FDP BE: Darum ist eine stärkere Überwachung der Autofahrer nötig
Das Wichtigste in Kürze
- Im Kanton Bern werden durch das teilrevidierte Polizeigesetz neue Massnahmen eingeführt.
- Das geplante Gesetz sieht vor allem eine stärkere Überwachung der Autofahrer vor.
- Neu werden auch technische Geräte wie GPS-Tracker bei erhöhter Gefahrenlage eingesetzt.
Das totalrevidierte Polizeigesetz des Kantons Bern ist seit dem 1. Januar 2020 in Kraft. Doch da beim Bundesgericht einzelne Punkte bemängelt wurden, muss es nun teilrevidiert werden.
Das geplante Gesetz sieht vor allem eine stärkere Überwachung der Autofahrer vor. Dies soll durch eine Änderung bei der automatisierten Fahrzeugfahndung (AFV) ermöglicht werden. Die AFV kann – mobil oder stationär – mithilfe einer Kamera die Kontrollschilder von Fahrzeugen erfassen.
Die Identität des Fahrzeughalters kann auf diese Weise festgestellt werden. Zudem werden auch Zeitpunkt, Standort, Fahrtrichtung und Fahrzeuginsassen ermittelt und automatisch mit polizeilichen Fahndungssystemen abgeglichen.
Auch GPS-Tracker sollen eingesetzt werden
Die erhobenen Daten sollen neu bis zu 30 Tage lang aufbewahrt und für Ermittlungen bei schwerer Kriminalität verwendet werden können. Auskunftsrechte und eine unabhängige Kontrollinstanz seien vorgesehen, hält der Berner Regierungsrat fest.
Mit der Teilrevision wird zudem die gesetzliche Grundlage geschaffen, um bei der polizeilichen Überwachung technische Geräte wie GPS-Tracker einzusetzen. Die Gesetzesvorlage sieht vor, dass der Kanton einer Gemeinde bei einer erhöhten Gefahrenlage an bestimmten Orten empfehlen kann, Videokameras einzusetzen. Verzichtet die Gemeinde darauf, soll der Kanton selbst tätig werden können.
Nau.ch hat sich mit dem Berner Grossrat Carlos Reinhard (FDP) über das Polizeigesetz unterhalten.
Nau.ch: Das teilrevidierte Polizeigesetz des Kantons Bern sieht eine Änderung bei der AFV vor. Wann genau wird diese eingesetzt?
Carlos Reinhard: Das Gesetz erlaubt die automatisierte Fahrzeugfahndung schon heute. Neu sollen die erfassten Kontrollschildnummern 30 Tage aufbewahrt werden. Eine nachträgliche Auswertung wird so möglich zur Bekämpfung schwerer Kriminalität, allen voran der Bandenkriminalität beispielsweise im Bereich von Einbruchdiebstählen oder Drogen-, Menschen- und Waffenhandel. Sonst sind die Daten weg und spätere Erkenntnisse helfen nicht.
Nau.ch: Stellt die AFV einen Eingriff in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung dar?
Carlos Reinhard: Die Polizei muss ihre Arbeit machen können. Datenschutz ist wichtig, hat aber auch seine Grenzen. Hier geht es um die Bekämpfung schwerer Kriminalität und das hat für mich Vorrang. Und vergessen wir nicht: Es geht nur um Autonummern, mehr wird ja nicht gespeichert. Dem Datenschutz kann mit angemessenen Kontrollen Rechnung getragen werden, und das ist beim Gesetzesvorschlag des Regierungsrats der Fall.
Nau.ch: Im neuen Gesetzesentwurf wird vorgeschlagen, dass die gespeicherten Daten erst nach 30 Tagen gelöscht werden müssen. Weshalb sollen die Daten auch ohne Fahndungsauftrag bewahrt werden?
Carlos Reinhard: Die automatisierte Fahrzeugfahndung kann gerade bei Kindesentführungen und organisierter Kriminalität hilfreiche Ermittlungsansätze liefern. Zum Beispiel kann sie Hinweise auf Routen bei Drogen-, Menschen- und Waffenhandel oder Einbruchsbanden geben. 30 Tage Aufbewahrung sind darum für mich das Minimum. Besser wären 60 oder 100 Tage.
Nau.ch: Wer ausser dem Kanton Bern und der Berner Polizei dürfte alles auf die gespeicherten Daten zugreifen?
Carlos Reinhard: Auch die Polizeibehörden aus anderen Kantonen sollen die Daten nutzen können. Aber nicht in jedem Fall, sondern, nur wenn schwere Delikte im Raum stehen. Das verlangt das Gesetz explizit. Generell müssen die Polizeibehörden in der Schweiz eng zusammenarbeiten, damit die Schweiz und der Kanton Bern sicher bleiben.
Nau.ch: Der Kanton Bern soll mit der Gesetzesvorlage gegen den Willen einer Gemeinde Überwachungskameras installieren dürfen, was beispielsweise von der Stadt Bern stark kritisiert wurde. Ist eine Videoüberwachungspflicht nötig?
Carlos Reinhard: Das Gesetz sieht keine Pflicht vor. Wenn es irgendwo gefährlich ist, soll die Gemeinde die nötigen Massnahmen ergreifen und für Sicherheit sorgen. Wenn sie das nicht tut, soll der Kanton an ihrer Stelle tätig werden können. Es kann nicht sein, dass ein gefährlicher Ort einfach so hingenommen wird.
Zur Person
Carlos Reinhard ist 51-jährig, Unternehmer, Vater von zwei erwachsenen Kindern und kommt aus Thun. Er ist Grossrat, Alt-Grossratspräsident und Fraktionspräsident der FDP.Die Liberalen.