften in Grossbritannien nichts. Die Selbstisolation stand nur auf dem Papier. Den Behörden fehlten die Kapazitäten zur genauen Kontrolle.

Die Kommunalregierung tappte über das Ausmass im Dunkeln, weil die Londoner Gesundheitsbehörde nicht alle Testresultate weitergemeldet hatte. Zudem hat es die Regierung bisher nicht geschafft, die Kontakte der Infizierten nachzuverfolgen.

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Sogenannte Contact-Tracing-Apps sollen die Corona-Pandemie eindämmen. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/EPA/SASCHA STEINBACH

Sie gab nach drei Monaten Entwickung und Millionen-Ausgaben ihre eigene Corona-Warnapp auf. Jetzt soll eine neue Corona-Tracing-App mit Apple und Google entwickelt werden.

Morgen Lockerung

Morgen Freitag werden die Quarantäne-Vorschriften in Grossbritannien deshalb für Einreisen aus mehr als 50 Ländern wieder abgeschafft. Nur noch wenige Länder stehen dann auf der Liste. Schottland weigert sich bisher, die Quarantäne-Vorschriften zu lockern.

Grossbritannien gehört zu den am schwersten von Covid-19 betroffenen Ländern Europas.

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