Das Wunder von Wörgl
Ein Bürgermeister in Tirol erfindet Geld, das jeden Monat weniger wert ist - und sorgt für einen regionalen Wirtschaftsaufschwung. Der Film «Das Wunder von Wörgl» zeichnet die wahren Begebenheiten aus dem Jahr 1932 nach - unaufgeregt und lehrreich zugleich.
Das Wichtigste in Kürze
- Wer würde sein Geld sparen, wenn es jeden Monat einen Prozent seines Werts verliert? Im österreichischen Wörgl stand diese Frage 1932 im Mittelpunkt.
Die Tiroler Gemeinde wagte inmitten einer schweren Wirtschaftskrise ein Experiment - und erfand das Wörgler Schwundgeld.
Die Bürger bemühten sich, die Scheine schnell auszugeben - und kurbelten damit die Wirtschaft mächtig an. 2018 wurde «Das Wunder von Wörgl» verfilmt, am Dienstag (23. April/22 Uhr) zeigt nun das BR Fernsehen diesen etwas anderen Heimatfilm, der gerade mit dem österreichischen Fernseh- und Filmpreis Romy ausgezeichnet wurde.
Wörgl, 1932: Die Weltwirtschaftskrise hat auch Tirol weiter im Griff, die Arbeitslosigkeit ist dramatisch gestiegen, die kleine Gemeinde Wörgl hat kein Geld mehr und der Nationalsozialismus droht sich unter den enttäuschten Bürgern weiter auszubreiten. Bei der Suche nach einer Lösung macht sich Bürgermeister Michael Unterguggenberger (Karl Markovics, 55) Gedanken über den Kern des Geldes. Erst durch die Übereinkunft aller wird das bedruckte Stück Papier zu etwas Wertvollem. Unterguggenberger zieht daraus den Schluss: Die Gemeinde kann einfach eigenes Geld verbreiten.
In der Folge zeigt der Film von Regisseur Urs Egger («Gotthard», «Der Fall Bruckner») und Drehbuchautor Thomas Reider («Stillleben») vor allem, wie der umtriebige Bürgermeister Überzeugungsarbeit leisten muss für seine sogenannten Arbeitsbestätigungsscheine, die ihren Wert mit der Zeit verlieren. Probleme in der Familie (Unterguggenbergers Partnerin: Verena Altenberger, 31), ein Metzger, der sich lieber dem NS-Denken als dem regionalen Experiment hingibt (Andreas Lust, 52), und der nahende Streit mit der Nationalbank sorgen für etwas Spannung in einer sonst simplen Erfolgsgeschichte, die ein jähes Ende findet.
Der Film erzählt all das in einer sehr unaufgeregten Art und Weise, mit ein paar Heimatfilm-Elementen - viel Lokalkolorit bei der Sprache, eine kleine Zither-Einlage, aber glücklicherweise wenig Bergpanorama. Auffällig ist, dass der Film sehr grau daher kommt - sowohl hinsichtlich der Farben als auch der Stimmung. Dass der Bürgermeister wegen seines Versuches vor Gericht landet, wird gleich vorweggenommen. Erfolge sind kaum als solche wahrzunehmen, der nächste Nackenschlag folgt immer sehr schnell. Hollywood hätte hier sicher stärker die Euphorie der Hochs und die Niedergeschlagenheit der Tiefs ausgereizt - aber Wörgl ist eben nicht Hollywood.
«Das Wunder von Wörgl» ist dadurch kein hochemotionaler, aber ein sehr lehrreicher Spielfilm, der in verständlicher Art das Denken über das Wesen des Geldes anregt und das Phänomen von Regionalwährungen ins Licht rückt. Schliesslich ist das Wörgler Schwundgeld nur ein - besonders erfolgreiches - Beispiel solcher Konzepte. Auch heute werden sogenannte Regionalwährungen ausgegeben, ein Beispiel ist etwa der Einbecker Zehner, mit dem die niedersächsische Gemeinde Einbeck die Kaufkraft in der eigenen Stadt halten will. Die Idee aus Tirol - eine eigene Währung, mit der regionale Ziele verfolgt werden - lebt also nicht nur im Film weiter.