CVP-Köniz-Chef Valentin Lagger vermisst koordinierte Finanzpolitik
Valentin Lagger, Präsident der CVP Köniz, vermisst eine logische und sinnvolle Finanzpolitik. Dennoch schätzt er das gute politische Miteinander der Gemeinde.

Nau.ch: Sie sind in Köniz geboren und haben seither auch immer in der Gemeinde gewohnt.
Valentin Lagger: Genau. Ich habe es geschafft im Umkreis von etwa zwei Quadratkilometer wohnen zu bleiben.
Nau.ch: Und seit sechs Jahren sind Sie Präsident der CVP Köniz. Was ist für Sie Ihr persönlich schönstes Erlebnis?
Valentin Lagger: Ein schönes Erlebnis war natürlich, dass wir unseren Parlamentssitz halten konnten. Und seit den letzten Wahlen hat die Mittefraktion zehn Mitglieder, die als Viertel vom Parlament mit ihrem Einfluss wirklich etwas bewirken können. Vorher wurden Mitte-Parteien gerne mal als «herzig» belächelt.
Nau.ch: Sie waren ja selbst von 1996 bis 2009 im Parlament. Denken Sie gerne an diese Zeit zurück?
Valentin Lagger: Ich unterscheide klar zwischen während meiner Parlamentszeit und danach. Währenddessen hat es mir wirklich sehr gut gefallen. Ich konnte mich einbringen und an der starken Entwicklung von Köniz in dieser Zeit, wie etwa dem Entstehen des heutigen Dorfzentrums, mitwirken. Nach 13 Jahren war es dann aber auch mal gut. Nach so einer langen Zeit schleicht sich ein gewisses «ich habe schon alles gesehen»-Denken ein. Dann ist ein guter Zeitpunkt zum Rücktritt.
Nach meiner Amtszeit ging ich einmal als Zuhörer zu einer Sitzung. Es interessiert mich zwar immer noch, aber ich habe wirklich sehr gelitten. Ich wollte mich wie früher einbringen, aber das durfte ich natürlich nicht. Das werde ich sicher nicht noch mal machen.
Nau.ch: Sie kandidieren bei den kommenden Wahlen für den Nationalrat. Sollten Sie gewählt werden, wie könnten Sie sich für die Gemeinde stark machen?
Valentin Lagger: Es gibt viele Sachen, die auf nationaler Ebene beschlossen werden, die auch Auswirkungen auf die Gemeinde Köniz haben. Beispielsweise der öffentliche Verkehr Tram: Einiges wird auf nationaler Ebene beschlossen, weil der Bund auch einen grossen Teil davon finanziert.
Dort kann man sich für eine logische und koordinierte Verkehrspolitik einsetzen. Eine solche umzusetzen, haben wir in Köniz bisher leider nicht geschafft. Leider hat Köniz das Tram Köniz-Ostermundigen abgelehnt, obwohl das Geld vom Bund bereitgestanden hätte. Das finde ich sehr schade, denn das hätte viele Kapazitätsprobleme gelöst. Wir Könizer haben da eine Chance verpasst.
Vor allem aber stört mich, dass es meiner Meinung nach im Abstimmungskampf sehr viele wirre Argumentationen gab und teils auch nicht ganz die Wahrheit gesagt wurde. Unter den Parteien entstand ein Streit, weil der ehemalige Gemeindepräsident erzählte, dass wenn man dem 10er-Tram nicht zustimmt, auch das 9er-Tram nicht verlängert werden würde. Wie wir heute wissen, war das nicht wahr.

Nau.ch: Diese Geschichte hat sie merklich gestört.
Valentin Lagger: Ja, das würde ich gerne verbessern. Aber es gibt in Köniz noch andere Themen, die man dringend angehen muss. Ich vermisse eine koordinierte Finanzpolitik.
Bald wird ja ein zweites Mal über eine Steuererhöhung abgestimmt. Meiner Meinung nach versucht man dabei viel zu sehr mit schmerzenden Beispielen zu argumentieren, statt eine logische und sinnvolle Finanzpolitik zu machen.
Beispielsweise drohte man bei der letzten Ablehnung der Steuererhöhung mit der Schliessung der Badi. Das ist lächerlich. Die Badi kostet unter anderem wegen des Personals. Und man kann doch für die Sanierung des nächstjährigen Budgets nicht einfach so Leute entlassen. Zusätzlich würden die Rückbaukosten möglicherweise sogar die des Erhalts übersteigen.
Nau.ch: Da Sie aber immer hier waren, muss es Ihnen ja doch gefallen?
Valentin Lagger: Ich finde es hier super. Ich klage hier auf sehr hohem Niveau. Klar könnte es immer noch besser sein, aber Köniz ist eine sehr attraktive Gemeinde.
Köniz hat es über all die Jahre geschafft seine einzigartige Diversität zu erhalten. Aus meiner Sicht ist Köniz eine sehr lösungsorientierte Gemeinde.
Gerade auch in der Politik arbeiten hier alle von links bis rechts zusammen. Beispielsweise organisierte man für die damalige Könizer Gemeinderätin Simonetta Sommaruga, als diese 2003 in den Ständerat gewählt wurde, einen Apéro und informierte die Fraktionspräsidenten.
Dabei ging Peter Schori (damals SD) vergessen und so tauchte er ohne Geschenk bei der Sitzung auf.
Und weil Schori wusste, dass Sommaruga regelmässig an seinem Bauernhof vorbeispazierte, versprach er ihr, ihr jedes Mal ein Ei zu schenken. Das zeigt – man kennt und schätzt sich. Das macht Köniz aus.