Sportchef Marcel Werder: «Mbappé beim SC Cham – das würde passen!»
In der letzten Saison überraschte der SC Cham mit Platz vier. Dennoch gibt sich Sportchef Marcel Werder punkto Zielsetzung für die neue Spielzeit zurückhaltend.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 5. August startet der SC Cham in die neue Promotion-League-Saison.
- In der Sommerpause mussten gleich acht Abgänge kompensiert werden.
- Im Nau.ch-Interview spricht Sportchef Marcel Werder (46) über die Verfassung des Teams.
Der SC Cham ist im Zentralschweizer Amateurfussball eine Institution. Seit Jahren hält sich der familiäre Verein aus dem Kanton Zug souverän in der Promotion League, der dritthöchsten Liga des Landes. Die letzte Saison beendete das Team auf dem starken vierten Rang.
Einer der Baumeister des Erfolgs ist Marcel Werder (46), welcher in seine vierzehnte Saison als Sportchef des Klubs startet. Seit drei Jahren ist er zu 40 Prozent angestellt. Daneben arbeitet er noch zu 50 Prozent als Informatiker bei einer Bank.
Nau.ch: Marcel Werder, wie bringen Sie Arbeit und Fussball unter einen Hut?
Marcel Werder: Es braucht eine grosse Portion Leidenschaft und verständnisvolle Menschen im Umfeld. Ansonsten funktioniert das alles nicht. Es ist ein intensives Amt, das merke ich auch in dieser Transferperiode wieder. Es kommt einiges mehr zusammen als die oben erwähnten 40 Prozent. Die Herausforderungen steigen von Jahr zu Jahr. Zudem bin ich auch noch für das ganze Sponsoring im Verein tätig.
Nau.ch: Am 5. August steigt der Meisterschaftsstart gegen Bulle. Steht das Team für die neue Saison?
Marcel Werder: Der Grossteil steht, ja. Aktuell haben wir rund 21 Spieler. Wir sind aber noch auf der Suche nach einem Flügel und einem Stürmer, das sind die offenen Positionen im Kader. Im Offensiv-Bereich wollen wir noch aktiv werden.
Nau.ch: Top-Torschütze Marin Wiskemann hat den Verein Richtung Challenge League verlassen und spielt neu bei Baden. Wie sehr schmerzt dieser Abgang?
Marcel Werder: Enorm. Ein Stürmer, der 20 Tore in der Promotion League schiesst, findest du nicht einfach so, das sind Ausnahmen. Er hat nicht nur fussballerisch sehr gut zu uns gepasst, sondern auch als Mensch. Darum ist das sicher ein grosser Verlust, welchen wir nicht eins zu eins kompensieren können.
Nau.ch: Mit Simon Loosli (Thun), Noah Flühmann (Rapperswil-Jona), Luigi Milicaj (Muri), Lukas Bolzli (Eschenbach) Yago Gomes (St. Gallen) und Elias Mesonero (Rapperswil-Jona) kommen sechs neue Spieler. Können Sie die grosse Lücke zumindest teilweise schliessen?
Marcel Werder: Wir haben acht Abgänge zu verzeichnen und verlieren sowohl an fussballerischer und menschlicher Qualität. Dennoch bin ich überzeugt, dass wir mit den getätigten Transfers die Lücken füllen können. Wir haben wieder eine schlagkräftige Truppe, die in dieser Liga bestehen kann.
Wie erwähnt, wollen wir die Offensive noch valabler ergänzen. Schmerzen tut uns sicherlich auch der Ausfall von Joel Miranda, welcher infolge einer Knieverletzung für längere Zeit ausfallen wird.
Nau.ch: Im letzten Sommer sind mehrere Spieler zum SC Kriens gewechselt. Heuer ist es mit Verteidiger Manuel Fäh «nur» einer. Tut es besonders weh, wenn Spieler beim grossen Rivalen unterschreiben?
Marcel Werder: Das ist natürlich nie schön, man gibt gute Leute generell nicht gerne ab. Als Kriens in der Challenge League spielte, war es mehr eine Zusammenarbeit, heute ist es eher eine Konkurrenzsituation. Zudem spielt auch die U21 des FC Luzern in unserer Liga. Das macht es nicht immer einfach für uns in Sachen Transfers, insbesondere aus dem Raum Innerschweiz sind die Möglichkeiten gering geworden.
