Zürcher Gemeinderat lässt «Critical Mass» bewilligungslos rollen
Der monatliche Velo-Event «Critical Mass» soll weiterhin ohne vorgängige Organisation über die Strassen der Stadt Zürich rollen.
Die Freisinnigen hätten nichts gegen Demonstrationen, hielt Martina Zürcher in der Debatte am Mittwochabend fest. Aber es gebe Rahmenbedingungen, die einzuhalten seien.
Die «Critical Mass», eine weltweite Bewegung, findet jeden letzten Freitag im Monat statt. Velofahrende treffen sich und fahren anschliessend los – dies ohne Plan, die an der Spitze Fahrenden entscheiden spontan über den einzuschlagenden Weg.
Die Teilnehmenden verstehen sich als ein einziges langes Fahrzeug: Die Spitze des Umzugs hält an einem Rotlicht an, bei Grün fährt sie los – und ihr folgen alle Teilnehmenden, auch wenn die Ampel zwischenzeitlich die Farbe wechselt. Bei mehreren tausend Personen, wie sie in Zürich zusammenkommen, kann dies etwas dauern.
Das Verkehrsnetz werde für Stunden lahmgelegt
So werde monatlich das Verkehrsnetz für Stunden lahmgelegt, hielt FDP-Gemeinderätin Zürcher fest. Indem die Organisatoren um eine ordentliche Bewilligung nachsuchen sollen und im Bewilligungsverfahren eine offizielle Route festgelegt würde, könnte der immer beliebter werdende Massenanlass ohne grössere Beeinträchtigungen der zentralen Verkehrswege durchgeführt werden.
Die SVP konnte sich nicht hinter diesen Vorstoss stellen – für sie ist die «Critical Mass» ein rotes Tuch. Diese «rollende Party» sei ein perfekt organisiertes Velo-Happening, das aber illegal sei und unterbunden werden müsste, sagte Susanne Brunner. «Zürich soll als Stadt funktionieren können – wer den Verkehr sabotiert, muss gestoppt werden.»
Den Vorstoss lehnten auch linke Parteien ab – aber aus anderen Gründen. Denn hinter der «Critical Mass» stehen offiziell gar keine Organisation und keine Organisatoren.
Spontanes, grosses Verkehrsaufkommen von Velos
Die Bewegung versteht sich als «spontanes, grosses Verkehrsaufkommen von Velos». Indem viele Teilnehmende gemeinsam losradeln, würden sie eine kritische Grösse erreichen und so für einmal dem motorisierten Verkehr auf Augenhöhe begegnen.
Es handle sich um kein Spass-Happening und keine Demo, sagte deshalb auch Urs Riklin (Grüne). Es sei ein «gemeinsames Velofahren». Die Teilnehmenden wollten zeigen, dass sie Teil des Verkehrs seien.
Bereits in früheren Debatten hatten unter anderem die Grünen den Anlass verteidigt: Schliesslich würden Autostaus auch täglich in Kauf genommen, ohne dass die Pendler um eine Demobewilligung nachsuchen müssten, hielt etwa Markus Knauss vor einem Jahr fest.
So fand das FDP-Postulat, mit dem der Stadtrat ersucht werden sollte, darauf hinzuwirken, dass für die monatliche «Critical Mass» jeweils um eine ordentliche Bewilligung ersucht wird, keine Mehrheit. Der Gemeinderat lehnte es an seiner Sitzung vom Mittwochabend mit 74 Nein- zu 44 Ja-Stimmen ab.