CO2-Preise beeinflussen die Bereitschaft zum Klimaschutz
Forschende der Uni Bern haben eine neue verhaltensökonomische Methode entwickelt, um die Wirkung von CO2-Preisen und ihrer Folgen für die Umwelt zu testen.
Forschende der Universität Bern haben eine neue verhaltensökonomische Methode entwickelt, um die Wirkung von CO2-Preisen und ihrer Folgen für die Umwelt unter kontrollierten Laborbedingungen zu testen: der Carbon Emission Task. Die Ergebnisse ermöglichen eine Erforschung der Wirksamkeit von CO2-Steuern, die in der Bekämpfung des Klimawandels als zentrales Lenkungsinstrument gelten.
Klimaschädliches Verhalten kann durch staatliche Lenkung unterbunden werden – dies ist innerhalb der Volkswirtschaftslehre nahezu unumstritten. Allen voran werden hierbei CO2-Preise diskutiert, zum Beispiel durch direkte Bepreisung mittels Steuern.
Ziel von CO2 Preisen ist es, umweltschädliches Verhalten finanziell teurer und somit weniger attraktiv zu machen. Ob und wie weit Menschen aber tatsächlich bereit sind, für den Umweltschutz höhere Kosten zu tragen oder aber die aus ihrem Verhalten entstehenden Folgen für die Umwelt hinzunehmen, ist eine noch wenig erforschte Frage. Sie ist jedoch ein Kernthema der aktuellen Umweltpsychologie und Umweltökonomik.
Ein Forschungsteam der Universität Bern hat nun eine neue Methode entwickelt, um dieser Frage nachzugehen. Ihre vom Bundesamt für Energie geförderte Forschungsarbeit wurde soeben im «Journal of Environmental Psychology» veröffentlicht, der führenden Fachzeitschrift auf dem Gebiet der Umweltpsychologie.
Die «Carbon Emission Task»-Methode kann zeigen, ob und wie sensitiv Menschen auf unterschiedliche Preise – beispielsweise CO2-Preise – und Umweltkonsequenzen reagieren: Versuchspersonen werden mehrfach mit der Entscheidung konfrontiert, ob sie einen Geldbetrag für sich beanspruchen wollen, was jedoch zu einer realen CO2-Emission führen würde, oder auf dieses Geld verzichten, um klimaneutral zu bleiben. Durch systematische Variation der Geldbeträge und der Emissionen lassen sich genaue Einblicke gewinnen, inwiefern lenkende Preise verhaltenswirksam sind.
Mehr freiwilliger Klimaschutz durch geringeren finanziellen Bonus
In einer ersten Studie zur neuen Methode wurden mehr als 2'000 Personen aus rund 30 Ländern rekrutiert, um im «Online-Labor» solche Entscheidungen zu fällen. «Diese Ergebnisse zeigen, dass Menschen bei der Frage, sich freiwillig für das Klima zu engagieren, preissensitiv sind», sagt Studien-Mitautor und Verhaltensforscher Sebastian Berger, denn: «Wäre ihnen der Klimawandel egal, würden sie unabhängig davon, wie wenig es sich für sie finanziell lohnt, die Umwelt zu verschmutzen, das eingesparte Geld vorziehen und die umweltschädliche Folge in Kauf nehmen.» Die Ergebnisse der Studie weisen jedoch in die andere Richtung: Je weniger sich der Ausstoss von CO2 für die Teilnehmenden finanziell lohnte, desto eher waren sie bereit, auf das Geld zu verzichten. Berger: «Im Umkehrschluss folgt daraus, dass klimaschädliches Verhalten zunimmt, je mehr es sich für eine Person finanziell lohnt.»
Emissionsmenge beeinflusst Bereitschaft für klimafreundliches Verhalten
Neben dem Preiseffekt misst die neue Methode auch den Einfluss der Umweltkonsequenzen. Wird der einzusparende Geldbetrag für die Probandinnen und Probanden konstant gehalten, entscheidet die Menge an ausgestossenem CO2, ob sie auf den Geldbetrag verzichten. Studien-Mitautorin Annika Wyss sagt dazu: «Je mehr es sich für die Umwelt ‚lohnt’, desto eher sind Menschen bereit, auf eigene Vorteile zu verzichten.» Diese Ergebnisse zeigen, so die soziale Neurowissenschaftlerin, «dass Menschen die Interessen der Umwelt in ihr Kosten-Nutzen-Kalkül einfliessen lassen. Sie verhalten sich in dieser Hinsicht also nicht rein egoistisch.» Die Ergebnisse bestätigen damit entsprechende umweltpsychologische Theorien. Zudem lassen sich umweltpsychologische Theorien nun mit besserer Präzision überprüfen.
Darüber hinaus zeigt die Studie, dass der durchschnittliche Grad an umweltfreundlichem Verhalten im Carbon Emission Task sich eignet, um die realen CO2-Fussabdrücke von Personen vorherzusagen. Hierzu luden die Forschenden Studierende, die Wochen zuvor am Carbon Emission Task teilgenommen hatten, dazu ein, ihren CO2-Fussabdruck berechnen zu lassen. Es zeigte sich, dass Teilnehmende, die sich im Labor eher umweltfreundlich verhielten, im realen Leben tatsächlich einen geringeren «Footprint» aufwiesen.
Eine neue Brücke zwischen Umweltökonomik und Umweltpsychologie
«Die der Fachwelt vorgestellte Methode ist ein Beitrag, disziplinäres Denken bei der wissenschaftlichen Bewältigung des Klimawandels zugunsten eines interdisziplinären Zugangs zu überwinden», sagt Annika Wyss. Die Umweltpsychologie könne die psychologischen Effekte von CO2-Steuern und anderen ökonomischen Regulierungsinstrumenten testen, während die Verhaltensökonomik der Umweltpsychologie Forschungsparadigmen an die Hand gebe, durch die sich reale Konsequenzen für die Umwelt im Labor testen liessen.