Guggenbühl zur Bellerivestrasse: «Stadtrat provoziert Verkehrschaos»
Pia Guggenbühl, Co-Präsidentin IG Bellerue und Gemeinderätin in Küsnacht ist gegen eine zweispurige Bellerivestrasse. Sie kritisiert den Alleingang der Stadt.
Das Wichtigste in Kürze
- Guggenbühl ist gegen einen Test für zwei Spuren auf der Bellerivestrasse ab April 2021.
- Sie begrüsst die Förderung des Veloverkehrs, befürchtet aber ein Verkehrschaos.
- Die Leidtragenden sind für Guggenbühl die Anwohner der anliegenden Quartiere.
Seit Jahrzehnten tobt ein ideologischer Streit über die Verkehrspolitik im Kanton Zürich. Statt die unterschiedlichen Verkehrsträger intelligent zu kombinieren, werden diese gegeneinander ausgespielt. Aktuell zeigt sich dies an der Bellerivestrasse. Die zentrale Verbindungsachse am rechten Seeufer, zwischen Bellevue und Tiefenbrunnen, soll von vier auf zwei Spuren reduziert werden. Dafür soll es beidseitig je einen Velostreifen geben. Der Zürcher Stadtrat hat einen sechsmonatigen Test ab April 2021 beschlossen.
Verbindung Seeufer mit Stadt
In Zeiten, wo der Klimawandel immer spürbarer wird, ist die Förderung des Veloverkehrs an sich begrüssenswert. Mit dem Spurabbau werden Autos jedoch einfach in andere Gebiete und auf Quartierstrassen umgeleitet. Leidtragende sind Anwohnerinnen und Anwohner, die mit Mehrverkehr leben müssen. Für Pendlerinnen und Pendler, Handwerker, Zulieferer sowie den Busbetrieb bedeutet es Zeitverlust. Während es am linken Seeufer zwei Parallelrouten gibt, einerseits die Autobahn, andererseits die Seestrasse, ist die Bellerivestrasse am rechten Seeufer die zentrale kantonale Hauptverkehrsachse. Sie verbindet das ganze rechte Seeufer mit der Stadt und ist wie eine Hauptschlagader für die Wirtschaft – und diese will der Stadtrat nun mit einem Spurabbau verengen, ohne Alternativen zu öffnen.
Zweispuriger Stau
Bereits heute kommt es – nicht zuletzt infolge des Spurabbaus am Bellevue – besonders am Morgen zu einem zweispurigen Stau. Mit dem Testbetrieb fällt die Rolle der Bellerivestrasse als effizienter Zubringer vollständig weg. Die Folgen sind lange Wartezeiten und ein Rückstau bis in die Seegemeinden. Das führt unausweichlich zu Ausweichverkehr, den alle anliegenden Stadtquartiere spüren werden. Betroffen dürften nicht nur das Riesbachquartier mit Dufour- und Seefeldstrasse sein, sondern auch die Quartiere Weinegg, Hirslanden bis Zollikerberg und Forch. Das Verkehrschaos ist vorprogrammiert.
Nicht auf Ideen eingegangen
Doch für eine Gesamtbetrachtung der Verkehrssituation hat der Stadtrat und insbesondere der Tiefbauamt-Vorsteher Richard Wolff kein Gehör. Die von uns eingebrachten Ideen wie See- oder Stadttunnel, eine Velohochstrasse oder eine attraktive Veloroute über die Dufourstrasse wurden ohne darauf einzugehen abgeschrieben. Auch eine Lösung für den Verkehrsknotenpunkt Bellevue bleibt Tiefbau-Vorsteher Wolff weiterhin schuldig.
Stadtrat im Alleingang
Stattdessen probt der Stadtrat den verkehrspolitischen Alleingang: Er hat den geplanten Versuchsbetrieb weder mit den Seegemeinden noch nicht mit dem Kanton abgestimmt. Auch foutiert er sich um einen demokratischen Entscheid: Mit dem Gegenvorschlag zur Anti-Stau-Initiative hat die Stimmbevölkerung des Kantons Zürich 2017 beschlossen, dass eine Verminderung der Leistungsfähigkeit einzelner Strassenabschnitte im umliegenden Strassennetz mindestens auszugleichen ist. Die Leidtragenden sind nun die Anwohnerinnen und Anwohner der anliegenden Quartiere, das Gewerbe und alle, die zwingend auf den motorisierten Individualverkehr angewiesen sind.