«Help Us Stranger»: Gitarrenrock von The Raconteurs

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USA,

Von Männern gespielter Gitarrenrock ist tot? Nichts da, sagen der grosse Jack White und seine Band The Raconteurs. Wie John Lennon kombiniert mit Robert Plant - so klingt ihr drittes Album. Für manche eine Zumutung, für viele Rockfans aber ein Hochgenuss.

The Raconteurs stehen auf Rock'n'Roll. Foto: Olivia Jean
The Raconteurs stehen auf Rock'n'Roll. Foto: Olivia Jean - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die trauen sich was.

Während der angeblich längst überfällige Tod eines männlich dominierten Gitarrenrocks gefühlt an jeder zweiten Strassenecke besungen wird, machen Jack White und seine Band The Raconteurs eine klassische Gitarrenplatte: «Männermusik», die den rauen, lauten Testosteron-Sound der 70er Jahre mehr als nur einmal zitiert.

Diverse Soli auf der Sechssaitigen, Boller-Bass, Power-Drums, manch enthemmtes Geschrei - das bietet «Help Us Stranger», die dritte Platte der Raconteurs nach zwei sehr starken Werken von 2006 und 2008. Immerhin Männermusik ohne fiese Macho-Allüren - dafür ist White zu clever und zu modern, und er hat ja in der US-Supergroup auch noch einen sensiblen Songwriting-Partner namens Brendan Benson an seiner Seite. Quasi den smarten John Lennon neben seiner eigenen Verkörperung des wilden Led-Zeppelin-Heulers Robert Plant.

The Raconteurs - das war für viele (etwas geringschätzig) nur das Zweitprojekt des Workaholics Jack White. Im minimalistischen Duo The White Stripes schaffte er vor 20 Jahren eine profunde Bluesrock-Erneuerung und schrieb mindestens einen Songklassiker, die Stadionhymne «Seven Nation Army». Solo setzte er seine Erfolgsserie seit 2012 mit drei sehr unterschiedlichen Studioalben fort, die alle Platz 1 der US-Charts erreichten. Ausserdem agierte er als Schlagzeuger der Indierock-Truppe The Dead Weather, produzierte andere Musiker und gründete die Vinyl-Plattenfirma Third Man Records.

Über Third Man (und kein grosses Label) erscheint nun auch «Help Us Stranger». Spätestens mit diesem Album zeigt White, dass ihm die Raconteurs - ausser ihm selbst und Benson noch Jack Lawrence (Bass) und Patrick Keeler (Drums) - eine Herzensangelegenheit sind. Schon das Berliner Pre-Release-Konzert vor einigen Wochen sprühte vor Spielfreude, und die hohen Erwartungen werden nun nicht enttäuscht.

Jeder der zwölf Songs - vom dröhnenden Garagenpop-Opener «Bored And Razed» über das rasante «Sunday Driver», den Boogie «Now That You're Gone», das punk-infizierte «Live A Lie» bis zum nachdenklichen Folkrock von «Thoughts And Prayers» - präsentiert The Raconteurs als verschworene Einheit von vier tollen Musikern. Und eben nicht als Star-Vehikel für Jack White. «Ich bin nur 25 Prozent dieser Band. Wir alle machen hier etwas zusammen, und das fühlt sich sehr gut an», betonte der 43-jährige, derzeit in Nashville lebende Sänger und Gitarrist kürzlich im US-«Billboard».

Zur Retro-Fixierung des neuen Albums sagte Co-Songschreiber Benson (48) dem Musikmagazin mit dezentem Trotz: «Uns ist bewusst, dass Rock 'n' Roll derzeit aus der Mode ist. Aber das war nur ein Grund mehr, ein Rock 'n' Roll-Album zu machen.» Und so kam es, dass The Raconteurs nach über zehn Jahren Pause schnell wieder Feuer fingen für den guten alten breitbeinigen Gitarrenrock.

Für viele Fans war die Band de facto passé gewesen - dabei hatten Benson/White als Autoren-Gespann noch ein paar Pfeile im Köcher. «Er schreibt Songs, wie andere Schach spielen: strategisch und klug. Ich beneide ihn um diese Fähigkeiten», lobte White im «Musikexpresse» (Juli-Ausgabe) seinen eher am klassischen Sixties-Rock geschulten Partner. «Doch es kann vorkommen, dass er in eine Sackgasse gerät (...). Ich denke, ich bin ganz gut darin, in solchen Augenblicken etwas zu tun, was dem Lied eine neue Wendung gibt.»

Kenntnisreicher Pop-Komponist auf der einen Seite, Selfmade-Musiker mit Bauchgefühl auf der anderen - für «Help Us Stranger» hat diese Kombination nun schon zum dritten Mal funktioniert. Und man gewinnt zunehmend den Eindruck, dass der manchmal überehrgeizige, atemlos vorwärts strebende Jack White mit den Raconteurs mehr Spass an seinem Job hat als mit jeder anderen Band.

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