Sylvie Meis: «Anfangs fehlte mir der Mut, in den Spiegel zu schauen»
Seit ihrer Krebserkrankung engagiert sich Sylvie Meis für die DKMS Life als Botschafterin. Wie schwer ihre eigene Erkrankung war und was ihr beim Kampf dagegen geholfen hat, verrät sie hier.
Sylvie Meis (44) machte 2009 ihre Brustkrebserkrankung bekannt. «Als ich meine Haare verloren habe, hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, als wären mir mein Selbstvertrauen und meine Sicherheit genommen worden», sagt sie rückblickend über diese schwere Zeit. Warum es ihr wichtig ist, öffentlich über die Erkrankung zu sprechen, erklärt die Botschafterin der DKMS Life im Interview.
DKMS Life hat es sich zur Aufgabe gemacht, mithilfe von kostenfreien Patientenprogrammen den Heilungsprozess von Betroffenen positiv zu beeinflussen und die Lebensqualität während der Therapie zu steigern. Das Kampagnen-Motto der letzten Jahre «Krebs macht keine Pause» wird in diesem Jahr um 'DKMS Life schenkt Mut zum Träumen' ergänzt. Mit prominenten Unterstützern wie Sylvie Meis will der Verein kleine und grosse Träume von Betroffenen erfüllen. Auch der bundesweite Veranstaltungstag «Dreamday» findet am 22. September unter dem Motto «Dream Big» statt.
Seit Ihrer Brustkrebs-Diagnose im Jahr 2009 sind Sie Botschafterin der DKMS Life, ein echtes Herzensprojekt?
Sylvie Meis: Ich bin wirklich begeistert, welch grossartige Arbeit die DKMS Life nun schon seit so vielen Jahren leistet, und zugleich sehr stolz darauf, ein Teil davon sein zu dürfen. Mir liegt es sehr am Herzen, krebskranke Frauen und auch Männer zu unterstützen, ihnen Hoffnung und Trost zu spenden und sie in einer so schweren Phase ihres Lebens zu begleiten. Insbesondere, da ich die Erfahrung selbst gemacht habe und selber Ex-Patientin bin. Daher bin ich seit vielen Jahren Botschafterin der DKMS Life und Schirmherrin des DKMS Life Dreamday, denn ich möchte Mut machen und sie in dieser schwierigen Zeit unterstützen.
Das Kampagnen-Motto heisst in diesem Jahr «DKMS Life schenkt Mut zum Träumen». Was genau steckt dahinter?
Meis: Wir möchten den Betroffenen zeigen, dass man sich der Krankheit nicht ergeben muss, sondern dass man seine Träume weiterleben kann und vor allem darf. Wir wollen den Mut geben, sich nicht verstecken oder gar aufgeben zu müssen, und gemeinsam wollen wir gegen diesen schrecklichen Krebs kämpfen.
Sie selbst haben eine Patientin zu einem Sushi-Kurs bei Steffen Henssler in dessen Restaurant Hensslers Küche in Hamburg begleitet ...
Meis: Genau, Ines hat schwierige Monate hinter sich. Bei ihr wurde im jungen Alter Brustkrebs diagnostiziert, sie ist Mutter von zwei Kindern - einfach schrecklich. Das Schöne an Ines ist, dass sie den ganzen Widrigkeiten trotzt, Sie hat sich eine To-do-Liste gemacht von Dingen, die sie unbedingt tun möchte in ihrem Leben. Einer dieser Punkte ist «Sushi eine zweite Chance geben». Als absoluter Sushi-Fan wollte ich sie hier unterstützen. Wir haben eine kleine Hamburg-Tour mit ihr gemacht und sie dann mit einem Sushi-Kurs überrascht. DKMS Life, Eau Thermale Avène und ich haben uns hier zusammengetan, um ihr Mut zu machen, ihre Träume und Ziele zu leben.
Wie wichtig ist es, dass prominente Frauen wie Sie offen mit Ihrer Krebserkrankung umgehen oder umgegangen sind?
Meis: Vor allem als DKMS Life Botschafterin fühle ich mich dafür verantwortlich, offen über dieses Thema zu sprechen. Auf diese Weise kann ich nämlich auch anderen Betroffenen Mut machen. Generell finde ich es wichtig, dass Personen des öffentlichen Lebens auf bedeutende Gesundheitsthemen aufmerksam machen. Zum einen, um das Bewusstsein aller für Vorsorge zu schärfen, aber auch aufzeigen, dass man auch während und nach einer Therapie nicht allein gelassen wird und niemals aufgeben sollte. So kann man eine grosse Reichweite nutzen und die Menschen erreichen, um Ihnen zu zeigen, dass sie nicht allein mit ihrem Schicksal sind. Trotzdem muss natürlich jeder immer für sich selbst entscheiden, wie er mit seiner eigenen Situation umgehen möchte. Ich habe für mich diesen Weg gewählt und bin auch stolz darauf.
