Aus dem Schatten zum Star: Schauspielerin Hosseini im Iran

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Fereshteh Hossein ist Tochter afghanischer Flüchtlinge, eine gefeierte Schauspielerin im Iran – zugleich kämpft sie gegen gesellschaftliche Erwartungen.

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Die Schauspielerin Fereshteh Hosseini auf Instagram. - Instagram/@_fereshtehosseini

«Was wäre, wenn ich du wäre?» Fereshteh Hosseini spricht eindringlich, als würde sie die Frage an sich selbst richten, und doch schwingt darin eine Aufforderung an die Welt mit. Sie, die Tochter afghanischer Flüchtlinge, ist eine gefeierte Schauspielerin im Iran, ein Nachwuchsstar – und zugleich eine Frau, die gegen gesellschaftliche Erwartungen ankämpft. «Ich wollte Respekt gewinnen», sagt sie. Ihre Worte tragen die Last eines langen Kampfes um Anerkennung, gegen die Armut, in der sie aufgewachsen ist, und gegen die Vorurteile, die ihr afghanischer Hintergrund noch immer hervorruft.

Fereshteh ist 27 Jahre alt und verheiratet mit Navid Mohammadzadeh, einem Superstar der iranischen Filmszene. Als sie das Café im Herzen Teherans betritt, trägt sie einen schwarzen Jumpsuit und eine Sonnenbrille, die ihr Gesicht verbirgt und neugierige Blicke abschirmt. In perfektem Englisch erzählt sie von ihrem Weg, ruhig, mit der Wärme einer Persönlichkeit, die ihren Erfolg hart erarbeiten musste.

Erfolg als ständiger Drahtseilakt

Doch mit diesem Erfolg kommen auch neue Einschränkungen. «Man muss vorsichtig sein», erklärt sie, wenn es um ihre Arbeit bei internationalen Filmprojekten geht. Ihre Rollen sind genau abgesteckt, und die Kopftuchpflicht prägt jede Szene, jede Figur, die sie verkörpert. «Das ist das grosse Problem im Moment», sagt sie. «Man kann nur Drehbücher auswählen, die den iranischen Regeln entsprechen.» Viele Projekte habe sie deshalb bereits ablehnen müssen. Als Frau im Iran muss sie stets abwägen, wie weit sie gehen kann. Ihre Karriere ist ein ständiger Drahtseilakt.

Die Proteste vor zwei Jahren, begleitet vom Slogan «Frau, Leben, Freiheit», haben die ohnehin angespannte Situation für Schauspielerinnen im Iran weiter verschärft. Einige Kolleginnen wurden mit Berufsverboten belegt, prominente Filmemacher wie Mohammad Rasoulof haben das Land verlassen. Auch Fereshteh stand vor der Entscheidung, zu gehen: Bei einer Preisverleihung in Marokko für ihren Film «Raftan» vor zehn Jahren wollte sie ursprünglich nicht zurückkehren. Doch sie entschied sich anders. «Es ist mein Zuhause hier», sagt sie heute.

Die unsichtbaren Nachbarn

Iran und Afghanistan sind durch eine komplexe Geschichte verbunden – mit gemeinsamen sprachlichen und kulturellen Wurzeln. Seit Jahrzehnten finden Afghaninnen und Afghanen im Iran Zuflucht vor Krieg oder kommen auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen. Ihre Community ist zu einem festen Bestandteil der Gesellschaft geworden. Oft arbeiten Migranten im Niedriglohnsektor der Grossstädte, auf Baustellen, in kleinen Supermärkten oder als Nannys und Reinigungskräfte – in Bereichen, die viele Iraner meiden.

Auch Fereshtehs Familie floh vor gut 30 Jahren nach Teheran, wo sie geboren wurde. In einem kleinen Vorort schlug sich die Familie mit sieben Kindern durch. «Wir waren eine grosse Familie und hatten kein Geld», erinnert sie sich. Irgendwann wollte sie es allen zeigen – eine Karriere als Schauspielerin, mit Respekt und Anerkennung. «Ich sehe noch vor mir, wie meine Eltern oder meine Schwestern in der Schule oder auf der Strasse behandelt wurden, nur weil wir waren, wer wir sind.» Anfangs waren die Eltern dagegen. «Sie dachten, ich würde sie beschämen.» Inzwischen unterstützen sie ihren Weg.

Hitzige Debatten über Migration

Ähnlich wie in Deutschland entzündet sich auch hier an der Migration eine hitzige Debatte. Nach der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 verliessen Afghaninnen und Afghanen ihr Land in Scharen, viele von ihnen strandeten im Iran. Laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk leben derzeit rund 4,5 Millionen Afghanen in der Islamischen Republik, die selbst knapp 90 Millionen Einwohner zählt. Vorurteile gegenüber Afghanen nahmen immer mehr zu. Im September kündigte das Innenministerium schliesslich an, zwei Millionen Afghanen ohne legalen Aufenthaltsstatus abschieben zu wollen.

Das raue gesellschaftliche Klima kennt Fereshteh gut, ein Muster, das sich mit ihrer wachsenden Bekanntheit auf Social Media fortsetzt. «Früher haben sie mich oft verletzt, aber nicht mehr», sagt sie und erzählt, wie sie gelernt hat, die Online-Angriffe nicht mehr an sich heranzulassen. Inspiration findet sie bei ihrem Ehemann, der sie antreibt und ehrgeiziger macht. «Als ich ihn vor der Kamera sah, dachte ich: Was wäre, wenn ich das auch könnte?»

Mit der Leinwand Brücken bauen

Nach ihrer Heirat erhielt Fereshteh die iranische Staatsbürgerschaft – ein formaler Schritt, denn Iran sieht sie ohnehin auch als ihre Heimat. Doch ihr Blick geht längst über nationale Grenzen hinaus. «Ich möchte zu jemandem werden, der etwas bewirken kann», sagt sie. Ihre letzte internationale Rolle in dem serbischen Drama «Dwelling Among the Gods» habe sie darin bestärkt, grösser zu denken als Schauspielerin. Heute ist die Bühne für sie ein Mittel, um Haltung zu zeigen – gegen die Anfeindungen und für ihre eigene Identität.

Für Fereshteh ist es simpel: «Wir sind einfach Nachbarn.» Das iranische Kino, so sagt sie, könnte helfen, Vorurteile zu durchbrechen und Empathie zu schaffen – eine Chance, die oft ungenutzt bleibt. «Wann immer sie hier einen Film über Afghanen machen wollen, denken sie immer an die schlimmsten Geschichten.» Statt Migranten nur als die Anderen zu sehen, brauche es mehr Verständnis, meint sie. «Alles, was ich sage, ist, dass wir einfach offen für andere Menschen sein sollten» – ein Appell, die Grenzen im Kopf zu überwinden.

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