Köniz: SP, Grüne und GLP säubern Abstimmungsbüchlein
Köniz hat einst Ja gesagt zur Spez-Sek Lerbermatt: Diese und weitere Infos stehen aber nicht im Abstimmungsbüchlein für den 19. November. Grund: Nicht genehm.
Das Wichtigste in Kürze
- Köniz bietet als einzige Berner Gemeinde eine Spez-Sek für 7./8.-Klässler am Gymer an.
- Am 19. November wird Köniz darüber abstimmen, ob dieses Angebot erhalten bleibt.
- Das offizielle Abstimmungsbüchlein müsste das Stimmvolk eigentlich neutral informieren.
- Aber am Montagabend wurde im Könizer Parlament munter zensiert.
Heute können schulisch begabte Kinder in der 7. und 8. Klasse den sogenannten Spez-Sek-Unterricht besuchen.
Das können sie in durchmischten Klassen der Oberstufenschulen der Gemeinde Köniz tun. Oder – und das ist eine Spezialität der Gemeinde Köniz – in einer Spez-Sek-Klasse im Gymer Lerbermatt.
Nicht schon bei Kindern Eliten schaffen
Köniz führt also den einstigen Untergymer weiter. Einfach unter anderem Namen.
Linken und Grünen ist das ein Dorn im Auge.
Sie wollen gleiche Chancen für alle und darum eine Schulzeit, die möglichst lange möglichst durchlässig ist. Die frühe Elitenbildung hingegen zementiert.
Powerplay nach dem Prinzip «Streichen, was uns nicht passt»
Doch diese sinnvolle politische Auseinandersetzung wurde am Montagabend im Könizer Parlament nicht geführt.
Stattdessen servierten SP, Grüne und die Mehrheit der GLP eine Flut von 20 Textanpassungen im Abstimmungsbüchlein – dies nach dem Prinzip «Was uns nicht ins Konzept passt, wird gestrichen!»
Gesäubert wurde ganz besonders im ersten Kapitel «Das Wichtigste in Kürze».
Neu darf nicht daran erinnert werden, dass das Könizer Stimmvolk am 21. Mai 2000 Ja gesagt hat zur Spez-Sek-Lerbermatt.
Dafür wird eingefügt, dass «auch die Schulleitungen der Gemeinde Köniz und die Schulkommission sich klar für eine Stärkung des Spez-Sek-Angebotes an den Oberstufenschulen und die Schliessung der Klassen an der Lerbermatt ausgesprochen» haben.
Dass da Eigeninteresse im Spiel ist, bleibt unerwähnt.
«Bitte keine Fotos, Tonaufnahmen oder Posts!»
Nicht erfahren dürfen Stimmbürgerinnen und -bürger zudem, dass an der Lerbermatt «auch ein direkter Erfahrungsaustausch mit Gymnasiastinnen und Gymnasiasten möglich ist».
Dass an der Lerbermatt wie vom Gemeinderat und der Geschäftsprüfungskommission vorgeschlagen «in allen Fächern ausschliesslich auf dem Spez-Sek-Niveau unterrichtet wird» musste nach einer skurrilen Debatte darüber gestrichen werden, ob das auch für Sport und Handarbeit gelte.
Geschlagene zweieinhalb Stunden dauerte das Ganze.
Schliesslich ergriff das Bedürfnis nach Intransparenz sogar die Ratspräsidentin. Sie bat das Publikum auf der gut besetzten Tribüne, nicht zu fotografieren, keine Tonaufnahmen zu machen «und bitte auch keine Posts auf Social Media» .
Rotes Tuch Bildungsvorsteher und «Mister Spez-Sek» Kohler
Nicht hilfreich für die Debatte war, dass Gemeinderat Hans-Peter Kohler, Vorsteher der Bildungsdirektion, zwar für «Sachlichkeit und Unparteilichkeit» plädierte, aber vor seiner Amtszeit unter anderem jahrelang «Präsident der IG pro Lerbermatt» war und als «Mister Spez-Sek» galt.
Vielleicht konnte er deshalb das Parlament nicht davon abbringen, gegen seinen Willen den Satz einzufügen: «Damit stellt Köniz als letzte Gemeinde im Kanton das Volksschulangebot im Umfeld des Gymnasiums ein.»
Das könnte Köniz erst nach einem Nein an der Urne tun. Eine Abstimmungsbotschaft ist kein Wunschkatalog.