Woher haben Sie selbst die Kraft genommen im Kampf gegen diese Krankheit?
Meis: Mein Sohn war damals meine grösste Motivation. Ihn jeden Morgen zu sehen, ist das, was mir damals so viel Kraft gegeben hat. Doch auch aus meinem Job habe ich viel Energie gezogen. Damals war ich in der Jury der RTL-Sendung «Das Supertalent», doch im TV liess ich mir nicht anmerken, wie schlecht es mir ging. Ich hatte auch das grosse Glück, grossartige Menschen um mich zu haben, die mir mit den Perücken und dem Styling sehr geholfen haben. Meine Stylistin und gute Freundin Serena Goldenbaum war immer an meiner Seite. Man hört ja auch nicht auf, eine Frau zu sein, wenn man eine Krankheit hat. An Tagen, an denen ich fitter war, galt für mich das Motto: Wenn ich mich äusserlich schön finde, fühle ich mich auch innerlich besser. Mich in diesen Momenten hübsch anzuziehen, mir eine Perücke aufzusetzen und mir Wimpern aufzukleben, hat mir eine schönere Zeit mit meinen Freunden oder damals auch mit meinem Mann beschert. Mir wurde klar, dass ich das Leben auch in solch einer schweren Zeit geniessen kann.
Was war für Sie rückblickend das Schwerste in dieser Zeit?
Meis: Als ich meine Haare verloren habe, hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, als wären mir mein Selbstvertrauen und meine Sicherheit genommen worden. Besonders schwer an der Sache war es, nicht selbst darüber bestimmen zu können, ob und wann einem die eigenen Haare ausgehen. Krass war auch, keine Augenbrauen, keine Wimpern mehr zu haben. Anfangs hatte ich nicht den Mut, in den Spiegel zu schauen und mich kahl zu sehen. Als mir der Friseur den Rest meiner Haare abrasierte, waren alle Spiegel abgehängt. Erst Wochen später, im Salon einer guten Freundin, fand ich den Mut hinzuschauen. Die Freundin sass neben mir, als ich die Perücke anprobierte. Mit meinem heutigen Ex-Mann und unserem damals dreijährigen Sohn lebte ich zu der Zeit in Madrid, die Hitze unter der Perücke war unerträglich. Irgendwann lief ich zu Hause ohne herum, das war ein Gefühl der Befreiung.
Wie gross ist die Angst, dass der Krebs noch einmal zurückkehren könnte?
Meis: Ich denke jeden Tag an die Krankheit, doch vor allem vor den Untersuchungen ist es psychisch immer ganz schwierig für mich. Ich denke, dass man im Kopf nie wieder richtig loslassen kann. Doch trotz dieser Ängste ermutige ich mich, darüber immer positiv zu denken. Hält man sich nur an negativen Gedanken und Ängsten fest, hat man schon verloren.
Wie oft müssen Sie heute noch zur Krebsvorsorge?
Meis: Normalerweise müsste ich nur noch einmal im Jahr zur Untersuchung. Ich gehe aber bewusst alle sechs Monate zum Arzt.
Was tun Sie heute alles für Ihre Gesundheit?
Meis: Neben der weiterführenden Medikation mache ich mehrmals die Woche Sport, denn das gehört für mich zu einem gesunden Lifestyle absolut dazu. Ich brauche Sport einfach, um mich wohlzufühlen, und es hilft mir auch als mentaler Ausgleich. Auch gesunde Ernährung ist mir sehr wichtig. Doch es ist wichtig, nicht nur körperlich fit zu sein, sondern auch mental. Je ruhiger man ist, desto schneller hat man seine Gedanken unter Kontrolle. Das heisst nicht, dass die Welt direkt wieder in Ordnung ist, aber es hilft mir enorm. Für mich persönlich hat Meditation und positive Affirmation geholfen, auch vom Kopf her stark zu sein. Ausserdem sind Regenerationsphasen wichtig, in denen man sich Zeit für sich selbst nimmt, beispielsweise mit einer spannenden Serie oder einem Buch.
Hier helfen auch die tollen neuen Wohlfühlprogramme, die DKMS Life Menschen mit Krebs anbietet. Neben den «look good feel better»-Kosmetikseminaren stehen jetzt auch kostenlose Fotografie-Workshops, Entspannungsseminare und Mutmacher-Workshops speziell für Männer mit Krebs auf dem Programm. Bei diesen rund zweistündigen Workshops können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für eine Zeit lang abschalten und neue Perspektiven für sich entdecken, mit der Krankheit umzugehen. Diese Zeit für sich selbst ist so wichtig in schweren Zeiten!