Tatort: Darum gings in «die ewige Welle» aus München
Er hatte eine Dreiecksbeziehung und schrieb mal Gedichte. Der neue Münchner «Tatort» steigt tief ein in die Vergangenheit von Kommissar Franz Leitmayr. Viel zu tief.

Das Wichtigste in Kürze
- Nach einer Nacht-Surfsession an der Münchner Eisbach-Welle wird Mikesch niedergestochen.
- Er überlebt schwer verletzt.
- Mikesch war Anfang der 80er Jahre ein enger Freund von Leitmayr.
Drei junge, attraktive Menschen wälzen sich nackt und lachend am Strand, umspült von der Meeresbrandung.
Es handelt sich um Franz Leitmayrs (Udo Wachtveitl) 35 Jahre jüngeres Alter Ego. Schon die ersten paar Minuten der neuen Episode des ARD-Krimiklassikers mit dem Titel «Die ewige Welle» deuten es an. Diesmal wirds persönlich in München.

Mikesch von Junkie niedergestochen
Denn die Geschichte geht Jahrzehnte später weiter - allerdings in weniger einladender Atmosphäre als damals unter portugiesischer Sonne. In einem grauen Münchner Spitalhauszimmer sehen Leitmayr und Mikesch (Andreas Lust), der Kumpel von einst, sich wieder. Denn Mikesch ist Opfer eines Verbrechens geworden. In einem düsteren Tunnel des Isar-Veloweges wurde er von einem Junkie niedergestochen.
Er war auf dem Heimweg vom Surfen auf der Eisbachwelle. Mikesch ist im Gegensatz zum spiessig und Polizist gewordenen Leitmayr seinem freigeistigen Ich von damals selbstverständlich treu geblieben.
«Bin ich schon tot?» sind seine ersten Worte, als Leitmayr und sein Kollege Ivo Batic (Miroslav Nemec) sich als Ermittler der Mordkommission vorstellen. Lustiger wird es leider nicht in dieser Folge.

Mikesch kannte den Junkie
Vor allem Batic ist von Mikesch irritiert. Es wundert ihn nicht nur, dass Leitmayr einmal so eng mit so einem Vogel befreundet war. Er fragt sich auch, warum dieser Vogel nach der fast tödlichen Attacke auf ihn nicht mit der Polizei kooperieren will. Er haut sogar schwer verletzt aus dem Spital ab.
Die Antwort: Mikesch kannte den Junkie, macht in Drogen und wittert bei einem neuen Deal das grosse Geld. Da kann er die Polizei nicht gebrauchen.
Als Mikeschs Angreifer nach einer Überdosis tot gefunden wird, hätte der Fall für die Mordkommission eigentlich abgeschlossen sein müssen. Doch weil neben dem Junkie ein Mittel gefunden wird, das Mikesch auch in seiner Wohnung hatte, bleiben sie dran. Warum sie das tun und nicht die Drogenfahnder, ist eins der kleinen Geheimnisse dieses kruden Films.
«Tatort»-Experte ist nicht überzeugt
Zwischendurch trifft Leitmayr natürlich auch die schöne Frau von damals, Frida (Ellen ten Damme) wieder. Die hat einen Sohn, der ziemlich genau neun Monate nach dem Portugal-Intermezzo auf die Welt kam. Ist Leitmayr etwa Vater?
Diese Frage und die Erinnerung an Leitmayrs freigeistiges, künstlerisch fragwürdige Gedichte schreibendes Ich überlagert dann die eigentliche Geschichte. In der Mikesch sich als der manipulative Versager-Typ entpuppt.
«Als Kriminalgeschichte hat mich der Tatort nicht gerade umgehauen. Die Geschichte wird aber ganz atmosphärisch erzählt», sagt der Betreiber der Expertenseite «Tatort-Fundus», François Werner.
Er stört sich an vielem. Zum Beispiel, «dass die persönliche Vergangenheit einer Ermittlerfigur so oft und so breit in den Vordergrund gerückt wird. Das ist schon sehr weit von der Realität entfernt, wenn ein Ermittler persönlich so verstrickt und damit befangen ist.»
Geheimnisse im Münchner «Tatort»
Warum diese beiden Geschichten überhaupt so beliebig miteinander verknüpft werden, ist ein weiteres Geheimnis. Drehbuchschreiber sind Alex Buresch und Matthias Pacht. Diese waren schon verantwortlich für den an die Geschichte des Gaddafi-Sohnes angelehnten, guten Münchner «Tatort - Der Wüstensohn».
Ärgerlich sind auch Szenen, die sich womöglich am Münster-«Tatort» orientieren und witzig sein sollen. Batic lässt sich auf dem Seziertisch massieren und der Handlanger des Drogen-Bosses bricht dem alten Mann erst die Finger. Dann pustet er, weil es wehtut. Das ist nur unfreiwillig komisch.
Auch der Titel «Die ewige Welle» ist eher irreführend. Die Eisbachsurfer sind inzwischen eine Münchner Touristenattraktion wie Marienplatz und Frauenkirche. Sie bilden in diesem Film leider nicht mehr als die Kulisse für einen unausgegorenen «Tatort».