Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose
Der Bundesrat will die soziale Sicherheit von älteren Arbeitslosen gezielt verbessern. Dazu hat der Bundesrat am 26. Juni 2019 den Vorentwurf für ein neues Bundesgesetz über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose verabschiedet und bis am 26. September in die Vernehmlassung gegeben.
Ältere Personen, die seit längerer Zeit arbeitslos sind, haben grosse Schwierigkeiten, sich wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Wenn sie ihren Anspruch auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung verlieren, müssen sie ihr Vermögen aufbrauchen, ihre AHV-Rente vorbeziehen und häufig auch ihre Altersguthaben aus der zweiten Säule und der dritten Säule antasten, bevor sie Sozialhilfe erhalten. Die Sozialhilfequote der 60- bis 64-Jährigen ist von 2011 bis 2017 um 47 Prozent gestiegen, mehr als in allen anderen Alterskategorien.
Dieser unbefriedigenden Situation will der Bundesrat mit folgenden Massnahmen vorbeugen und begegnen: kostenlose Standortbestimmung, Potenzialanalyse und Laufbahnberatung für Erwachsene über 40; Anrechnung bereits vorhandener berufsspezifischer Kenntnisse in der beruflichen Grundbildung; zusätzliche Integrationsmassnahmen wie Coaching, Beratung und Mentoring für schwer vermittelbare Stellensuchende; Zugang für ausgesteuerte Personen über 50 zu Bildungs- und Beschäftigungsmassnahmen der Regionalen Arbeitsvermittlungszentren ohne zweijährige Wartefrist. Diese Massnahmen sollen einen längeren Verbleib im Erwerbsleben beziehungsweise einen Wiedereinstieg nach Stellenverlust auch bei älteren Arbeitnehmenden fördern. Gelingt der Wiedereinstieg in die Arbeitswelt trotzdem nicht, sollen Überbrückungsleistungen (ÜL) einen gesicherten Übergang in die Pensionierung ermöglichen.
Voraussetzungen für eine Überbrückungsleistung
Für den Anspruch auf eine ÜL müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
Aussteuerung aus der Arbeitslosenversicherung nach dem vollendeten 60. Altersjahr. Diese Bedingung erfüllen Personen, die mit 58 Jahren oder später ihre Stelle verloren und die Mindestbeitragszeit von 22 Monaten erfüllt haben, denn sie haben Anrecht auf 520 Taggelder der Arbeitslosenversicherung;
20 Jahre Versicherung in der AHV, davon 10 Jahre unmittelbar vor der Aussteuerung;
In diesen 20 Jahren muss ein Erwerbseinkommen erzielt worden sein, das mindestens 75 Prozent der maximalen AHV-Altersrente – also der Eintrittsschwelle in die berufliche Vorsorge von gegenwärtig 21 330 Franken pro Jahr – entspricht;
Das Vermögen muss kleiner sein als 100 000 Franken, respektive 200 000 Franken bei Ehepaaren. Das entspricht der Vermögensschwelle, die das Parlament auch bei den Ergänzungsleistungen beschlossen hat. Selbstbewohntes Wohneigentum wird nicht berücksichtigt;
Kein Bezug der Altersrente der AHV.
Berechnung der Überbrückungsleistung
Die ÜL wird gleich berechnet wie eine Ergänzungsleistung (EL). Ihre Höhe entspricht der Differenz zwischen den anerkannten Ausgaben und den anrechenbaren Einnahmen. Es gibt allerdings zwei Abweichungen zu den EL:
Die Pauschale für den allgemeinen Lebensbedarf wird um 25 Prozent heraufgesetzt. Das sind aktuell 24 310 Franken (19 450 x 1,25), respektive 36 470 Franken (29 175 x 1,25) für Ehepaare. Mit dem Zuschlag werden die Krankheits- und Behinderungskosten abgegolten, die bei den EL separat vergütet werden.
Die ÜL beträgt maximal das Dreifache des Betrags für den allgemeinen Lebensbedarf bei den EL. Das sind aktuell 58 350 Franken (19 450 x 3), respektive 87 525 Franken (29 175 x 3) für Ehepaare. Grund dafür ist, dass ÜL-Beziehende einen Anreiz haben sollen, weiter nach einer – besser bezahlten – Erwerbsmöglichkeit zu suchen.
Kosten und Finanzierung
In den vergangenen Jahren wurden im Durchschnitt jährlich rund 2600 Personen im Alter von 60 und mehr Jahren ausgesteuert. Unter Berücksichtigung der Anspruchsvoraussetzungen werden nach der Einführungsphase schätzungsweise etwas mehr als 5000 Personen jährlich Anspruch auf eine ÜL haben. Die Kosten der ÜL belaufen sich auf 40 Millionen Franken im ersten Jahr (2022), steigen in den Folgejahren und stabilisieren sich nach 2030 bei rund 260 Millionen Franken jährlich. Dem stehen Einsparungen bei den EL von zu Beginn 30 Millionen, später von 50 Millionen Franken pro Jahr gegenüber.
Die ÜL werden vom Bund finanziert. Die Einsparungen bei den EL kommen zu fünf Achteln dem Bund, zu drei Achteln den Kantonen zugute. Kantone und Gemeinden profitieren zudem von Einsparungen bei der Sozialhilfe.
Die Überbrückungsleistungen sind Teil eines Massnahmenpakets zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials, auf das sich die Sozialpartner und der Bundesrat geeinigt haben. Es zielt darauf ab, die Konkurrenzfähigkeit von älteren Arbeitskräften zu sichern, schwer vermittelbaren Stellensuchenden den Schritt in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen und in der Schweiz lebende Ausländer besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Der Bundesrat und die Sozialpartner wollen damit erreichen, dass die Schweizer Unternehmen so viele Arbeitskräfte wie möglich im Inland rekrutieren. Das ist eine Voraussetzung dafür, dass die Bevölkerung die Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union weiterhin mitträgt. Die Schweizer Wirtschaft ist auf die Personenfreizügigkeit angewiesen, um den steigenden Bedarf an Fachkräften unbürokratisch decken zu können.