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Promi-Geburtstag vom 16. März 2020: Ellen Tiedtke

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Deutschland,

Ob Kabarett, Theater oder Fernsehen: Die Bühne war ihr Element. Ellen Tiedtke begeisterte in der DDR Erwachsene und Kinder. Kurz nach dem Mauerfall war Schluss. Die Künstlerin wird nun 90 Jahre alt.

Ellen Tiedtke in der Kinderrevue «Die Sonne». Foto: Klaus Franke/Zentralbild/dpa
Ellen Tiedtke in der Kinderrevue «Die Sonne». Foto: Klaus Franke/Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Rot-weisser Ringelpullover und Hosenträger.

Niedliche Zöpfe, grosse Augen, kecker Blick. Das war Ellentie, Moderatorin der gleichnamigen Kindersendung im DDR-Fernsehen. Immer mittwochs erschien sie auf dem Bildschirm - unter dem Motto «Filme, Spass und sonst noch was».

Ellentie heisst eigentlich Ellen Tiedtke. Sie war nicht nur beliebtes TV-Gesicht, sondern auch Kabarettistin, Sängerin und Bühnen-Schauspielerin. Nun wird die temperamentvolle Künstlerin, die längst im Ruhestand ist, 90 Jahre alt.

Tiedtke, geboren in Ostpreussen, stand schon als Mädchen gerne mit Darbietungen im Mittelpunkt. «Soweit ich mich erinnere, habe ich mich immer in den Vordergrund gespielt. Wenn zu Hause Besuch da war, habe ich Gedichte aufgesagt und getanzt», berichtet die Jubilarin der Deutschen Presse-Agentur. Dann musste die Familie fliehen, zog nach Schwerin. Für Ellen stand fest: Sie will nach dem Abi auf einer Theaterbühne stehen.

Doch schon im Studium wurde klar: Sich diesen Berufswunsch zu erfüllen, ist nicht einfach. «Ich wollte ans Deutsche Theater in Berlin», berichtet Tiedtke. «Wir suchten alle wie die Wilden - aber alles war besetzt.» Sie ergatterte in Cottbus einen Drei-Jahres-Vertrag. Danach ging es für ein Jahr nach Frankfurt (Oder) - «und dann hatte ich wieder das Problem: Wohin?» Weil es an den Theatern keine Stellen gab, bewarb sie sich bei der Leipziger Pfeffermühle - und wurde 1956 Kabarettistin.

Doch damit wurden die Probleme noch grösser. Etwa bei der Aufführung des Programms «Rührt Euch»: «Eine Textzeile hiess «Wir wollen ja nur, dass das Leben so wird wie in der Zeitung»». Tiedtke blickt zurück: «Da wurde ein ausgewähltes Publikum reingesetzt, das gebuht hat. Die Bühne wurde gestürmt - und das Programm abgesetzt.» Der Vorfall am 15. Dezember 1956 war ein staatlich inszenierter Tumult.

Tiedtke zog nach Berlin, wurde Ensemble-Mitglied des bekannten Kabaretts Distel. Viele ihrer Szenen dort schrieb ihr Mann Hans Rascher. Nach sieben Jahren war aber an der Distel wieder Schluss. Auf einer Betriebsversammlung hatte sich Tiedtke, ausgezeichnet mit dem Kunstpreis der DDR, kritisch etwa über die zwei Direktoren der Kabarett-Bühne geäussert: «Ich hab gefragt: Was ist hier an der Distel los? - Da rastete der Parteisekretär total aus», erzählt sie.

Der Kabarett-Autor Jürgen Klammer beschreibt Tiedtke im Buch «Beim Barte des Proleten» über die Geschichte der Distel als «die ewig Aufmüpfende, die sich in alles Einmischende, die ... ob ihrer ständigen Kritik an Unzulänglichkeiten als ewiger Störenfried geltende Moralistin mit dem überaus stark ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit.»

Tiedtke kündigte an der Distel. Sie wurde Entertainerin und Sängerin, interpretierte etwa Lieder im Stile Claire Waldoffs. 1964 erschien die Single «Du bist ein feiner Mann/Fahr' doch allein Karussell» - darauf Tiedtke mit kurzem Haar und Hut. Und die Künstlerin eckte auch wieder einmal an: Sie sollte in einer TV-Show für die Delegierten des VI. SED-Parteitages ein Lied singen, das «eine Lobhudelei der DDR» war, wie sie Jahrzehnte später berichtete. Sie entschied, dort nicht aufzutreten.

Das hatte Folgen: «Bei mir schwieg danach das Telefon. Kein Auftrag kam mehr», blickt sie zurück. Die DDR-Konzert- und Gastspieldirektion habe damals den Kulturinstitutionen verboten, sie zu engagieren.

Doch dann kam doch noch der grosse Durchbruch: 1983 startete im Fernsehen die Kindersendung «Ellentie» - mit Tiedtke als tollpatschiger Moderatorin. «Das war ein Wunder: 13 Jahre lang hatte das Fernsehen der DDR auf meine Mitwirkung verzichtet, weil ich Kabarettistin war», erzählt die Künstlerin.

Immer mittwochs lief die Sendung unter dem Motto «Filme, Spass und sonst noch was». Tiedtke über Ellentie: «Ich war eine alterslose Person, die Kinder nicht mit erhobenem Zeigefinger belehrte, sondern ihre Fehler machte.»

Das Magazin wurde schnell so beliebt, dass die Sendezeit verschoben wurde, weil zeitgleich die Pioniernachmittage stattfanden. «Es gab Krach mit den Schülern, sie wollten Ellentie sehen», erinnert sich die Entertainerin. Sie habe Wäschekörbe voll mit Kinderbriefen bekommen. «Ein Kind hat gesagt «Dich möchte ich als Mutti haben». Ein Junge schrieb: «Ich liebe Dich, weil Du genauso doof bist wie ich»». Selbst hat Tiedtke keine Kinder.

Nach dem Mauerfall wurde die Sendung 1991 eingestellt. Da war Tiedtke 61 Jahre alt. Seitdem ist die Entertainerin, die im dpa-Interview am Telefon detailreich Anekdoten ihres Berufslebens erzählt und sich zwischendurch eine Zigarette anzündet, Rentnerin. «Wenn die Ellentie nicht gewesen wäre, würde ich heute ein bisschen verbittert dasitzen», sagt sie. Und über die DDR: «Es ist ein schlimmes Land gewesen.»

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