Erfolgsautor Kling veröffentlicht mit «Views» politischen Krimi
Marc-Uwe Kling hat sich einen Namen gemacht durch seine erfolgreichen Werke wie das «NEINhorn» oder die «Känguru-Chroniken».
Bekannt ist Marc-Uwe Kling für seine Erfolge mit dem «NEINhorn» oder den «Känguru-Chroniken». Mit «Views» wagt er sich ins Krimi-Fach vor. So viel sei verraten: Spannung kann er auch.
In der Welt von Marc-Uwe Kling geht es gern mal um ein kommunistisches Känguru. Oder auch um ein NEINhorn, das schier endlos mit seinen Kumpels WASbär, NAhUND und der KönigsDOCHter streiten kann. Humorvolle Geschichten wie «Die Känguru-Chroniken» und «Das NEINhorn» haben Kling in allen Altersklassen zum gefeierten Autor gemacht. Nun legt der 42-Jährige mit «Views» seinen ersten Krimi vor. Der spannungsgeladene Polit-Thriller um ein brutales Video, Aufruhr und rechtsextreme Auswüchse erscheint am Donnerstag (27. Juni).
In «Views» erzählt Kling von der Suche nach einer verschwundenen 16-Jährigen. Sie taucht plötzlich in einem brutalen Video im Netz auf. Kling beschreibt auch dies schonungslos. Wohl auch ein Grund, warum «Views» auf dem Einband vor sensiblen Inhalten warnt, «die manche Personen als verstörend empfinden könnten». Es sei hier ergänzt: sehr verstörend.
Explosive Vorwürfe und politische Intrigen
Die Konstellation des Verbrechens aus migrantischen Tätern und deutschem Opfer führt umgehend zu Verdächtigungen und Hetze im Netz, es kommt zu Aufruhr und Gewalt auf den Strassen, Rechtsextreme lassen die Empörung in exzessiven Auswüchsen eskalieren.
Klings ermittelnde Hauptfigur Yasira wird mit politischem Kalkül ausgewählt: «Sie ist die Vorzeigemigrantin. Hauptkommissarin beim BKA.» Der Thriller schildert sie als kluge Frau in einem fähigen Team, der die Brisanz der Lage sofort klar ist. «Schon nach den ersten Sekunden weiss Yasira, dass dieses Video alles verändern wird. Es ist der Tropfen, der Funke, der Zünder. Stefan hat recht. Es ist Sprengstoff.»
Das Verbrechen schlägt immer höhere Wellen, auch mediale, Verstand scheint dabei keine Rolle zu spielen. Kling lässt seine Figur die Lage einschätzen: «Ja», sagt Yasira. «Dabei könnte man das Verbrechen auch ganz anders rahmen. Es sind mal wieder Männer, die einer Frau Gewalt antun.» Für Kollege Stefan ist es so: «Unter Flüchtlingen gibt es auch Arschlöcher. Unter Nazis gibt es nur Arschlöcher.»
Gesellschaftliche Spannungen und persönliche Reflexionen
Nicht überall in «Views» sind die Perspektiven so klar: «Ist nicht jeder nur ein Haufen mit Panzertape umwickelter Widersprüche?» Kling siedelte sein Buch im Berlin der Gegenwart an. Manche Analyse scheint sich direkt auf die Realität zu beziehen: «Wie konnte alles in so kurzer Zeit eskalieren? Aber die Antwort ist ganz einfach. Es ist nicht in kurzer Zeit eskaliert. Im Gegenteil: Seit Jahrzehnten beobachten alle, wie die Gesellschaft immer mehr Risse bekommt, und keiner kittet sie. Da darf man sich nicht wundern, wenn sie schliesslich zerbricht.»
Damit «nicht alle Vernunft aus dem Land gespült wird», braucht es schnelle Ergebnisse. Dennoch gibt Kling dem akribisch arbeitenden BKA-Team rund 130 Seiten bis zum ersten, immer noch recht kleinen Ermittlungserfolg. Es ist der spannendste Teil des Krimis.
Wie viel von Kling steckt in seiner klug analysierenden Yasira? «Als Autor gibt man seinen Figuren oft eigene Fragmente mit. Das ist auch bei Yasira der Fall», sagt der 42-Jährige der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Allerdings ist Yasira kein Alter Ego», schränkt er ein. Das habe er schon bei anderen Büchern gemacht. «Grundsätzlich bereiten aber auch mir die im Roman behandelten Themen grosse Sorgen. Das stimmt schon.»
Von der Idee zum packenden Thriller
Der Weg ins Krimi-Fach fiel dem Regisseur und Autor nicht immer leicht. «Ich hatte die Grundidee der Geschichte und dachte zuerst: Tolle Idee für einen Thriller. Leider schreibe ich keine», so Kling. «Aber dann hat mich die Idee nicht losgelassen und immer, wenn ich nachts nicht schlafen konnte, hat mein Gehirn daran weitergearbeitet, und irgendwann fiel mir auf, dass ich das ganze Buch im Kopf hatte. Das musste dann da raus.»
Kling sieht sich selbst nicht als Neuling in dem Genre. Er habe mit «Spurenfinder» schon eine Krimi-Komödie geschrieben, in der er versucht habe, die perfekte Mischung aus Spannung und Humor zu finden. Der Fantasy-Roman entstand mit seinen Töchtern Johanna und Luise. «Bei ‹Views› habe ich die Regler jetzt noch weiter in Richtung Spannung geschoben», sagt der Autor. «Es war toll zu sehen, wie das Buch von Überarbeitung zu Überarbeitung immer mehr Sog erzeugte.»