SRF-Auswanderin erhebt heftige Vorwürfe gegen schwedische Ärzte
Florence Wibring-Stern lebt seit zwei Jahren mit ihrem Mann in Schweden. Das Paar fühlt sich vom schwedischen Gesundheitssystem im Stich gelassen.
Das Wichtigste in Kürze
- Florence Wibring-Stern und ihr Mann Niklas sind aus der SRF-Serie «Hin und weg» bekannt.
- Das Paar glaubt: Niklas' Krebs hätte man in der Schweiz besser und schneller behandelt.
- Die Auswanderin erhebt schwere Vorwürfe gegen das schwedische Gesundheitssystem.
Die Schweizerin Florence Wibring-Stern (50) ist nach Schweden ausgewandert. Sie und ihr Mann Niklas wurden von SRF in der Sendung «Hin und weg» porträtiert.
Vor zwei Jahren zog Florence mit ihren neun Hunden und zu ihrem Liebsten in den hohen Norden. Niklas hatte für seine Ehefrau mitten im Wald ein Haus gebaut.
Dann, mit einem Schlag, wurde ihr Glück bedroht: Bei einer Blinddarmoperation wurde bei Niklas Krebs entdeckt. Seitdem hat sich der Zustand des Schweden verschlechtert. Nach Komplikationen bei der Operation und mehreren Spitalaufenthalten hat das Paar erfahren, dass der Krebs in die Lymphknoten gestreut hat.
Schweden-Auswanderin kritisiert Gesundheitssystem
In einem offenen Brief, der Nau.ch vorliegt, erhebt Florence nun schwere Vorwürfe gegen das schwedische Gesundheitssystem. Sie ist überzeugt: Die langen Wartezeiten der Biopsien haben dazu geführt, dass sich Niklas' Krebs gestreut hat.
Im Brief dokumentiert sie ihre Horror-Odyssee. Im Januar kam Niklas mit Schmerzen an der rechten Seite in den Notfall des Spitals Jönköping, in der Provinz Småland. Das Paar wurde wieder nach Hause geschickt. Die Ärzte verschrieben bloss Schmerzmittel.
Am nächsten Tag waren seine Schmerzen jedoch schlimmer und Florence brachte ihn erneut ins Spital. «Ich habe mich geweigert, ihn mitzunehmen, ohne dass eine Bildgebung gemacht wird», erinnert sich die Auswanderin. «Es war Winter. Die Strassen waren voller Eis und wir haben jeweils eine Stunde Fahrt ins Spital.»
Nach langem Hin und Her machten die Ärzte schliesslich ein CT. Danach musste sofort eine Not-Operation gemacht werden. Florence: «Ich möchte mir nicht ausmalen, was geschehen wäre, wenn ich ihn mit nach Hause genommen hätte!»
Florence Wibring-Stern ist fassungslos
Zwei Monate nach der Blinddarmoperation bekam Niklas die Nachricht, dass sein Blinddarm voller Krebs ist. Florence: «Man beachte die Zeitspanne. Es sind zwei Monate zwischen OP und Nachricht verstrichen. Zwei Monate für eine Blinddarm-Biopsie?» Die Auswanderin ist bis heute fassungslos.
Noch schlimmer: Der zuständige Arzt war nach der Schock-Diagnose nicht erreichbar. Nach zwei bangen Tagen war der Befund endlich in der Gesundheits-App abrufbar. Ein Freund aus der Schweiz, ein Onkologe, half dem Paar, das Ärztelatein zu übersetzen. «Wir standen völlig alleine da. Ohne unseren Freund in der Schweiz hätten wir uns wahnsinnig gemacht.»
Niklas' Krebs wurde schliesslich operiert und er wieder aus dem Spital entlassen. Zehn Tage später muss er schon wieder in den Notfall: Es hat sich in seinem Darm eine Hernie gebildet. Nach der Not-Operation wird er entlassen, obwohl er Fieber und schlechte Blutwerte hat.
Einen weiteren Monat später meldete sich der Chefarzt mit einem neuen Befund: Niklas' Krebs hat nun in die Lymphknoten gestreut. «Ein Szenario, von dem uns immer gesagt wurde, dass man nicht davon ausgehe.»
Florence fragt sich bis heute: «Hat der Krebs bereits vorher gestreut oder hat die Wartezeit von nun fast fünf Monaten dies ausgelöst? Niemand wird uns das beantworten.»
«Erwartet solche Verhältnisse nicht in Schweden»
Derzeit wird Niklas' Krebs mit Chemotherapie behandelt. Florence Wibring-Stern ist sich sicher: Schweizer Ärzte hätten ihrem Ehemann schneller geholfen.
Sie habe sich überlegt, ihren Ehemann in der Schweiz behandeln zu lassen, wie sie Nau.ch erklärt, doch so einfach sei es nicht: «Dafür müssten wir aber unseren Wohnsitz in die Schweiz verlegen. Schweden bezahlt keine Behandlung im Ausland. Da wir hier Haus und Firma haben, ist dies nicht einfach ein so schneller Entscheid. Niklas meinte einmal, der Schaden ist ja schon angerichtet, das kann die Schweiz nun auch nicht mehr ausbügeln.»
Ihre Erfahrung passe überhaupt nicht zum perfekten Image, das Schweden im Ausland geniesst. Die Auswanderin: «Man fühlt sich hier manchmal wie im Mittelalter.»
Mit ihrer Leidensgeschichte ist das Paar nicht alleine. Aus ihrem Umfeld und den Medien wissen sie von ähnlichen Fällen. Das schwedische Gesundheitssystem ist grösstenteils öffentlich finanziert. Privatkliniken gibt es nur wenige.