Baselland richtet scharfe Worte an Basel-Stadt
Die geplante Asylunterkunft auf Münchensteiner Boden sorgt für dicke Luft. Der Basler Asyl-Direktor Kaspar Sutter kann den Ärger nicht nachvollziehen.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Grün80 soll eine unterirdische Unterkunft für Asylsuchende eingerichtet werden.
- Die Anlage gehört Basel-Stadt, liegt aber auf Münchensteiner Boden.
- Der Stadtkanton soll Baselland nicht in die Entscheidung einbezogen haben.
- Deshalb hagelt es jetzt Kritik von links und rechts.
Ein Alleingang von Basel-Stadt stellt das Verhältnis zwischen den beiden Basel auf die Probe. Baselbieter Landrätinnen und Landräte sind empört; von links bis rechts gibt es schärfste Kritik.
Grund für die Aufregung ist der Entscheid des Kantons Basel-Stadt, in der Grün80 eine unterirdische Unterkunft für alleinreisende, männliche Asylsuchende bereitzustellen. Die Anlage gehört zwar dem Stadtkanton, liegt aber auf Münchensteiner und damit Baselbieter Boden.
Ab kommendem Montag soll die Unterkunft eingerichtet werden. Ob sie tatsächlich auch genutzt wird, ist noch unklar und hängt davon ab, wie viele Flüchtlinge vom Bund an Basel-Stadt zugewiesen werden. Allgemein geht man von steigenden Zahlen aus.
Bloss ein «allgemein gehaltenes Schreiben»
Das Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt (WSU) unter SP-Regierungsrat Kaspar Sutter hat es offenbar verpasst, Baselland in die Pläne einzubeziehen. Die Landratsfraktionen SVP, FDP und Mitte haben deshalb am Donnerstag eine Interpellation eingereicht, die als dringlich erklärt und deshalb schon am Nachmittag behandelt wurde.
Regierungsrat Anton Lauber (Mitte) bestätigt denn auch, dass Absprachen «völlig gefehlt» hätten. Immerhin gehe es um das Hoheitsgebiet des Kantons Baselland, der nun mit einer schwierigen Aufgabe konfrontiert werde. Kanton, Gemeinde und Polizei liege nichts weiter vor als ein «allgemein gehaltenes Schreiben» vom 26. Oktober. Lauber betont: «Eine Absprache tut einfach not.» Spätestens vor der Inbetriebnahme erwarte er eine Koordination.
Sorgen um die Sicherheit
Er teilt die Befürchtungen, die nun wegen der Sicherheitslage geäussert werden. Das Bundesasylzentrum in Arlesheim sorgt regelmässig für Konflikte und Polizeieinsätze. In Münchenstein sei «mit ähnlichen, vergleichbaren Problemen zu rechnen».
Die Empörung der Landratsmitglieder während der Diskussion ist gross. «Ich bin schockiert über diese Art der Zusammenarbeit», sagt etwa Grünen-Fraktionschef Stephan Ackermann. «Da muss eine Protestnote nach Basel zurück.» Man sei «bitter enttäuscht» und müsse sich «auch Konsequenzen überlegen».
Auch Ackermann ist der Ansicht, dass Basel-Stadt hier «eine gewisse Verlagerung einer herausfordernden Aufgabe» vornehme. Zuvor sprach FDP-Landrat Balz Stückelberger davon, dass Basel «ein Problem ins Baselbiet exportiert».
Tatsächlich hat Basel-Stadt beschlossen, die Asylunterkunft Bonergasse per Ende Jahr zu schliessen, nachdem es im Quartier Kleinhüningen zu Konflikten gekommen war. Allerdings handelt es sich hier um eine Anlage, die der Kanton dem Bund zur Verfügung stellt und im Gegensatz zur neuen Unterkunft in der Grün80 also nicht selbst betreibt.
Stückelberger sagt: «Wir sind auf einem unterirdischem Niveau angekommen.» SVP-Fraktionschef Peter Riebli sieht im Vorgehen «ein weiteres Zeichen» dafür, dass Basel-Stadt seinen Nachbarkanton «wie einen kleinen, armen, verschupften Verwandten behandelt». Es sei «höchste Zeit, dass man zu verstehen gibt, dass Baselland ebenfalls ein vollwertiger Kanton ist. So geht es nicht!».
Andreas Dürr sagt zum Vorgehen: «Das ist wirklich einer zu viel!» Der Fraktionspräsident der FDP will dem Regierungsrat für die anstehenden Diskussionen den Rücken stärken.
Keine Kompensation
Selbst jene Landratsmitglieder, die eine gemässigte Ausdrucksweise wählen, machen deutlich, dass sie über das Verhalten von Basel-Stadt höchst irritiert sind. Der Grünliberale Tim Hagmann sagt, man dürfe nicht Bösartigkeit unterstellen, wenn es vielleicht bloss Dummheit war. «Nehmen wir an, dass es ein Fehler gewesen ist.»
Auch Simone Abt von der SP vermutet, dass es eine Erklärung gibt, stellt aber klar, dass das Vorgehen nicht goutiert werde. Insbesondere zur Sicherheit und zur finanziellen Entschädigung gebe es Fragen: «Wir müssen mehr wissen.»
Die Anlage hat auch keinen Einfluss auf die Anzahl Asylsuchende, die Baselland aufnehmen muss, wie Anton Lauber ausführt. Eine Kompensation wie bei einem Bundesasylzentrum gebe es hier nicht.
Kaspar Sutter reagiert überrascht auf die harschen Reaktionen aus dem Nachbarkanton. Die Anlage in der Grün80 sei schon in der Vergangenheit genutzt worden, sagt der WSU-Vorsteher. 2008 und 2011, als Basel-Stadt dort vorwiegend Eritreer untergebracht habe, sowie 2015 Syrer und auch Geflüchtete anderer Nationen. «Es ist jeweils reibungslos gelaufen.» Auch weil die Asylsuchenden stadtorientiert seien und sich kaum im Baselbiet aufhielten.
Den Vorwurf, Basel-Stadt habe Baselland nicht informiert, will Sutter nicht gelten lassen. Im Unterschied zu früher seien jetzt die Sicherheitsdirektion und die Gemeinde Münchenstein in Kenntnis gesetzt worden. Zudem ist heute noch keine Person in der Unterkunft untergebracht. «Und wenn es eine Anwohnerschaft gäbe, die gibt es aber nicht, hätten wir diese selbstverständlich auch informiert.»
Ein Sicherheitsproblem sieht Sutter auch nicht. Die Anlage in der Grün80 sei nicht mit Arlesheim oder Muttenz vergleichbar, sagt er. Sie befinde sich nicht in einem belebten Quartier. «Sollte es aber noch Unklarheiten und Fragen geben, stehen wir den Baselbieter Behörden jederzeit zur Verfügung.»
***
Zu den Autoren: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal OnlineReports.ch publiziert. Per 1. Juli haben Alessandra Paone und Jan Amsler übernommen.