Luc Tuymans in Venedig: Hitler-Bunker und KZ-Lager

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Italien,

Luc Tuymans hat in Venedig zuletzt auf der Kunstbiennale wegen Anspielungen auf Belgiens blutige Vergangenheit Aufsehen erregt. Mit einer Retrospektive kehrt der Star nun in die Lagunenstadt zurück. Dabei kreist er um Erinnerungen an den Nationalsozialismus.

Blick von oben auf das riesige Bodenmosaik «Schwarzheide». Foto: Sabine Glaubitz
Blick von oben auf das riesige Bodenmosaik «Schwarzheide». Foto: Sabine Glaubitz - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Werk ist aus edlem Marmor und bildet Bäume ab.

Hinter der gefälligen Ästhetik verbirgt sich jedoch eine grausame Wirklichkeit.

«Schwarzheide», so der Titel des riesigen Bodenmosaiks, bezieht sich auf eine Zeichnung des Holocaust-Überlebenden Alfred Kantor. Es bildet einen Wald ab, der einst das gleichnamige Aussenlager des KZ Sachsenhausen versteckte. Das monumentale Werk hat Luc Tuymans eigens für seine erste Retrospektive in Italien in Venedig erschaffen lassen.

Unter dem Titel «Die Haut» sind über 80 Werke des belgischen Stars und Documenta-Künstler im Palazzo Grassi zu sehen, der jährlich einem bedeutenden Namen der Gegenwartskunst eine Werkschau widmet. Im vergangenen Jahr war der deutsche Künstler Albert Oehlen zu sehen, 2017 der Brite Damien Hirst. In Tuymans ist diesmal nicht nur einer der weltweit bekanntesten Maler seiner Generation zu sehen, sondern auch einer der politischsten. Der 61-Jährige interpretiert seit Jahren brisante Geschichte.

Im Kontext eines aufkommenden Rechtspopulismus in Europa hat sich der gebürtige Flame mit dieser Retrospektive mehr denn je der Aktualität verschrieben. «Schwarzheide» ist das erste Werk, auf das Besucher in der bis zum 6. Januar 2020 dauernden Schau stossen.

Tuymans lehnt seine Arbeit nicht an eine Darstellung der Folterszenen an, die der 2003 gestorbene Künstler Kantor hinterlassen hat. Man könne ein solches Grauen gar nicht in seiner Gesamtheit darstellen, sagt er dazu. Deshalb geht es in seinen Arbeiten immer auch um das Nicht-Gesagte, um das, was sich hinter dem Bild versteckt.

Zu seinen jüngsten Werken, in denen er in Venedig den Nationalsozialismus kommentiert, gehört auch «Toter Gang». Auf dem 2018 entstandenen Bild ist eine Eisentür in kühlen Farben abgebildet. Sie stellt den Zugang zum Luftschutzbunker von Adolf Hitler am Obersalzberg dar.

Die Erinnerung an die NS-Herrschaft und deren Gräueltaten ist ein immer wiederkehrendes Thema im Gesamtwerk von Tuymans. Schon in den achtziger Jahren schuf er Bilder wie «Die Gaskammer» und «Unser neues Quartier». Im Jahr 1986 hat er auch erstmals «Schwarzheide» gemalt, ein eher mittelgrosses Bild. In Venedig ist die Arbeit, die aus rund 200 000 Mosaiken besteht, nun um das Zehnfache vergrössert.

Tuymans ist in eine Stadt zurückgekehrt, in der er 2001 auf der Kunstbiennale mit seiner Geschichtsaufarbeitung für Schlagzeilen sorgte. Er hatte mit einem Zyklus auf die blutige Vergangenheit Belgiens im ehemaligen Kolonialland Kongo verwiesen. Der damalige belgische König Albert II. sagte aus Empörung seinen Besuch ab.

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