Aargauer Literaturhaus Lenzburg: Literatur in Zeiten von Corona
Im Aargauer Literaturhaus Lenzburg finden Lesungen, Gespräche sowie auch verschiedene Workshops statt. Derzeit werden die Anlässe auch online übertragen.

Im Aargauer Literaturhaus in Lenzburg finden regelmässig öffentliche Lesungen und Gespräche statt. Aber auch Workshops im Bereich Lesen und Schreiben für Erwachsene, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene werden angeboten.
«Begabte Kinder und Jugendliche fördern wir in besonderen Programmen», sagt Bettina Spoerri, Geschäftsleiterin und Kuratorin des Literaturhauses. «Wir bieten Lehrenden und Schulen Lesungen und Kurse im Bereich Literatur an.»

In die Residenz des Literaturhauses, dem Atelier Müllerhaus, werden Schriftsteller/innen aus dem Ausland zum konzentrierten Arbeiten eingeladen. Dies dient auch der Vernetzung mit dem Schweizer Literaturbetrieb, was für beide Seiten eine grosse Bereicherung bedeutet. Und auch für Autor/innen, Übersetzer/innen, Interessierte sowie Fachleute werden Anlässe organisiert.
Corona noch immer spürbar
Angesprochen auf die vergangenen Corona-Monate sagt Bettina Spoerri: «Das war und ist die allergrösste Herausforderung. Diese bringt uns an die Grenzen des Machbaren und Bewältigbaren.»

Trotz Lockdown sollten Literatur vermittelt und Autor/innen gefördert werden. Deshalb hat das Aargauer Literaturhaus innert weniger Tage mehrere Online-Projekte auf die Beine gestellt. So etwa die Tagebücher von Dorothee Elmiger, Monica Cantieni und Peter Stamm, die wochenlang täglich digital verbreitet wurden. Ebenso der Fortsetzungsroman, die Carte Blanche-Texte von Autor/innen rund um die Welt oder das Literaturquiz.
«Ich habe jeden Tag auf YouTube ein Buch aus meiner Bibliothek zu Hause vorgestellt. Das Publikum und die Autor/innen waren uns dafür sehr dankbar», sagt Bettina Spoerri.

«Seit Veranstaltungen wieder möglich sind, arbeiten wir bis an unsere physischen Grenzen. Mit unserem kleinen Team müssen wir aus Platzgründen viele Veranstaltungen extern durchführen. Ich beobachte, dass die Leute heute – verständlicherweise – viel zurückhaltender sind, zu Veranstaltungen zu kommen.»
Dies schade den Kulturinstitutionen und den Autoren nun zusätzlich. «Es ist eine traurige Situation.»
Grossartige Anlässe geben Energie
Trotz der derzeit nicht leichten Situation findet Bettina Spoerri Freude an ihrem Beruf. «Wenn Projekte wie das Buch «Schwellenzeit» innert kurzer Zeit zustande kommen, wenn Träume wahr werden, bin ich glücklich. Das ist ein schöner Lohn für die grosse Anstrengung und die Ängste und das Bangen.»

Riesige Freude bereitet Spoerri auch, dass manche das Videoabo des Aargauer Literaturhauses lösen und sich die Veranstaltungen online ansehen. «Wir lassen nämlich zurzeit alle Veranstaltungen filmen.» Ganz viel Freude und Energie geben zudem die Auftritte der Autoren, welche das Publikum seit Ende August wieder erleben darf.
Und welcher Anlass ist in den vergangenen Jahren in besonderer Erinnerung geblieben? «Sternstunden gab es bisher schon viele. So zum Beispiel das diesjährige Lyrikfestival Neonfische. Die grossartigsten Augenblicke sind jene, in denen es nichts anderes als Literatur gibt.»

Programm im Aargauer Literaturhaus
Bis Ende Jahr stehen im Aargauer Literaturhaus noch einige Programmpunkte an: Am 21. Oktober ist Autor Michael Stavaric zu Gast. Sein neustes Buch «Fremdes Licht» ist eine Art Science-Fiction-Roman, der zugleich in die Vergangenheit eintaucht. Der Roman ist Grönland und dem Leben der Inuit gewidmet.
Johanna Lier liest am 25. Oktober aus ihrem Roman rund um eine weitreichende, spannende Familienrecherche. Lukas Bärfuss gastiert am 28. Oktober im Aargauer Literaturhaus.

Im November stellen drei Schweizer Autoren, die im Aargau leben, ihre neuen Romane vor: Christian Haller (4. November), Rolf Lappert (10. November) und Urs Faes (18. November).
Am 15. November erzählt Katja Oskamp witzig-tiefgründige Geschichten aus dem Leben einer Fusspflegerin.

Literatur ist in heutiger Zeit immens wichtig
In den letzten Jahren durfte Bettina Spoerri viele interessante Autor/innen einladen. Darunter Péter Nádas oder Barbara Honigmann.
Der Geschäftsleiterin fallen aber auch Autoren ein, die sie gerne mal einladen würde: «Ein Gespräch und eine Begegnung mit Jonathan Franzen würden mich interessieren. Ebenso mit Annie Proulx und Daniel Mendelsohn.»

In der schwierigen Situation mit Covid-19 sind Literatur und Kunst laut Spoerri das Beste, das es gibt. «Sie hilft uns, den Kopf zu weiten, die Fantasie wandern zu lassen, Empathie zu empfinden. Das ist in der heutigen Krise, wo es mental zuweilen sehr eng wird, immens wichtig.»
Im Aargauer Literaturhaus in Lenzburg – sowie über Onlinevideos – werden Begegnungen und Anregungen zu neuen Denkräumen geboten. «Wir brauchen die Künstler/innen, die Schriftsteller/innen, aber sie brauchen auch uns, als Lesende und Reagierende.»