UniBE: Über die Verteilung der Artenvielfalt auf unserem Planeten

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In offenen Meeren der gemässigten Klimazone machen grosse Raubfische wie Thunfische oder Haie intensiver Jagd auf Beute als in tropischen Gewässern.

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An die Fassade der Uni Bern wird regelmässig gepinkelt. - keystone

Seit Charles Darwin führen Biologinnen und Biologen die sogenannte «Biotic interactions»-Hypothese ins Feld, um die extreme Artenvielfalt in den Tropen rund um den Äquator zu erklären. Die Hypothese untersucht den Einfluss der Interaktionsstärke zwischen Arten auf die Artenvielfalt.

Sie besagt, dass Interaktionen zwischen Arten zunehmen, je näher man dem artenreichen Äquator kommt. Solche Interaktionen können langfristige Beziehungen wie diejenige zwischen Parasiten und Wirt, aber auch der kurzfristige Kontakt zwischen einem Raubfisch und dessen Beute darstellen.

Die intuitiv ansprechende Hypothese lautet: Je intensiver Interaktionen zwischen Arten, desto schneller der evolutionäre Wandel, was folglich eine erhöhte Artenvielfalt hervorbringt. Ebenfalls, so denkt man, begünstigen zwischenartliche Interaktionen das Aufrechterhalten einer hohen Artenvielfalt.

Beutejagd in gemässigter Klimazone

In der Praxis stellt es sich als äusserst schwierig heraus, diese populäre Hypothese zu testen. So gilt es doch empirisch nachzuweisen, dass sowohl die Interaktionen zwischen Arten als auch die Artenvielfalt zum Äquator hin hinzunehmen. Entsprechende Versuche haben in der Vergangenheit zu verschiedenen Ergebnissen geführt.

Eine neue Publikation in Nature Communications leistet nun einen wichtigen Beitrag zu dieser alten Problemstellung der biologischen Grundlagenforschung, indem sie einen weiteren Hinweis gegen die Allgemeingültigkeit der «Biotic interactions»-Hypothese liefert. Die Studie legt nahe, dass eine bestimmte, jedoch fundamentale Interaktion zwischen Arten, nämlich die Beutejagd von grossen Meeresraubfischen wie Thunfischen oder Haien, gerade nicht in Äquatornähe, sondern in der gemässigten Klimazone am häufigsten stattfindet.

Gemäss der «Biotic interactions»-Hypothese müsste diese intensive Interaktion folglich mit einer höheren Vielfalt an Fischarten im selben Lebensraum einhergehen – dies ist jedoch nicht der Fall. Leiter der Studie ist Dr. Marius Rösti, der die Forschungsarbeit an der University of British Columbia in Vancouver begann und nun an der Universität Bern am Institut für Ökologie und Evolution tätig ist.

Über 900 Millionen Mal «hat einer zugebissen»

Um die Intensität der Interaktion grosser Raubfische mit kleineren Beutefischen zu messen, analysierten die Forschenden vier grosse Datensätze der Langleinenfischerei aus allen vier offenen Weltmeeren (Ost- und Westpazifik, Atlantik, Indischer Ozean). Diesen Daten kann entnommen werden, wie viele Raubfische pro Köder (einer natürlichen Beute wie Makrele oder Sardine) an Langleinen gefangen wurden.

Ein Raubfisch-Fang wurde von den Forschenden jeweils als eine Attacke eines Raubfisches auf einen Beutefisch und dementsprechend als eine Interaktion zwischen zwei Arten gewertet.

«Möglich wurde diese Untersuchung überhaupt erst dank diesem aussergewöhnlichen Datensatz. Die Daten umspannen den ganzen Planeten und verzeichnen während eines Zeitraums von 55 Jahren insgesamt über 900 Millionen Fänge von grossen Raubfischen mittels Langleinen», kommentiert Marius Rösti.

Die Forschenden untersuchten, auf welchen Breitengraden grosse Raubfische im Verhältnis am häufigsten zubissen und verglichen diese Resultate mit der Vielfalt an Fischarten.

Raubfische attackieren am häufigsten in der gemässigten Zone

Die Studie stellte fest, dass der Beutefang grosser Raubfische in Breitengraden der gemässigten Klimazone und nicht etwa in der Nähe des Äquators am intensivsten ist. «Jene Breitengrade mit der relativ grössten Anzahl gefangener Raubfische liegen in oder nahe der gemässigten Klimazone und nicht in Äquatornähe. Dieses Resultat trifft generell für alle Ozeanbecken und den gesamten untersuchten Zeitraum zu», sagt Rösti.

In Richtung der Pole nahmen die Raubfisch-Beute-Interaktionen dann wieder ab. Im Weiteren zeigt sich in den gemässigten Breiten die Anzahl Fischarten nicht etwa als besonders hoch, sondern eher als relativ gering.

Interaktionen von Raubfischen und deren Beute scheinen also nicht im äquatorialen Klima der Tropen, sondern in der gemässigten Zone am häufigsten zu sein. Trotzdem ist die Vielfalt an Fischarten nicht dort, sondern am Äquator am höchsten. Dieses Resultat widerspricht, jedenfalls für Fische und gemessen an der essenziellen Interaktion von Jäger und Beute, der allgemeinen Aussage der «Biotic interactions»-Hypothese.

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