Konrad Beikircher zieht es auch mit 75 auf die Bühne
Als Südtiroler erklärt er den Rheinländern ihren Dialekt: Der Kabarettist Konrad Beikircher war Gefängnispsychologe, ehe er sich für die Künstlerlaufbahn entschied. Inzwischen ist er längst süchtig nach der Bühne.
Das Wichtigste in Kürze
- Heisst es eigentlich der, die oder das Corona? «Ganz klar: Hier im Rheinland ist es natürlich dat Corona - d a t: "Dat Corona hät mich voll erwischt"», erklärt Konrad Beikircher.
Er muss es wissen: Der Kabarettist, der am 22. Dezember 75 Jahre alt wird, gilt als Spezialist für die rheinische Sprache und Mentalität.
Der gebürtige Südtiroler, der in Bonn-Bad Godesberg wohnt, seziert auf der Bühne mit Vorliebe die Eigenarten der Menschen im Rheinland. Deren typische Verhaltensweisen gälten natürlich auch für ihren Umgang mit der derzeitigen Krise, sagt er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur augenzwinkernd: «Auch beim Thema Corona sind die Rheinländer nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen.»
Dabei spiele - speziell bei den Kölnern - ihr «ausgeprägter Hang zur Sentimentalität» eine Rolle, nach dem Motto «mer sin ja all Fründe» (Wir sind ja alle Freunde). Hinzu komme eine gewisse «Mir- egal-Haltung». «Insgesamt ist man hier tatsächlich etwas gelassener», meint Beikircher.
Er selbst habe angesichts seiner ganzen ausgefallenen Auftritte während der Pandemie regelrechte Entzugserscheinungen von der Bühne verspürt: «Meine Familie konnte mich kaum noch aushalten.» In der Zeit der Theaterschliessungen sei ihm nochmal klarer geworden, was ihn als Künstler eigentlich antreibe: «Die Bühne ist ein Ort, wo ich mir allein gehöre, wo keine Kinder, keine Ehefrau, keine Umstände an mir zerren. Es ist auch ein gewisser Suchtfaktor da.»
Allerdings ende diese Sucht an einem Punkt: «Dieses alte Ding, "der schönste Tod ist der auf der Bühne", dem fühle ich mich nicht so verpflichtet. Beim Sterben möchte ich gerne zu Hause sein, bei den Menschen, die mir das Wichtigste im Leben sind», sagt der Vater von fünf Kindern. Vor dem Sterben habe er zwar Angst, vor dem Tod jedoch nicht: «Darauf bin ich sogar eher neugierig», sagt Beikircher, der sich «als katholisch empfindet». Er sei aus der Kirche ausgetreten - aber seitdem seltsamerweise «gläubiger als je zuvor».
Mitte der 1980er-Jahre beschloss Beikircher, seinen sicheren Beamtenjob an den Nagel zu hängen und ganz auf eine Laufbahn als freier Künstler zu setzen. Vorher war er 15 Jahre lang Gefängnispsychologe in der JVA Siegburg. «Ich habe sehr gerne dort gearbeitet, aber es wurde immer formalistischer», erinnert er sich. Irgendwann habe er die zunehmenden Auflagen als so einengend empfunden, dass er schliesslich «zur Selbstrettung» dort aufgehört habe. Bis heute habe er aber noch mit mehreren Ex-Häftlingen freundschaftlichen Kontakt.
Beikircher gilt als künstlerisches Multitalent: Er singt unter anderem italienische Lieder, spielt zahlreiche Instrumente und schreibt Bücher. «Am liebsten mache ich das, was mit Klassik zusammenhängt - Opernführer, Konzertführer, Klassikkonzerte moderieren. Das macht mir grosse Freude - das andere macht mir Spass.»
Seinen 75. Geburtstag will der mehrfach ausgezeichnete Kabarettist im Familienkreis begehen. Es sei für ihn aber kein besonderer Tag - im Gegenteil: «Ich bin ein richtiger Geburtstagsmuffel.» Schon seine Mutter habe Geburtstage nicht gemocht, und so habe auch er «ein wirklich gestörtes Verhältnis» zu Geburtstagen - zum Leidwesen seiner Ehefrau. Insofern komme es ihm geradezu entgegen, dass wegen der Corona-Pandemie zurzeit keine grossen Feiern erlaubt sind.