SVP Bern: Formulare helfen nicht gegen Wohnungsnot
Im Kanton Bern wurde eine Miet-Initiative für transparente Vormieten lanciert. Grossrat Raphael Lanz (SVP) sieht darin keine effektive Lösung für mehr Wohnraum.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Kanton Bern wurde eine Initiative für faire Mieten und zahlbares Wohnen lanciert.
- Eine Formularpflicht soll für transparente Vormieten sorgen.
- Berner Grossrat Raphael Lanz sieht bei zu vielen Regulierungen jedoch ein Problem.
Im Kanton Bern wurde unter anderem vom Mieterverband, von der SP, und von den Grünen eine Miet-Initiative lanciert. In den letzten 20 Jahren seien die Mieten im Kanton Bern um rund 30 Prozent gestiegen, argumentieren die Initianten. Eine Formularpflicht soll für mehr Transparenz sorgen. Das bedeutet: Bei einem Mieterwechsel muss die Vormiete offengelegt werden.
Es handelt sich dabei um eine Praxis, die der Regierungsrat nur im Falle eines Wohnungsmangels für nötig erklären würde. Dann wäre für den Abschluss von Mietverträgen im gesamten Kantonsgebiet oder in einzelnen Verwaltungskreisen die Verwendung des Formulars obligatorisch. Nau.ch hat sich mit Brigitte Hilty Haller (Grüne), Mitglied des Initiativkomitees, in einem Interview unterhalten.
Motion für faire Mieten im Juni abgelehnt
Unter den Initianten der Berner Miet-Initiative ist auch Edith Siegenthaler (SP). Noch im Oktober 2022 hat die Grossrätin einen Vorstoss eingereicht, um durch eine Formularpflicht mehr Transparenz im Mietmarkt zu schaffen. Die Motion wurde im Juni dieses Jahres abgelehnt.
Der Berner Grossrat Raphael Lanz hat damals zusammen mit der SVP-Fraktion gegen den Vorstoss gestimmt. Gegenüber Nau.ch erklärt Raphael Lanz, warum er kein Befürworter einer solchen Formularpflicht ist und auch die neue Initiative ablehnt.
Nau.ch: Warum sollten Vormieten nicht offengelegt werden?
Raphael Lanz: Bereits nach geltendem Mietrecht können die Mieter verlangen, dass ihnen die Vermieter die Höhe des Vormietzinses mitteilen (Art. 256a Abs. 2 OR). Es kann also keine Rede davon sein, dass Vormieten nicht offengelegt werden müssen.
Die Formularpflicht ist daher schlicht unnötig. Erfahrungen in anderen Kantonen zeigen zudem, dass die Formularpflicht keine mietzinsdämpfende Wirkung hat. Hingegen nehmen die Streitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern zu. Kurz gesagt: Die Formularpflicht ist unnötig, wirkungslos und stiftet Unfrieden.
Nau.ch: Die Mieten im Kanton Bern sind in den letzten 20 Jahren um 30 Prozent gestiegen, argumentieren die Initianten der Miet-Initiative. Was gibt es für andere Massnahmen, um bezahlbare Wohnungen zu erhalten?
Raphael Lanz: Steigende Mieten sind häufig Folge von zu wenig Wohnungen. Und gegen zu wenig Wohnungen helfen … mehr Wohnungen. Wir müssen also die Voraussetzungen schaffen, dass dringend benötigter Wohnraum in allen Segmenten geschaffen werden kann. Dies geschieht durch einfachere und raschere Bewilligungsverfahren, und nicht durch Formulare.
Durch eine Formularpflicht entsteht keine einzige neue Wohnung – im Gegenteil: Mehr Vorschriften und Regulierungen machen das Schaffen von Wohnraum unattraktiver und wirken daher kontraproduktiv.
Nau.ch: Im Kanton Bern gibt es grosse Unterschiede zwischen Mieten in der Stadt und auf dem Land. Ist eine kantonale Initiative zu allgemein gehalten?
Raphael Lanz: Wir wissen, dass der Wohnungsmarkt je nach Region unterschiedlich funktioniert. Eine Studie hat beispielsweise gezeigt, dass in der Stadt Thun aufgrund der Tiefzinsphase die Marktmieten zwischen 2016 und 2022 um sieben Prozent gesunken sind. Dies zeigt, dass nicht überall die gleichen Rezepte angebracht sind.
Nau.ch: Wie können hohe Mietpreise ohne neue Regelungen wie die Formularpflicht gedämpft werden?
Raphael Lanz: Unser Problem sind nicht zu wenige, sondern zu viele Regulierungen. Heute gehen Zonenplanänderungen und Baubewilligungsverfahren regelmässig zu lang und können durch unberechtigte Einsprachen oftmals lange verzögert werden. Für erfolgreiche Projekte braucht es ein partnerschaftliches Zusammenwirken von Behörden, Investoren und gemeinnützigen Wohnbauträgern.
Nau.ch: Leben Sie in einer Mietwohnung? Haben Sie bereits Erfahrung mit unnötig hohen Mieten gemacht?
Raphael Lanz: Ich lebe mit meiner Familie in einem Eigenheim. Wir wohnten früher in verschiedenen Mietwohnungen und haben mit unseren Vermietern eigentlich immer gute Erfahrungen gemacht.
Zur Person
Raphael Lanz ist Stadtpräsident von Thun und Mitglied des Grossen Rates des Kantons Bern. Er ist verheiratet und Vater dreier Töchter. In seiner Freizeit treibt er Sport, kocht gerne, fährt Ski und befasst sich mit Bierbrauen. Auf Reisen geht er gerne mit dem orangefarbenen VW Bus T2 mit Jahrgang 1975.