Zofingen: «Heiler» mit Attest von coronaskeptischer Ärztin
Ein 70-jähriger Heiler will sich vor seinem Gerichtstermin drücken. Dafür hat der Angeklagte ein Attest einer coronaskeptischen Ärztin eingereicht.

Das Wichtigste in Kürze
- Ein Naturheiler muss sich vor Gericht für Betrug durch nutzlose Therapien verantworten.
- Der 70-jährige Beschuldigte erschien nicht vor Gericht, er meldete sich per Attest ab.
- Der Richter anerkennt das ärztliche Attest nicht, was das Urteil rechtskräftig macht.
Das Bezirksgericht Zofingen AR erwartet am Dienstagmorgen einen Naturheilpraktiker im Gericht. Ihm wird unter anderem mehrfacher versuchter Betrug und mehrfache Widerhandlungen gegen das Heilmittelgesetz vorgeworfen. Der Heiler taucht aber gar nicht erst auf, sein Verteidiger erklärt: «Meinem Mandaten geht es heute nicht gut.»
Der selbsternannte Heiler hat in der Vorwoche ein ärztliches Attest eingereicht, welche seine Verhandlungsunfähigkeit belegen soll. Das Gericht ist jedoch nicht darauf eingegangen, denn das Attest stammt von einer fragwürdigen Ärztin. Diese hat während der Coronapandemie für 20 Franken Maskenatteste verkauft.
Dem 70-Jährigen aus Kölliken wird per Strafbefehl mehrfachen versuchten Betrug und mehrfache Widerhandlung gegen das Heilmittelgesetz vorgeworfen. Das Gericht stützt sich vor allem auf zwei Fälle:
Einer der Vorfälle ereignete sich im Januar 2020. Zusammen mit ihrem damals neunjährigen Sohn sucht eine Mutter den Naturheilpraktiker in seiner Praxis auf. Durch eine sogenannte Irisdiagnose soll eine potenzielle Erkrankung durch eine Analyse der Iris abgelesen werden. Die Methode ist nicht belegt.
Der Arzt will dadurch jedoch erkennen, dass der Junge Autist ist. Mittels Tröpfchen will er die «durch Impfungen verursachte Entzündung» heilen können.

Für die Konsultation und Rechnung verlangt der 70-Jährige 322,75 Franken. Die verkauften Tröpfchen sind als Heilmittel nicht zugelassen und gemäss Strafbefehl können sie sogar gesundheitsgefährdend sein.
Beim zweiten Vorfall gab sich ein verdeckter Ermittler knapp ein Jahr nach dem ersten Vorfall als Patient aus. Er leide unter Multipler Sklerose und suche Behandlungsmöglichkeiten.
Auch hier wurde wieder eine Irisdiagnose durchgeführt, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet. Als Therapie wurde zu fünf bis sieben Darmspülungen geraten. Für «nur» 3000 Franken könne der Mann wieder gesund werden.
Nutzlose Therapien
Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Der Heiler habe um die Nutzlosigkeit seiner Therapien gewusst oder sie zumindest in Kauf genommen. Der Beschuldigte habe weder eine Zulassung zur Abgabe von Arzneimitteln, noch sei er im nationalen Register der Gesundheitsberufe eingetragen.
Da der Beschuldigte der Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben sei, werde der Strafbefehl rechtskräftig. Der Heiler könnte den Entscheid des Richters über das ärztliche Attest vors Obergericht weiterziehen. Dann müsste das Bezirksgericht Zofigen den Heilpraktiker anhören.