Wim Wenders

Wim Wenders: In der Filmwelt ist viel in Bewegung

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Deutschland,

Bei der Berlinale macht der deutsche Regisseur jungen Filmemachern Mut - und spricht im dpa-Interview über den Anteil von Frauen im Filmgeschäft, Streamingdienste und das neue Berlinale-Duo.

Wim Wenders fordert ein anderes Kino. Foto: Jörg Carstensen/dpa
Wim Wenders fordert ein anderes Kino. Foto: Jörg Carstensen/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der deutsche Regisseur Wim Wenders (74) kann auf eine jahrzehntelange Karriere zurückblicken - nun setzt er sich bei der Berlinale im Rahmen der Veranstaltung «Talents Circles Expanded» für junge Filmschaffende und deren Projekte ein.

Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht er über Frauen im Filmgeschäft, das Kinosterben und den Neustart der Berlinale.

Frage: Bei dem «Talents Circles Expanded» der Berlinale geht es um die Nachwuchsförderung. Wie wichtig ist dabei der Fokus auf Frauen? Immerhin werden Festivals wie Cannes und Venedig immer wieder heftig dafür kritisiert, dass nur wenig Regisseurinnen im Wettbewerb vertreten sind.

Antwort: Bei der Talents-Veranstaltung und den ausgezeichneten, von Mastercard geförderten Projekten wurde meiner Ansicht nach sehr deutlich, dass die Frauen im Zentrum stehen: dass ihre Projekte Hand und Fuss haben, dass sie zeigen, was sie können. Diese Talents sind die Zukunft des Kinos.

Frage: Wie schafft man es, dass diese weiblichen Stimmen irgendwann auch im Kino gehört werden?

Antwort: Das fängt ganz vorne an, bei der Ausbildung. Es fängt bei den Filmschulen und den Communities an. Man muss Frauen das Wort geben und darauf achten, dass es eine Parität gibt. Ich habe in meinen Jahren als Professor (an der Hochschule für bildende Künste Hamburg, Anm.d.Red.) mehr Frauen unterrichtet als Männer und habe mehr begabte Regisseurinnen kennengelernt - ich habe das Gefühl, da ist auf der ganzen Welt etwas los. Das wird auf jeden Fall passieren, auch im Regiebereich, wo es einfach noch nicht soweit ist.

In manchen Berufen ist man schon weiter: Ich habe schon viele Filme mit Kamerafrauen gemacht, ich arbeite praktisch nur mit Cutterinnen. Es ist viel in Bewegung, auch wenn sich das noch nicht niederrschlägt in den Wettbewerben der grossen Festivals. Manchmal mache ich mir sogar schon Sorgen um die Anwesenheit der Männer. Denen fehlt oft dieser «Umpf», diese Energie, die viele Frauen haben.

Frage: Eine weitere grosse Veränderung geht derzeit von den Streamingdiensten aus. Wie können sich Kinos da behaupten?

Antwort: Wir verfolgen gerade ein grosses Kinosterben. Es ist dramatisch, was hier in Berlin am Potsdamer Platz (mit der Schliessung des Cinestar-Kinos, Anm.d.Red.) passiert ist: Acht Leinwände sind weg, von einem Tag auf den nächsten. Verleiher machen pleite, Weltvertriebe werden arbeitslos, weil die Streamingdienste Filme global vertreiben. Es ist gut, dass es innerhalb dieser Streamingbranche Konkurrenz gibt - und das Kino als Gegengewicht.

Das Gegengewicht zu Streamingdiensten muss ein anderes Kino sein als bisher. Es muss regionaler sein als die global abrufbaren Inhalte im Internet. Damit meine ich lokalere Geschichten, Sprachen und Geschmäcker. Das ist das, was die Leute angeht. Das ist das Kino, das etwas verändert - und dieser Planet braucht Veränderung. Das Kino, das das betreibt, das haben wir bei den Berlinale Talents Circles gesehen.

Frage: Zum Schluss noch ein Blick auf die Berlinale. Die feiert in diesem Jahr ihre 70. Ausgabe - mit Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek als neuem Führungsduo. Wie ordnen Sie deren Auftakt ein?

Antwort: Das ist jetzt noch viel zu früh, um irgendwie zu urteilen. Man spürt schon, dass beide, Mariette und Carlo, extrem qualifiziert sind. Die werden nicht mit nur einem Jahr sagen: Genauso machen wir es jetzt. Die werden viel probieren und das wird zwei, drei Jahre brauchen, damit es sich einspielt und eine Handschrift bekommt. Ich finde, die Berlinale hat mit den bereits gezeigten Filmen ihr ohnehin schon politisches Profil geschärft. Wie gesagt: Es ist aber noch viel zu früh, dazu etwas zu sagen, man darf die beiden noch nicht bewerten.

Frage: Wie kann sich die Berlinale positionieren, gerade in Hinblick auf die anderen A-Festivals Cannes und Venedig?

Antwort: In diesem Jahr wurden die Oscars vor der Berlinale verliehen, das hat die Berlinale sehr getroffen. Sonst haben viele Filmschaffende das Festival noch für einen letzten Schub vor den Oscars genutzt. Die Berlinale hat aber dennoch weiterhin ein Alleinstellungsmerkmal: Sie ist das A-Festival zu Beginn des Jahres, wo die Filmwelt zusammenkommt. Ich finde die Berlinale nach wie vor den Hammer! Ich bin froh, dass ich hier lebe und dass es das einzige Festival ist, wo ich Zuhause bleiben kann und alle zu uns kommen.

ZUR PERSON: Wim Wenders, 74, ist einer der bedeutendsten deutschen Regisseure. In seiner langjährigen Karriere drehte er Dokumentationen wie «Buena Vista Social Club», «Pina» und «Das Salz der Erde». Aber auch mit seinen Spielfilmen feierte er international Erfolge, darunter «Paris, Texas» und «Der Himmel über Berlin». Der in Düsseldorf geborene Wenders wurde für seine Werke vielfach ausgezeichnet. Darüber hinaus arbeitet er als Fotograf und ist Präsident der Europäischen Filmakademie.

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