All that Jazz ... aus Deutschland, Italien und England

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Deutschland,

Jazz ist eigentlich ur-amerikanisch, aber was heisst das schon. Charme, Schönheit und Ambition des europäischen Jazz repräsentieren neue Platten des Hot Club d’Allemagne, des Trios von Marco Bardoscia aus Italien und der Briten GoGo Penguin.

Hot Club d'Allemagne empfinden ihr neues Album wie eine Art Debüt. Foto: Guido Werner/dpa
Hot Club d'Allemagne empfinden ihr neues Album wie eine Art Debüt. Foto: Guido Werner/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Jazz ist ursprünglich eine ur-amerikanische Musik, aber was heisst das schon.

Neue Alben aus Deutschland, Italien und Grossbritannien bilden typisch europäische Jazz-Spielarten voller Charme und Selbstbewusstsein ab.

So stammt das Quartett HOT CLUB D'ALLEMAGNE aus Leipzig und spielt einen schwungvollen «Gypsy Swing», der sich schon im Bandnamen auf Musiker wie Django Reinhardt (Gitarre) und Stéphane Grappelli (Geige) beruft. Deren «Quintette du Hot Club de France» war in den 1930er Jahren das erste nur mit Saiteninstrumenten besetzte Jazz-Ensemble, es begründete ein neues Subgenre.

Schon mit ihrem Studioalbum «Rendez-Vous avec Django Reinhardt» erwies die in Sachsen beheimatete Band einem ihrer Vorbilder die Reverenz. Vor drei Jahren stiessen Gunter Pasler am Kontrabass und Rhythmusgitarrist Franziskus Sparsbrod zum ursprünglichen Kern mit Gitarrist/Komponist Kalle Vogel und Geiger Thomas Prokein.

Die Neuformierung 2017 zog mehr Energie, Professionalität und Intensität nach sich. «Entsprechend empfinden wir das neue Album wie eine Art Debüt, obwohl es schon drei Studioalben der Band gibt», sagt Sparsbrod. «Und weil sich die Platte wie ein Neueinstieg in die Materie 'Hot Club d’Allemagne' anfühlt, haben wir sie nach uns benannt. Sie bildet, wenn man so will, die Essenz unseres Quartetts in neuer Form ab.»

Das selbstbetitelte vierte Album des Hot Club d’Allemagne (Kick The Flame/Brokensilence) wurde in nur drei Tagen live im Studio eingespielt. Vier Stücke komponierte Vogel für die Platte, sie stehen neben Titeln von Django Reinhardt, Walter Donaldson, Dorado Schmitt und Michel Petrucciani. Und obwohl die Herkunft so unterschiedlich ist, klingt dieses Gypsy-Swing-, Tango- und Samba-Jazz-Repertoire wie aus einem Guss.

Zum Umfeld des längst sehr berühmten sardischen Jazz-Trompeters Paolo Fresu (Mare Nostrum) gehört MARCO BARDOSCIA, ein aus der Region Salento (Apulien) stammender Kontrabassist. Auf seinem neuen Album «The Future Is A Tree» (Tuk Music/edel Kultur) spielt der 1982 geborene Musiker einen ambitionierten lyrischen Trio-Jazz mit Pianist William Greco und Schlagzeuger Dario Congedo.

Das erste Stück «Estate» gibt die Richtung vor: Verträumt-verspielte Klaviermelodien und zurückhaltendes Drumming bilden die Basis für Bardoscias virtuose, aber überhaupt nicht effekthascherische Standbass-Läufe. Alle neun Kompositionen stammen aus der Feder dieses zuvor in vielen Kooperationen hervorgetretenen Künstlers. Wer etwa die zarteren Stücke des Tingvall Trios mag, kann hier einiges entdecken.

Das Konzept dieses sehr schönen Albums umkreist die Begriffe Jahreszeiten und Wetter. So ist die insgesamt gut 22-minütige, vierteilige Eröffnungssuite Sommer, Herbst, Winter und Frühling gewidmet, die zweite Hälfte der Platte reflektiert die Auswirkungen des Klimawandels. «The Future Is A Tree», das ist europäischer Jazz mit Köpfchen für sensible Hörer.

Vom Konzept her am wagemutigsten klingt der moderne Piano-Jazz des 2012 in Manchester gegründeten Trios GOGO PENGUIN. Chris Illingworth am Klavier, Nick Blacka am Bass und Rob Turner an den Drums spielen eine Musik, die ihnen schon die Ehrenbezeichung «Radiohead des Jazz» einbrachte oder «Rave-Jazz für die iPhone-Generation»; auch der legendäre Schwede Esbjörn Svensson mit seinem Trio wurde oft als Bezugspunkt der drei Pinguine erwähnt.

Ihr fünftes Album ist nun wieder beim renommierten Label Blue Note erschienen und enthält alle Kennnzeichen des typischen Sounds von GoGo Penguin: minimalistische, ohne solistische Eskapaden auskommende und doch kunstvolle Piano-Melodien, kraftvolle Bass-Linien und ein wuchtiges, auch elektronische Elemente einschliessendes Schlagzeugspiel.

Dass die Platte selbstbetitelt ist, soll womöglich einen Neubeginn zu Beginn des zweiten Jahrzehnts dieser international sehr erfolgreichen Band markieren. Doch im Prinzip schreiben die drei Engländer ihren Stil fort, was für Fans sicher eine gute Nachricht ist. Nach «Fanfares» (2012), «v2.0» (2014), «Man Made Object» (2016) und «A Humdrum Star» (2018) bleiben sich GoGo Penguin treu, alle zwei Jahre ein neues Album mit selbstbewusst europäischem Fusion-Jazz herauszubringen.

© dpa-infocom, dpa:200614-99-420755/3

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