Schaffhauser Kantonsrat will Transparenz-Regeln lockern
Parteien und Abstimmungskomitees im Kanton Schaffhausen sollen ihre Kassen doch nicht gänzlich offenlegen müssen.
Die 2020 angenommene Transparenz-Initiative der Juso soll «offener» umgesetzt werden. Der Kantonsrat stellte sich am Montag in erster Lesung mehrheitlich grundsätzlich hinter eine entsprechende Motion.
Die Debatte über die Motion «Mehr Transparenz, aber mit Augenmass» von Christian Heydecker (FDP) war bereits vor zwei Wochen aufgenommen, dann aber aus Zeitgründen vertagt worden.
Auf die Motion und auf den damit verbundenen Vorschlag des Regierungsrates, wie die Juso-Transparenz-Initiative umgesetzt werden soll, wollte unter anderem die SP gar nicht erst eintreten. Denn damit würde die Transparenz-Initiative ausgehebelt, sagte Matthias Freivogel. Dies sei ein «krass undemokratischer Vorgang».
Es werde nun über eine ganz andere Transparenz-Lösung debattiert, hielt auch Gianluca Looser (junge Grüne) fest. Der Kantonsrat höhle den Abstimmungstext aus.
Dem Kantonsrat wird undemokratisches Vorgehen vorgeworfen
Auch aus Teilen der GLP kam Kritik auf: «Es ist ein Unding, einen Verfassungsartikel anpassen zu wollen, der erst kürzlich angenommen und noch nicht einmal umgesetzt wurde», sagte Mayowa Alaye. Wenn dem Kantonsrat dieser Artikel nicht gepasst hätte, hätte er schon damals einen Gegenvorschlag zur Juso-Initiative erarbeiten müssen.
Regierungspräsidentin Cornelia Stamm Hurter (SVP) wies den Vorwurf des undemokratischen Vorgehens von sich. Der Regierungsrat habe versucht, die offensichtlichen Mängel der Initiative zu korrigieren.
Und bereits in ihrer schriftlichen Stellungnahme hatte die Regierung festgehalten, dass trotz Lockerung die Forderung nach mehr Transparenz bei der Herkunft der finanziellen Mittel bei Wahl- und Abstimmungskämpfen ja dennoch umgesetzt werden soll.
Es sei nichts Undemokratisches daran, wenn den Stimmbürgern erneut die Möglichkeit zu einer Abstimmung gegeben werde, konterte auch die bürgerliche Seite, die die Mehrheit stellt. Der Antrag auf Nichteintreten scheiterte dann auch wenig überraschend mit 32 zu 24 Stimmen.
Verfassungsartikel sei zu eng formuliert
Die an der Urne angenommene Juso-Initiative hatte einen neuen Artikel in der Kantonsverfassung verlangt, der sehr detailliert vorschreibt, wer seine Finanzen und Interessenbinden offenlegen muss. Der Verfassungsartikel sei zu eng formuliert und biete keinen Handlungsspielraum für eine sachgerechte Lösung, hielt Heydecker in seiner Motion fest. Er forderte eine offenere Formulierung.
Die Juso-Transparenzregeln wären die strengsten im ganzen Land, hielt der Regierungsrat in seinem Bericht fest. Sie liessen sich nicht oder nur mit beträchtlichem Aufwand umsetzen. Für den kleinen Kanton sei eine «pragmatische, einfach umsetzbare Lösung» gefragt.
So sollen nun beispielsweise nur Personen, Parteien, Vereine und Unternehmen ihre Finanzen offenlegen müssen, die für eine Abstimmungs- oder Wahlkampagne mehr als 10'000 Franken ausgeben. Und dies beschränkt auf Kanton und grössere Gemeinden. In Gemeinden mit weniger als 3000 Einwohnern soll diese Offenlegungspflicht nicht gelten.
Unzufrieden mit der politischen Entwicklung zur Transparenz-Initiative
In erster Lesung stellte sich der Kantonsrat mehrheitlich hinter die Motion und hinter die vom Regierungsrat vorgeschlagene Umsetzungsvariante. So scheiterten am Montag, 12. September 2022, insbesondere Anträge von linker Seite, doch wieder gewisse Verschärfungen aufzunehmen.
So fand beispielsweise der Antrag der SP, alle anonymen Spenden explizit zu verbieten, mit 21 zu 33 Stimmen keine Mehrheit. Das Geschäft geht nun in die zuständige Kommission zurück, die es für die zweite Lesung bereinigt.
Juso, SP, Grüne und junge Grüne zeigten sich mit der politischen Entwicklung zur Transparenz-Initiative seit längerem unzufrieden. Sie reichten deshalb bereits im Februar eine «Umsetzungsinitiative» ein, damit der ursprüngliche Vorstoss an die Hand genommen wird.
Dieser Initiative will der Regierungsrat nun den Umsetzungsvorschlag der Motion Heydecker als Gegenvorschlag gegenüberstellen. Die Schaffhauser Stimmberechtigten dürften damit am Ende über die Ausgestaltung der Transparenzregeln befinden können.