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Die Universität Bern hat die Strom- und Energieversorgung untersucht

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Forschende des Kompetenzzentrums für Public Management der Universität Bern haben die Abhängigkeiten im Bereich der Stromerzeugung untersucht.

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Die Universität Bern. - Keystone

Laut jüngsten Risikoanalysen des Bundes zählt ein Blackout neben einer Pandemie und einem Ausfall des Mobilfunknetzes zu den derzeit grössten Risiken für die Schweiz.

Forschende des Kompetenzzentrums für Public Management der Universität Bern konnten mit Daten aus 17 europäischen Ländern über einen Zeitraum von vierzig Jahren Abhängigkeiten im Bereich der Stromerzeugung aufzeigen.

Der Rückgang der inländischen Energieproduktion mit fossilen Brennstoffen in diesen europäischen Ländern korreliert zudem mit einem Anstieg des Imports ebensolcher Energie.

Die Schweiz produziert Strom durch Wasser- und Kernkraft

Die Erreichung der Klimaziele bis 2050 erfordert neben der Steigerung der Stromproduktion auch eine deutliche Reduktion der CO₂-Emissionen der Stromproduktion, beispielsweise durch Sonnen- oder Windenergie.

Allerdings können Sonnen- und Windenergie nicht immer zur gewünschten Zeit genügend stabil Strom produzieren. Gleichzeitig wollen manche europäischen Länder ihre Stromproduktion aus Atomkraft zurückfahren.

Dies stellt die Schweiz und andere Länder vor die Herausforderung, die Stromversorgungssicherheit zu jedem Zeitpunkt garantieren zu können und das Stromnetz stabil zu halten.

In der Schweiz wird der Strom hauptsächlich durch Wasser- und Kernkraft erzeugt und ist daher eher emissionsarm. In den Wintermonaten und im Frühjahr muss jedoch Strom aus dem benachbarten Ausland importiert werden, um den Bedarf zu decken.

Länder entscheiden selbst über ihre Stromversorgung

Ein Land muss sich grundsätzlich die Fragen stellen, wie viel Strom es selbst und mit welchen Ressourcen, erneuerbar, nicht erneuerbar, produzieren will und wie stark es sich von Importen aus unterschiedlichen Quellen abhängig machen will.

Doina Radulescu, Dozentin und assoziierte Professorin für «Staat und Markt» am Kompetenzzentrum für Public Management, KPM, der Universität Bern und Mitglied des Oeschger Zentrums für Klimaforschung, OCCR, und Philippe Sulger, Ökonom beim Sekretariat der Wettbewerbskommission und Lehrbeauftragter am KPM haben untersucht, wie die Schweiz diese Fragen in den vergangenen knapp 50 Jahren für sich beantwortet hat und mit welchen Konsequenzen.

Philippe Sulger vertritt in dieser Forschung ausschliesslich seine persönliche Meinung. Sie muss nicht notwendigerweise mit jener der Wettbewerbskommission oder mit jener dessen Sekretariats übereinstimmen.

Sie haben untersucht, wie diese Fragen in den vergangenen 40 Jahren von europäischen Ländern beantwortet wurden und welche Interdependenzen sich dabei zwischen den Ländern manifestierten.

Investitionen in Stromerzeugungskapazitäten sind nicht immer rentabel

Der starke Ausbau der Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen führt zu grossen Schwankungen in den Strompreisen. Gerade während gewissen Uhrzeiten in Sommermonaten kann dieser sehr niedrig sein.

«Ein solches Umfeld mit volatilen und zeitweise sehr tiefen Strompreisen ist weniger attraktiv für Investitionen in Stromerzeugungskapazitäten», erklärt Philippe Sulger. Es kann sich daher also lohnen, auf den Ausbau inländischer Produktionskapazitäten zu verzichten und Strom aus dem Ausland zu importieren.

Mit einer speziellen ökonometrischen Methode, welche diese räumlichen Beziehungen mitberücksichtigt, konnten die Forschenden nun nachweisen, dass die Investitionen in neue Stromproduktionskapazitäten innerhalb der untersuchten 17 europäischen Ländern im Durchschnitt negativ miteinander korrelieren.

Investiert ein Land mehr in neue inländische Stromproduktionskapazitäten, so investiert das Nachbarland weniger.

Fossile Energieproduktion sind im Rückgang

In den letzten Jahren hat eine Reihe von Ländern erklärt, dass sie aus der Kohlekraft aussteigen und Strom ohne fossile Brennstoffe erzeugen wollen. Europa ist aber weiterhin auf die Einfuhr von Öl, Kohle und Gas angewiesen, weil es ohne diesen Import ihren Energiebedarf nicht decken kann.

Grossbritannien hat beispielsweise den Ausstieg aus dem Kohlestrom erklärt, importiert aber weiterhin erhebliche Mengen an Kohle zur Herstellung von Stahl und Zement.

Mittels unterschiedlicher ökonometrischer Schätzungen und Methoden konnten die beiden Forschenden zeigen, dass in den betrachteten Ländern während der letzten 40 Jahre der Anteil inländischer fossiler Energieproduktion am Gesamtenergieverbrauch gesunken ist, gleichzeitig der Anteil der fossilen Energieimporte am Gesamtenergieverbrauch jedoch gestiegen ist.

Erdgas und Ölprodukte werden immer mehr importiert

Das geht vor allem auch auf die Zunahme von Importen an Erdgas und Ölprodukten zurück. Rein deskriptiv kann man feststellen, dass der Anteil der fossilen inländischen Energieproduktion am Energiekonsum von etwa 55 Prozent auf 29 Prozent gesunken ist, während der Anteil fossiler Energieimporte am Energiekonsum von 30 Prozent auf 74 Prozent gestiegen ist.

Diese Zahlen beziehen sich auf den Durchschnitt der betrachteten europäischen Länder zwischen 1978 und 2017. «Bei einem Rückgang des Anteils der inländischen fossilen Energieproduktion am Gesamtenergieverbrauch um ein Prozent, steigt der Anteil der fossilen Energieimporte am Gesamtenergieverbrauch um acht Prozent.», erklärt Doina Radulescu.

Die Umstellung auf erneuerbare Ressourcen benötigt erhöhte Importe

Dies steht im Einklang mit den aggregierten Trends der Energiewende in der EU hin zu einer CO₂-ärmeren Wirtschaft, bei der auf Länderebene unterschiedliche Richtungen bei der Erzeugung konventioneller und erneuerbarer Energien sowie bei den Investitionen in Stromerzeugungskapazitäten zu beobachten sind.

Dementsprechend stellen einige Länder die eigene Stromerzeugung auf erneuerbare Ressourcen um, benötigen aber für die Deckung der inländischen Energienachfrage, welche mehr als nur den Strom beinhaltet, teilweise weiterhin aus fossilen Quellen stammende Energie aus dem Ausland.

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