Lars Eidingers Abschied als «Jedermann» in Salzburg

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Österreich,

Hunderte Vorstellungen haben den «Jedermann» in Salzburg zum Kult gemacht. Das Spiel um Tod und Geld und wahre Werte wirkt 2022 besonders aktuell. Und nächstes Jahr wird manches anders.

Lars Eidinger (Jedermann) und Angela Winkler (Jedermanns Mutter) in Salzburg.
Lars Eidinger (Jedermann) und Angela Winkler (Jedermanns Mutter) in Salzburg. - Barbara Gindl/APA/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • «Viel Geld macht klug».

Nein, macht es nicht. Zumindest, wenn es sich um den «Jedermann» - und damit uns alle handelt.

Die rund 100 Jahre alte Botschaft von Hugo von Hofmannsthal (1874-1929), sich um wirklich wichtige Werte jenseits von Materialismus und Konsum zu kümmern, scheint besonders aktuell. Die Angst vor Wohlstandsverlust geht um, alte Sicherheiten sind seit Corona, Klimakrise und Ukraine-Krieg dahin. Der «Jedermann» in Salzburg kreist um die ewig junge Frage: Was hast du getan mit deinem Leben? An einem traumhaften Sommerabend feierten vor der malerischen Kulisse des Doms rund 2000 Besucher am Montagabend die diesjährige Premiere des Kultstücks um das Sterben des reichen Mannes.

Der «Jedermann» als Baustelle

Regisseur Michael Sturminger vertraute zum Auftakt der Salzburger Festspiele - von Nuancen abgesehen - auf die Kraft seiner Inszenierung vom Vorjahr. Die lebt zu einem guten Teil vom packenden Spiel des Berliner Schauspielers Lars Eidinger als Jedermann. Eidinger gibt viel eher den Grübler als den hemmungslosen Prasser, der plötzlich die Nähe des Todes ahnt und sich vor seiner Lebensbilanz fürchtet.

Die Inszenierung lebt aber auch von den starken Frauen. Seine von der Salzburgerin Verena Altenberger verkörperte Buhlschaft ist überaus präsent und eine selbstbewusste Freundin, die weiss, was sie will - und in den Tod begleitet sie den Jedermann sicher nicht. Unerbittlich, gar eisig fordert Edith Clever als Tod zum Gehorsam auf. Mavie Hörbiger als Teufel scheitert amüsant am Glauben, der ihr den Weg zum Jedermann versperrt.

Für Sturminger ist der 1911 in Berlin uraufgeführte «Jedermann» eine «Dombaustelle». «Am Dom musste immer weiter gebaut werden. Die Inszenierung muss auch ständig in Bearbeitung bleiben und darf keinesfalls musealen Charakter bekommen», plädiert er für künftige Änderungen. Was im nächsten Jahr anders sein wird, zeichnet sich bereits bei der Besetzung der Hauptrollen ab: Eidinger und Altenberger werden nach Angaben der Festspiele aufhören.

«Es fällt mir schwer, sehr schwer, und heute wird es mir ganz besonders bewusst», sagte Eidinger laut «Salzburger Nachrichten» bei der Premierenfeier zu seinem Schritt. «Ich habe in Lars meine grosse Theaterliebe gefunden, ich will nicht noch einmal suchen», sagte Altenberger.

In den kommenden Tagen steht bei den Festspielen die Musik im Mittelpunkt. Der Dirigent Teodor Currentzis, der wegen seines Schweigens zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine Kritik hatte einstecken müssen, führt mit dem Chor seines russischen Ensembles MusicAeterna und dem Gustav Mahler Jugendorchester Schostakowitschs 13. Symphonie auf.

Am 26. Juli leitet er die erste Premiere dieser Festspielsaison: Romeo Castellucci stellt Béla Bartóks «Herzog Blaubarts Burg» und Carl Orffs Endzeit-Oratorium «De temporum fine comoedia» nebeneinander. Nach fünf Jahren kehrt Giuseppe Verdis Oper «Aida» zurück zu den Salzburger Festspielen. Wie 2017 führt die aus dem Iran stammende Künstlerin Shirin Neshat Regie. Nach der eher behutsamen ersten Inszenierung soll diesmal eine kraftvollere folgen.

Der Schriftsteller Ilija Trojanow hält am 26. Juli die Eröffnungsrede der Festspiele unter dem Motto «Der Ton des Krieges, die Tonarten des Friedens». Bis Ende August bieten die Festspiele, eines der weltgrössten Kultur- und Musikfestivals, bei 174 Vorstellungen Theater, Oper und Musik. Insgesamt stehen knapp 225 000 Karten zum Verkauf. Für den «Jedermann», laut Website stets ausverkauft, könnte ein zeitnahes Kontrollieren des Angebots lohnen. Es wird damit gerechnet, dass coronabedingt manch Kartenkäufer nicht kommen kann.

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