Bilder zeigen: Pegel des Zürichsees ist «sehr tief»
Der Bodensee-Pegel ist rekordverdächtig tief. Doch auch die Pegel des Zürichsees und des Brienzersees liegen deutlich unter dem langjährigen saisonalen Mittel.

Das Wichtigste in Kürze
- Nebst dem Bodensee haben auch der Brienzersee, der Zürichsee & der Rhein sehr tiefe Pegel.
- «Sie liegen zurzeit sehr deutlich unter dem langjährigen saisonalen Mittel», so das Bafu.
- Sorgen machen den Experten die drohenden tiefen Grundwasserstände.
Am Bodensee ist der Wasserstand aktuell rekordverdächtig niedrig. Grund dafür sind mangelnder Regen und viel zu wenig Schmelzwasser.
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«Wo ich gerade stehe, ist normalerweise der Wasserpegel», sagte am Dienstag ein Nau.ch-Reporter in Ermatingen TG. An dem Tag lag der Pegel des Untersees nur noch 11 Zentimeter über dem niedrigsten Messwert, der zu dieser Jahreszeit je gemessen wurde.
Doch es ist längst nicht nur der Bodensee, der einen äusserst tiefen Pegel für die Jahreszeit aufweist: «Die Wasserstände des Zürichsees, des Brienzersees und des Bodensees sind sehr tief. Sie liegen zurzeit sehr deutlich unter dem langjährigen saisonalen Mittel», erklärt Michèle Oberhänsli, Hydrologin beim Bundesamt für Umwelt Bafu auf Anfrage.
Das bestätigen auch Bilder von Nau.ch vom Küsnachter Horn ZH. Dort ist der niedrige Pegel des Zürichsees besonders gut zu sehen.
«Auch der Rhein, insbesondere im Bereich des Hoch- und Alpenrheins, führt sehr wenig Wasser», ergänzt Oberhänsli. Im Gegensatz dazu würden sich die Wasserstände des Vierwaldstättersees und des Genfersees im Bereich des saisonalen langjährigen Durchschnitts bewegen.
Die aktuelle Situation sei Ausdruck einer länger anhaltenden Trockenperiode. Sowie eines insgesamt milden und schneearmen Winters.
Auf der Sonnenseite des Brienzersees gilt sei heute wegen der anhaltenden Trockenheit zudem erhebliche Waldbrandgefahr.
Zürichsee ist stärker auf regionale Niederschläge angewiesen
«Während Seen wie der Vierwaldstättersee oder der Genfersee durch grossflächige und hochalpine Einzugsgebiete noch von Schmelzwasserzuflüssen profitieren, sind Seen wie der Zürichsee oder der Brienzersee stärker auf regionale Niederschläge angewiesen.»

Entsprechend empfindlicher reagieren diese Seen auf die ausgebliebenen Winter- und Frühjahrsniederschläge: «Im Winter wurden in vielen Regionen unterdurchschnittliche Schneemengen registriert», erklärt Oberhänsli.
«In den tiefen und mittleren Lagen ist dieser Schnee zudem bereits früh abgeschmolzen. In höheren Lagen liegt er zwar noch, aber ebenfalls in deutlich geringerer Menge als üblich», ergänzt sie.
«Diese frühe, aber wenig ergiebige Schneeschmelze, kombiniert mit einem anhaltenden Niederschlagsdefizit seit dem Januar 2025, führt insbesondere in tiefer gelegenen und kleineren Einzugsgebieten zu deutlich tieferen Wasserständen in den Schweizer Gewässern.»
Grössere und höher gelegene Einzugsgebiete von Seen und Flüssen würden sich dagegen hydrologisch stabiler zeigen. Tiefe Wasserstände könnten sich lokal auf die ökologischen Funktionen der Gewässer auswirken. Das gelte insbesondere in kleineren Fliessgewässern.
Wird es bald besser? «Für eine Entspannung der Situation wären flächendeckende und anhaltende Niederschläge erforderlich. Aktuell ist eine solche Entwicklung gemäss den verfügbaren Meteoprognosen noch nicht in Sicht», sagt Oberhänsli.
«Zum Glück sind aktuell die (Wasser)Temperaturen noch tief»
Haben diese tiefen Wasserstände also Folgen für Tiere und Vegetation?
«Die Tiere können sich grundsätzlich gut an die natürliche(!) Dynamik der Gewässer anpassen», sagt dazu Andri Bryner, Hydrologe und Medienverantwortlicher am Wasserforschungsinstitut Eawag, auf Anfrage. Einzelne seien sogar darauf angewiesen.
So sei beispielsweise der Bodensee der einzige grosse See, dessen Pegel eben nicht vom Menschen reguliert sei. Und dessen Wasserstand daher eine grosse Dynamik habe. «Davon profitieren seltene Insekten-, aber auch Pflanzenarten, die anderswo ihren Lebensraum verloren haben.»
«Zum Glück sind aktuell die (Wasser)Temperaturen noch tief», weiss Bryner. Denn ähnlich kleine Abflussmengen wie aktuell könnten im Sommer vor allem in kleinen und mittleren Bächen dazu führen, dass die Temperaturen sehr hoch steigen.
«Das wird dann für viele Arten zum Problem. So sind im Hitzesommer 2018 zum Beispiel über 90 Prozent der bedrohten Aeschen im Rhein ums Leben gekommen!»
Tiefe Grundwasserstände problematisch
Doch Bryner machen die Trockenheit und die tiefen Wasserstände aus anderen Gründen Sorgen: «Bald braucht die Vegetation viel Wasser – auch in der Landwirtschaft. Kombiniert mit den tiefen Wasserständen in den Gewässern bedeutet das auch tiefe Grundwasserstände», erklärt er.
«Nutzungen, zum Beispiel die Entnahme von Wasser zum Bewässern aus Bächen, werden problematisch oder müssen von den Kantonen sogar verboten werden.» Die Kraftwerke an der Aare oder am Hochrhein würden weniger Strom produzieren. Die Schifffahrt nach und ab Basel könne zudem nicht vollbeladen fahren.
Noch keine allzu grossen Sorgen macht man sich vorerst in der Landwirtschaft. Sowohl das Bundesamt für Landwirtschaft BLW als auch der Bauernverband sehen noch keine Auswirkungen durch die aktuelle Trockenheit.
Landwirtschaft (noch) nicht betroffen
Für die Landwirtschaft «ist zurzeit die Feuchtigkeit in der oberen Bodenschicht von Bedeutung», erklärt Bauernverband-Mediensprecherin Sandra Helfenstein. Das trockene Wetter sei momentan sogar ein Vorteil: «Für die Bodenbearbeitung und die Saat und Pflanzung der Kulturen ist es besser, wenn die Erde möglichst trocken ist.»
Laut Hugo Wyler vom BLW stehen die überwinternden Pflanzen aktuell am Anfang ihres Wachstums. Die Aussaat von Rüben sei fast abgeschlossen und die von Mais laufe noch. Auch die Kartoffelpflanzungen seien im Gange.

«Die Anpflanzung dieser Kulturen verlief unter guten Bedingungen und die Feldfrüchte entwickeln sich zufriedenstellend», sagt Wyler. Einige Grünflächen würden aufgrund des Mangels an Niederschlägen in letzter Zeit aber in ihrem ersten Wachstum etwas gebremst.
Der Bauernverband hält deshalb bezüglich der Saat und Pflanzung der Kulturen fest: «Allerdings brauchen diese dann durchaus Wasser, um zu gedeihen. Spätestens an Ostern wäre deshalb Regen nötig», sagt Helfenstein.