«Tatort: Schattenleben»: So wird der neue Falke-Grosz-Krimi
Eine verschwundene Freundin, alte Gefühle und eine Kommissarin auf Abwegen: Im neuen «Tatort: Schattenleben» (12. Juni, 20:15 Uhr, das Erste) ermitteln Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring, 55) und Julia Grosz (Franziska Weisz, 42) auf eigene Faust. Eine LKA-Polizistin und alte Freundin von Grosz ist verschwunden. Die Kommissarin kann nicht anders und begibt sich auf die Suche nach ihr - ohne offiziellen Auftrag. Dabei muss sich Grosz ihrer Vergangenheit stellen, taucht in radikale Strukturen ab - und droht darin zu versinken. Was als normaler Einsatz begonnen hat, entwickelt sich zu einer emotionalen Karussellfahrt, die Grosz mehr als einmal zweifeln lässt.
Darum geht's im «Tatort: Schattenleben»
Julia Grosz' Freundin Ela Erol (Elisabeth Hofmann) hat als verdeckte Ermittlerin des LKA die linksautonome Szene Hamburgs infiltriert. Doch als sie plötzlich spurlos verschwindet, macht sich die Kommissarin grosse Sorgen. Grosz sucht nach ihr. Unter einer falschen Identität begibt sich die Polizistin in das hedonistisch-freiheitliche Milieu, in dem sich Ela scheinbar verloren hat.
Thorsten Falke unterstützt Grosz bei ihrer Suche, ermittelt zeitgleich aber in einem Brandanschlag. Dieser scheint in eine Reihe politisch motivierter Gewalttaten zu passen. Doch sowohl Falke als auch Grosz kommen bei diesem Fall an ihre Grenzen. Während für die Kommissarin die Welten langsam verschwimmen und Falke auf seltsame Polizei-Interna stösst, kommen die beiden ins Straucheln. Das Duo muss an einem Strang ziehen, um die Verantwortlichen für den Brandanschlag zu stellen und Elas Verschwinden aufzudecken.
Lohnt sich das Einschalten?
Definitiv. In diesem «Tatort» ist Frauenpower angesagt. Es ist der erste Fall der Grosz-Falke-Reihe, der die Kommissarin ins Zentrum rückt. Dabei kommen auch neue Seiten zum Vorschein. Sie zeigt sich emotional, legt den Schutzpanzer ab und präsentiert Facetten, die man als Zuschauender bislang nur vermutet hat. Aber nicht nur das: Die Polizistin überschreitet mehr als eine Grenze - was bisher eigentlich Falkes Spezialgebiet war. Zudem erfährt man etwas über Grosz' vergangenes Liebesleben.
Aber nicht nur der Cast ist in diesem Krimi weiblicher und diverser als sonst. Auch hinter den Kulissen haben einige Frauen das Ruder übernommen. Producerin Sophia Ayissi Nsegue (31), Kamerafrau Zamarin Wahadat (33), Regisseurin Mia Spengler (36) und Drehbuchautorin Lena Fakler (32) prägen die Geschichte. Die Diversität kommt auch nicht von ungefähr: Regisseurin Spengler hat vom Sender den «Inclusion Rider» gefordert. Es handelt sich dabei um eine Vertragsklausel, durch die gewisse Gruppen zu einem bestimmten Prozentsatz an einer Produktion beteiligt sein müssen. Dazu zählen Frauen, People of Color oder auch Menschen der LGBTQ+-Community. Der NDR ist damit die erste öffentlich-rechtliche Anstalt, die diese Klausel eingesetzt hat.
Das hatte auch zur Folge, dass bei diesem «Tatort» ein jüngeres Team mitgewirkt hat. «Es schlägt sich positiv in der Stimmung nieder, wenn man auch Leute dabeihat, die nicht schon 100 'Tatorte' auf dem Buckel haben», findet Franziska Weisz im Gespräch mit dem Sender. Auch bei der Handlung selbst ist das junge Team spürbar. Die Geschichte spielt in der linken Szene - genauer gesagt, in einem queeren, radikalfeministischen Wohnprojekt. Verstärkt wird der Fokus auf die emotionalen Momente und zwischenmenschlichen Aspekte gelegt. Auf der anderen Seite werden strukturelle Probleme innerhalb des Polizeiapparates thematisiert.
Interessant ist an dem Film auch der wahre Kern: eine Polizistin, die verdeckt in der linksradikalen Szene ermittelt. In Hamburg sind vor Jahren Ermittlerinnen aufgeflogen, die ins autonome Zentrum «Rote Flora» eingeschleust wurden. Einige von ihnen sollen auch Liebesbeziehungen mit Aktivisten eingegangen sein. Diese Umstände wurden später kritisiert, ein Verfahren gab es allerdings nie. «Wegen dieser Leerstellen war für uns von Beginn an klar: Wir wollten nicht die Fälle der Roten Flora nacherzählen», erklärt Autorin Fakler. Ein weiterer Grund, warum die Story so glaubwürdig daherkommt, ist sicherlich auch Rafael Behr (64). Der Hamburger Professor für Polizeiwissenschaften stand der Produktion als Fachberater zur Seite.
Spannend bleibt der Fall bis zum Schluss und die Auflösung dürfte den ein oder anderen überraschen. Einziger Wermutstropfen: Kommissar Thorsten Falke bekommt in «Schattenleben» nur wenig Sendezeit. Doch Fans können sich sicher sein, dass der beliebte Ermittler im nächsten Fall wieder präsenter sein wird. Ausserdem ist es erfrischend, der Frau in diesem Ermittler-Duo mal das Ruder zu überlassen.