Pumuckl-Zeichnerin wird 80 - «Ich habe wirklich Zwerge gesehen»
Sie schenkte dem kleinen Kobold Pumuckl das unverwechselbare Aussehen mit dem kurzen Hemdchen und den roten Strubbelhaaren: Barbara von Johnson ist die «optische Mutter» des Klabautermannes. Am 16. März wird sie 80 Jahre alt.
Sie war 21 Jahre alt und hatte gerade an der Akademie für das Grafische Gewerbe München ihr Studium begonnen, als die Autorin und Erfinderin des Pumuckl, Ellis Kaut (1920-2015), nach den ersten Hörspielen von «Meister Eder und sein Pumuckl» einen Wettbewerb zur Visualisierung ihres Kobolds ausrief: Der unsichtbare Quälgeist sollte wenigstens gelegentlich sichtbar werden. Von Johnson gewann mit ihrem Entwurf. Seit 59 Jahren ist sie so mit dem Kobold vereint.
Sie habe eine «Synchronizität mit dem Prinzip Pumuckl», sagt sie. «Ich bin auch gerne barfuss gelaufen, fühlte mich am wohlsten mit verstrubbelten Haaren und ein Bäuchlein hatte ich wegen meinem Hohlkreuz.» Aber am liebsten habe sie die Menschen um sich herum zum Staunen bringen und Unsichtbares sichtbar machen wollen.
Schon früh beginnt von Johnson mit dem Zeichnen. Um den Kummer in der Familie in der Nachkriegszeit zu ertragen, schafft sie sich ein Parallel-Universum, malt und dichtet sich ihre eigene heile Welt.
Mit ihrer Schwester durchstreift sie die Wälder im Isartal. Gnome und Zwerge schienen dort zu leben. «Ich habe wirklich Zwerge gesehen.» Und die finden sich dann auch früh in ihren Zeichnungen. «Ich kenn mich aus in der Geisterwelt. Drum ist mir auch der Pumuckl so gut gelungen.» Der damit wohl nicht nur ein Nachfahre der seefahrenden Klabautermänner ist, sondern auch der Gnome aus der Pupplinger Au bei Wolfratshausen südlich von München.
Mit 17 Jahren wird von Johnson Schülerin des österreichischen Künstlers Oskar Kokoschka. Nach ihrer grafischen Ausbildung wandert sie für zwei Jahre nach Südafrika aus. Später arbeitet sie als Kinder- und Schulbuchillustratorin, als freie Künstlerin und Kunsttherapeutin. Und sie zieht drei Söhne gross.
Von Johnsons Arbeiten umfassen Malerei, Grafik, Fotografie, bildende Kunst - und sie veröffentlicht Gedichte. Pumuckl blieb freilich ihr mit Abstand bekanntestes Werk. Während der Kobold über Deutschlands Grenzen Kinder in europäischen Ländern wie Spanien und Frankreich und sogar in China begeisterte und seine Autorin Kaut zumindest in Deutschland bekannt war, blieb von Johnson zunächst eher im Schatten.
Ins Rampenlicht rückte sie, als sie um ihre Urheberrechte kämpfte - und schliesslich auch mit Kaut in Streit geriet. Johnson hatte Kinder bei einem Malwettbewerb eine Freundin für Pumuckl zeichnen lassen. Das fand Kaut «unappetitlich». Und so lagen sich die beiden «Mütter» über der Frage in den Haaren, ob ihr Zögling im gereiften Alter von um die 40 mal eine Freundin haben dürfte. Am Ende entschied das Münchner Landgericht: ja. Sogar eine Hochzeit gestanden die Richter ihm zu. Doch dazu kam es nicht. Er blieb Single.
Johnson und Kaut, die 2015 starb, versöhnten sich. Sie habe Kaut eine bunte holzgeschnitzte Biene geschenkt, «weil sie so viel Honig in die Welt gebracht hat», sagte von Johnson einmal.
Bis 1978 zeichnete von Johnson den Pumuckl, dann übernahmen andere Illustratoren seine Gestaltung, wenngleich nach ihrem Vorbild. Dennoch sei er immer in ihrer Nähe geblieben, sagt sie. «Der Pumuckl ist mein treuer Freund, weil er frei ist, Humor hat und tut, was er will.» Vor fünf Jahren zeichnete sie ihn wieder für neue Vorlesebücher des Kosmos-Verlags in Stuttgart.
Auch im Sternzeichen ist von Johnson mit Pumuckl vereint. Geht man davon aus, dass die Ausstrahlung des ersten Pumuckl-Hörspiels im Bayerischen Rundfunk am 21. Februar 1962 zumindest den medialen Geburtstag des Kobolds markiert, dann wäre der Nachfahre der berühmten Schiffsgeister das Sternzeichen Fisch - wie von Johnson. Fröhlich, bunt, aber schwer zu fassen - das würde schon passen für den Kobold, der immer wieder unsichtbar wird.
Heute lebt von Johnson mit einem ihrer Söhne und zwei Enkeln in ihrem Elternhaus in Schwabing. Bis heute arbeitet sie in ihrem Atelier, gibt Malkurse und bereitet Ausstellungen vor.
Zu ihrem 80. Geburtstag erfüllt sie sich einen Wunsch: einen Katalog aus allen «Jahreszeiten» ihres Lebens. Mit allen Werken, aber ohne Pumuckl. Am Geburtstag selbst werde sich die ganze Familie treffen. «Ich bin beschenkt», sagt sie. «Das Wichtigste ist Dankbarkeit.»