Baselbieter Bürgerliche trauern Kantonsingenieur Drangu Sehu nach
Mitte, FDP und SVP fordern vom grünen Baudirektor Isaac Reber, dass die «Schlüsselfunktion» frei von Ideologien besetzt wird.
Das Wichtigste in Kürze
- Die bürgerlichen Parteien bedauern den Abgang des Kantonsingenieurs Drangu Sehu.
- SP-Landrat Kirchmayr hofft hingegen auf einen ökologisch orientierten Nachfolger.
Mitte Juli, als selbst der zuständige Regierungsrat Isaac Reber in den Ferien weilte, gab die Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD) den Abgang des Kantonsingenieurs Drangu Sehu bekannt.
Die sehr knapp gehaltene Mitteilung gab Rätsel auf, und man fragte sich: Hat Sehu aus freien Stücken gekündigt, oder ist er dazu ermuntert worden? Wie Recherchen von «OnlineReports» zeigen, trifft wohl eher Letzteres zu.
Die erste Reaktion auf die Nachricht kam aus dem politisch linken Lager. SP-Landrat Jan Kirchmayr zeigte sich irritiert über die Form der Mitteilung, packte aber zugleich die Chance, um seine Wünsche an den grünen Baudirektor zu platzieren. Er hoffe, dass Isaac Reber nun die Gelegenheit nutze und «jemanden mit einem klaren ökologischen Profil für die Stelle findet», schrieb er auf Twitter. Sehu sei ja von der früheren FDP-Baudirektorin Sabine Pegoraro angestellt worden, die bekanntlich eine «strassenfokussierte» Politik betrieben habe.
Von den Bürgerlichen meldete sich lange kaum jemand zu Wort – bis jetzt. In einem gemeinsamen Communiqué äussern die Landrats-Fraktionspräsidenten von Mitte, FDP und SVP ihr «grosses» Bedauern über Sehus Abgang. Sein grosses Engagement und seine Fachkompetenz als Chef des Tiefbauamtes seien vorbildlich gewesen, heisst es. Er hinterlasse eine grosse Lücke, die schwer zu füllen sein werde. Der Abgang komme zu «einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt», zumal wichtige Projekte geplant seien oder bereits umgesetzt werden müssen.
Warum so spät?
Als Beispiele nennen die Bürgerlichen den Doppelspurausbau Spiesshöfli, Projekte im Hochwasserschutz, die Erneuerung der Ortsdurchfahrt in Birsfelden und die Erschliessung des Bachgrabenareals in Allschwil mit dem Zubringer Bachgraben und der Velo-Vorzugsroute zum Bahnhof SBB.
Nun mögen die Bedenken der bürgerlichen Parteien aus ihrer Sicht durchaus berechtigt sein. Doch wieso kommen sie erst jetzt damit? Wollen sie sich für die bevorstehenden Wahlen in Stellung bringen? Oder befürchten sie, dass der Posten des Kantonsingenieurs tatsächlich mit jemandem besetzt werden könnte, der ökologische Anliegen höher gewichtet als den Strassenausbau?
Oberbeck: «Ideologische Inhalte sind schnell produziert.»
Mitte-Fraktionschef Simon Oberbeck streitet ab, dass es sich um eine bürgerliche Wahlkampf-Aktion handelt. «Die Mitteilung der BUD kam mitten in der Sommerpause, was uns sehr überrascht hat. Die meisten von uns waren in den Ferien», sagt der Landrat. Und mit Anspielung auf Jan Kirchmayrs Beitrag auf Twitter ergänzt er: «Ideologische Inhalte sind schnell produziert. Wir wollten uns Zeit lassen für eine fundierte Stellungnahme.»
Den bürgerlichen Fraktionen gehe es einerseits darum, die Leistung des scheidenden Kantonsingenieurs gebührend zu würdigen. Dies sei in den wenigen Zeilen im BUD-Communiqué zu kurz gekommen, kritisiert Oberbeck. «Andererseits wollen wir aber auch auf die Bedeutung hinweisen, die dieser Schlüsselfunktion zukommt.» Es sei sehr wichtig, dass die Stelle «adäquat» besetzt werde. Ihnen sei jedoch bewusst, dass der Landrat kaum Einfluss auf die Wahl der Kantonsingenieurin oder des Kantonsingenieurs habe.
Herzblut für Infrastrukturprojekte
Mitte, FDP und SVP nehmen die erste Sitzung der Bau- und Planungskommission vom kommenden Donnerstag zum Anlass, um ihre Erwartungen an die Baudirektion zu deponieren. Für die Leitung des Tiefbauamts brauche es «eine starke, fachlich kompetente und gut vernetzte Persönlichkeit», die mit Herzblut die anspruchsvollen Infrastrukturprojekte vorantreibe, schreiben die Fraktionspräsidenten in ihrer Mitteilung. Denn die genannten Bauvorhaben «vertragen keine terminlichen Verzögerungen und sind auch in finanzieller Hinsicht kompetent und professionell zu überwachen».
Oberbeck weist auf die Absage hin, die das Bundesamt für Verkehr dem Baselbiet für das Projekt Zubringer Bachgraben-Allschwil erteilt hat. Bis 2025 müsse ein neuer Vorschlag eingereicht werden – «2025 ist morgen!».
Ein bisschen Nervosität scheint da auch im Spiel zu sein.
Zu den Autoren: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal OnlineReports.ch publiziert. Per 1. Juli haben Alessandra Paone und Jan Amsler übernommen.