Zehn Jahre nach dem Scheitern des Geothermieprojekts in St. Gallen wird das Interesse an der Energiequelle in der Tiefe wieder konkreter.
geothermie
Geothermie ist in der Erde gespeicherte Wärme. (Symbolbild) - keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Geothermieprojekts in der Stadt St. Gallen wurde wegen eines Erdbebens eingestellt.
  • Nun wird es wiederaufgenommen und soll die Energieversorgung fördern.
  • Die Energie Thurgau AG hat für die Gewinnung von Tiefenwärme bereits konkrete Pläne.
  • Für die Energienutzung gibt es jedoch auch noch andere Vorschläge.

Mit einem Erdbeben wurde am 20. Juli 2013 die Vorreiterrolle der Ostschweiz in der Geothermie beendet. Das ambitionierte Projekt in der Stadt St. Gallen musste kurz darauf eingestellt werden.

Von den Plänen blieb nur das Bohrloch «GT-1» mit einer Tiefe von 4450 Metern übrig, das seither versiegelt ist.

Wenig später wanderten auch die noch nicht sehr konkreten Pläne der Energie Thurgau AG für die Gewinnung von Tiefenwärme in der Region zwischen Arbon, Romanshorn und Amriswil in die Schublade.

Die Vorteile, die für die Geothermie sprechen, gelten heute noch

Auch von einem weiteren Vorhaben im Thurgau, demjenigen der Geo-Energie Suisse AG in Etzwilen, war bald nichts mehr zu hören. Das Unternehmen konzentriert sich seither auf ein Projekt in Haute-Sorne im Kanton Jura. Die Vorteile, die damals für die Geothermie sprachen, gelten allerdings auch heute noch.

Damit lasse sich ein grosser Teil der aktuellen Energieprobleme lösen, stellte etwa Meinrad Gschwend, Fraktionschef der Grünen im St. Galler Kantonsrat, in einem aktuellen Vorstoss fest.

Doch die Wärmequellen im Untergrund würden kaum genutzt. Dies könnte sich bald ändern. Konkrete Pläne für einen neuen Anlauf gibt es im Thurgau.

«Thurgauer Energienutzung aus dem Untergrund 2030»

Am 18. Juni 2023 bewilligten dort die Stimmberechtigten eine Sammelvorlage zur Verwendung der Mittel aus der Teilprivatisierung der Thurgauer Kantonalbank (TKB).

Damit können nun 20 Millionen Franken für das Projekt «Thurgauer Energienutzung aus dem Untergrund 2030» eingesetzt werden. In einem ersten Schritt sollen nun Daten über den Untergrund des Kantons gesammelt werden.

Dort, wo die Gewinnung der Tiefenwärme am aussichtsreichsten erscheint, sind danach genauere Untersuchungen vorgesehen.

Probebohrungen um das Jahr 2030

Liegen diese Grundlagen vor, könnten um 2030 Probebohrungen stattfinden. Das Ziel ist ein Geothermie-Kraftwerk. Noch keine solchen Bestrebungen gibt es im Kanton St. Gallen.

Dort fehlen allerdings auch grosse Projekte mit anderen Energiequellen. Die Regierung versucht nun, die Nutzung der Windkraft voranzutreiben. Die bürgerlichen Fraktionen verlangen hingegen genauere Abklärungen für ein Flusskraftwerk am Alpenrhein bei Sargans.

Sehen Sie in der Windkraft viel Potenzial für die Energiegewinnung der Schweiz?

Konkrete Pläne für grosse Solaranlagen, wie sie einmal am Walensee angedacht waren, gibt es momentan nicht.

Möglichkeiten für eine aktive und fördernde Rolle

Für Gschwend birgt vor allem die Nutzung der Geothermie in mittleren Tiefen ein grosses Potenzial: Thermische Netze könnten Siedlungen mit erneuerbarer, CO2-freier, bei jedem Wetter und über das ganze Jahr hinweg kontinuierlich mit Wärme versorgen.

Dies wäre ein entscheidender Beitrag «zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in Städten und Agglomerationen».

In seinem Vorstoss will der Parlamentarier von der Regierung wissen, was sie in den letzten Jahren in der Thematik Geothermie unternommen habe und ob sie Möglichkeiten sehe, «eine aktive und fördernde Rolle einzunehmen».

Weiter schlägt er «Erkundungsarbeiten» etwa für ein Tiefengeothermie-Kataster vor, wie sie nun im Kanton Thurgau geplant sind.

Neue technische Varianten

In der verhinderten Geothermie-Pionierin, der Stadt St. Gallen, gibt es aus dem Parlament periodisch Vorstösse zu diesem Thema.

So wurde zuletzt etwa gefragt, ob es sich wegen der gestiegenen Energiepreise nicht doch lohnen würde, das in der Tiefe entdeckte Erdgasvorkommen abzubauen.

Grundsätzlich hat sich der Stadtrat zuletzt in einem Bericht zur Geothermie und zum Bohrloch geäussert, der im letzten Januar 2023 im Parlament diskutiert wurde.

Darin wird auf neue technische Varianten verwiesen.

Das Bohrloch solle im aktuellen Zustand belassen werden

Dazu gehörten neben der Nutzung der Gasvorkommen die CO2-Geothermie oder die Einlagerung von CO2 nach neuen technischen Methoden.

All diese Möglichkeiten seien wegen hoher Risiken oder hoher Kosten oder fehlender Projektpartner nicht vertieft geprüft worden, erklärte der Stadtrat.Das Bohrloch, für das eine Bewilligung bis 2029 vorliegt, solle deshalb im aktuellen Zustand belassen werden.

Damit könne die Chance einer Nutzung für die kommende Generation offen gehalten werden, heisst es im Bericht.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

ParlamentRegierungErdbebenFrankenEnergieWetterDaten