Bern: «Mindestlohn-Initiative» ist gültig
Der Gemeinderat hat die städtische Volksinitiative «Ein Lohn zum Leben. Für einen Mindestlohn in der Stadt Bern.» für gültig erklärt.
Wie die Stadt Bern mitteilt, hat der Gemeinderat die städtische Volksinitiative «Ein Lohn zum Leben. Für einen Mindestlohn in der Stadt Bern.» für gültig erklärt.
Die Initiative verlangt, dass Arbeitnehmende in der Stadt Bern mindestens 23,80 Franken pro Stunde verdienen und will damit Armut trotz Erwerbsarbeit verhindern. Die Initiative wurde im Oktober 2024 mit 5911 gültigen Unterschriften eingereicht.
Mindestlohnvorschriften im Kanton Zürich
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat im Herbst 2024 die kommunalen Mindestlohnvorschriften der Stadt Zürich und der Stadt Winterthur aufgehoben. Gemäss den umstrittenen Entscheiden, erlaubt es das kantonale Recht den Zürcher Gemeinden nicht, einen Mindestlohn einzuführen.
Die kantonalen Verfassungs- und Gesetzesbestimmungen zur Sozialhilfe sähen als Mittel zur Bekämpfung der Armut nur die «Hilfe zur Selbsthilfe» vor. Weitergehende Massnahmen und insbesondere ein Eingriff in privatrechtliche Arbeitsverhältnisse seien damit ausgeschlossen.
Sowohl die Stadt Zürich als auch die Stadt Winterthur haben den Entscheid des Verwaltungsgerichts beim Bundesgericht angefochten.
Andere Rechtslage im Kanton Bern
Zwischen der Rechtslage im Kanton Zürich und im Kanton Bern bestehen entscheidende Unterschiede. Die Armutsprävention und -bekämpfung ist gemäss bernischem Recht eine gemeinsame Aufgabe von Kanton und Gemeinden.
Strukturelle Massnahmen, zu denen die Einführung eines städtischen Mindestlohns zählt, sind dabei explizit vorgesehen. Zwar werden Mindestlöhne auch im bernischen Recht nicht erwähnt.
Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass sie nicht zulässig sind, denn nach bernischem Recht erfüllen die Gemeinden nicht nur die ihnen vom Kanton übertragenen Aufgaben, sondern können sich auch selbst neue Aufgaben geben.
Weitere Gründe, welche für eine Ungültigkeit sprechen, sind aus der Sicht der Stadt Bern nicht ersichtlich. Der Gemeinderat hat die Initiative deshalb für gültig erklärt.
Weiteres Vorgehen
Der Gemeinderat hat die zuständige Direktion für Bildung, Soziales und Sport mit der Erarbeitung einer Stadtratsvorlage beauftragt. Für den Erlass des Mindestlohnreglements gemäss Initiativtext ist der Stadtrat zuständig.
Zu einer Volksabstimmung kommt es damit nur, falls der Stadtrat die Vorlage ablehnt, ein Gegenvorschlag erarbeitet wird oder falls das fakultative Referendum ergriffen werden sollte.