Nau.ch: Apropos Transfers – wenn Sie einen Spieler Ihrer Wahl zum SC Cham holen könnten, welcher wäre es?
Marcel Werder: Das ist eine gute Frage. Kylian Mbappé wäre doch noch frei, oder? Das wäre einer, der das Tempo mitbringt, welches uns derzeit etwas fehlt. Darum ist er mir spontan in den Sinn gekommen, das würde passen (lacht).
Nau.ch: Die letzte Saison hat der SC Cham auf dem hervorragenden vierten Platz beendet. Was sind die Ziele für die kommende Spielzeit?
Marcel Werder: Ein vierter Platz ist für den SC Cham immer ausserordentlich. Wir sind immer noch Amateure. Für uns gilt es, von Anfang an Punkte zu sammeln und nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben.
Ich gehe davon aus, dass die Liga einmal mehr sehr ausgeglichen sein wird. Es kommen vier ambitionierte Aufsteiger hinzu, wir tun gut daran, etwas demütig zu bleiben. Die Promotion League ist für uns immer eine grosse Herausforderung. Darum ist eine klare Zielsetzung aktuell kein Thema.
Nau.ch: Letzte Saison hätte sich der SC Cham für die Aufstiegsspiele qualifiziert. Allerdings kommunizierte der Verein schon im Frühling, dass man freiwillig auf einen Lizenzantrag für die Challenge League verzichte. Warum?
Marcel Werder: Bei uns läuft nach wie vor vieles auf ehrenamtlicher Basis. Ein Schritt in den professionellen Fussball bedingt eine grosse Strukturanpassung im Verein – und das kostet alles Geld.
Auch die Infrastruktur gibt derzeit nicht das her, was die Liga vorgibt. Da reden wir schnell von ein bis zwei Millionen Franken an Aufwand. Zudem sind viele unserer Spieler voll im Arbeitsmarkt integriert. Es sind einfach zu viele Herausforderungen, die der SC Cham aktuell nicht einfach so stemmen kann.
Nau.ch: Schreckt die Tatsache, dass der Aufstieg kein Thema ist, Spieler davon ab, zum SC Cham zu wechseln?
Marcel Werder: Das kann sein. Speziell die jungen Spieler interessieren sich vermehrt eher für Vereine mit professionelleren Strukturen. Natürlich auch mit dem Hintergedanken, dass es dort um den Aufstieg geht.
Ich versuche den Jungen dann jeweils zu erklären, dass es nicht nur darum geht, dass der Verein aufsteigen kann. Es geht ja auch darum, dass sie Leistung zeigen und sich selber ins Schaufenster stellen können.
Marin Wiskemann ist ein gutes Beispiel. Er konnte dank seiner 20 Tore automatisch den nächsten Schritt machen. Auch Nando Zimmermann hat den Sprung zur AC Bellinzona in die Challenge League geschafft.
Nau.ch: Wie viele Ihrer Spieler gehen neben dem Fussball einem 100-Prozent-Job nach?
Marcel Werder: Bei uns sind es ungefähr 70 bis 80 Prozent aller Spieler. Darum trainieren wir auch nur am Abend. Daneben haben wir ein paar Studenten und jüngere Spieler, welche grundsätzlich etwas mehr machen wollen. Sie trainieren teilweise auch individuell.
Mit diesem Modell sind wir bisher gut gefahren, allerdings ist es ein schmaler Grat. Alles wird rundherum immer professioneller, die Vereine auch. Darum müssen wir uns schon immer strecken, um in dieser Liga bestehen zu können.
Nau.ch: Sie betonen den Wandel des Amateurfussballs. Wo sehen Sie den SC Cham in zehn Jahren?
Marcel Werder: In der 1. Liga – sei es in der Promotion League oder in der Classic. Ich sehe einen familiären Verein, der vor allem im Juniorenbereich weiter wächst. Der SC Cham definiert sich nicht nur über die erste Mannschaft.
Unsere zweite Mannschaft spielt in der interregionalen 2. Liga, die dritte Mannschaft in der 3. Liga. Wir legen viel Wert auf den Unterbau und dass unsere Junioren eine Perspektive haben. Das wird auch in Zukunft so sein.