Air2030: Zusatzberichte liegen vor
Die Bundesrätin Viola Amherd gibt Zusatzberichte in Auftrag, um sich zum Programm Air2030 ein umfassendes Bild zu erschaffen.
Bern, 02.05.2019 - Bundesrätin Viola Amherd will sich zum Programm Air2030 für die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge und eines neuen Systems zur bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite ein umfassendes Bild verschaffen, bevor sie dem Bundesrat einen Vorschlag für das weitere Vorgehen unterbreitet. Dazu hat sie drei Zusatzberichte in Auftrag gegeben. Dabei handelt es sich um eine Zweitmeinung von Claude Nicollier zum Expertenbericht «Luftverteidigung der Zukunft», eine Beurteilung der Kompensationsgeschäfte (Offsets) von Kurt Grüter sowie eine Analyse der Bedrohungslage, die innerhalb des VBS erstellt wurde.
Die Chefin VBS, Bundesrätin Viola Amherd, hat die Berichte zur Kenntnis genommen. Sie wird die Ergebnisse in die weiteren Arbeiten im Programm Air2030 einbeziehen. Es ist vorgesehen, dass der Bundesrat noch vor dem Sommer darüber entscheidet, in welcher Form er die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge und eines neuen Systems zur bodengestützten Luftverteidigung dem Parlament vorschlägt. Auf der technischen Ebene läuft zurzeit die Flug- und Bodenerprobung der fünf Kandidaten für das neue Kampfflugzeug.
Bedrohungslage: Genügend Mittel zum Schutz des Luftraumes erforderlich
Der Bericht über die Bedrohungslage entstand unter Federführung von Pälvi Pulli, Chefin Sicherheitspolitik VBS. Er enthält eine aktuelle Einschätzung der Bedrohungslage und zieht den Vergleich mit Analysen der letzten Jahre, die als Grundlage für die bisherigen Entscheide zur Erneuerung der Mittel für den Schutz des Luftraumes gedient haben. Der Bericht kommt aufgrund der aktuellen Analyse zum Schluss, dass sich keine markanten Entwicklungen ergeben haben, die beim Bedarf an neuen Mitteln für den Schutz des Luftraumes wesentliche Änderungen nahelegen würden. Die Analyse bestätigt den Schluss, dass es auch künftig eine genügend grosse Anzahl Kampfflugzeuge und bodengestützte Mittel braucht, um den eigenen Luftraum wirksam schützen und verteidigen zu können. Die negativen Entwicklungen der internationalen Sicherheitslage in den letzten zwei Jahren und die zeitlichen Verhältnisse für diese Beschaffungsprojekte erhöhen den Handlungsbedarf.
Offsets: Weniger als 100% Kompensation
Der externe Experte Kurt Grüter anerkennt in seinem Bericht die Bemühungen des Bundes, mehr Transparenz in die Offsetgeschäfte zu bringen. Weitere Verbesserungen müssten aber noch folgen. Ausserdem hält er fest, dass Offset gegen das Prinzip des freien Aussenhandels verstosse. Es solle deshalb ausschliesslich und gezielt für die Stärkung der Industriebasis eingesetzt werden, die für die Sicherheit und Verteidigung der Schweiz unerlässlich sei. Zudem sei lediglich das direkte Offset sowie das auf die sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis ausgerichtete indirekte Offset massgeblich. Auf indirektes Offset darüber hinaus sei zu verzichten. Eine Kompensation von 100% sei vor diesem Hintergrund und angesichts der Grössenordnung von 6 bis 7 Milliarden Franken kaum zu realisieren. Direkte Offsets in der Grössenordnung von 20% und auf die sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis ausgerichtete indirekte Offsets von zusätzlichen 40% seien eher machbar, unter der Voraussetzung, dass bei der Bewertung der Offerten die Qualität der sicherheitsrelevanten Industrieprogramme sorgfältig evaluiert werden.
Zweitmeinung zum Expertenbericht: Ein Planungsbeschluss für das neue Kampfflugzeug
Claude Nicollier hat parallel zu seinem Lehrauftrag an der EPFL seine unabhängige Stellungnahme zum Expertenbericht «Luftverteidigung der Zukunft» erstellt. Er hält darin fest, dass die Qualität des Expertenberichts aussergewöhnlich hoch sei und der sachliche Inhalt von äusserst professioneller Arbeit zeuge. Er ist der Ansicht, dass damit die Erneuerung der Mittel für den Schutz des Luftraums auf soliden und kohärenten Grundlagen basierend eingeleitet werden könne und dass der Inhalt des Berichts als Grundlage für sämtliche nachgelagerten Arbeiten im Zusammenhang mit dem Programm Air2030 anerkannt werden sollte. Zudem empfiehlt er, einen neuen Planungsbeschlussentwurf vorzuschlagen. Dieser Entwurf soll nur die Kampfflugzeuge beinhalten und festlegen, dass der Entscheid des Bundesrates über den Flugzeugtyp unter keinen Umständen getroffen werde, bevor die Ergebnisse eines möglichen fakultativen Referendums bekannt seien. Von den vier im Bericht vorgestellten Optionen empfiehlt Claude Nicollier nachdrücklich Option 2 zu bevorzugen, nämlich den Ersatz der derzeitigen Kampfflugzeugflotte durch rund 40 moderne Kampfflugzeuge und die Erneuerung der Boden-Luft-Verteidigung. Dabei sei alles daran zu setzen, dieser Option innerhalb des verfügbaren Finanzrahmens bestmöglich zu entsprechen.