2G oder Lockdown: Politik streitet über neuen Corona-Hammer
Die mögliche Ausweitung der Bereiche mit 2G wird im Parlament kontrovers diskutiert. Der Bundesrat entscheidet heute über weitere Pandemie-Massnahmen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die 2G-Regel soll den drohenden Kollaps auf den Intensivstationen abwenden helfen.
- Der Bundesrat diskutiert heute verschiedene Varianten von Massnahmen.
- Im Parlament ist das Thema aus ganz unterschiedlichen Gründen umstritten.
Die fünfte Welle der Coronavirus-Pandemie rollt über die Schweiz. Die Fallzahlen sind bereits über Vorjahresniveau, die Intensivstationen schon zu einem Drittel voll mit Covid-Patienten. Als Massnahme rückt 2G in den Fokus, als «mildeste mögliche» Eskalationsstufe, wie Justizministerin Karin Keller-Sutter es formuliert. Gemäss «Nebelspalter» wird Gesundheitsminister Alain Berset dem Bundesrat drei Massnahmen-Pakete vorschlagen, nur eines soll auf eine erweiterte 2G-Regel verzichten.
«2G hat Potenzial»
Gesundheits-Expertin und Grünen-Nationalrätin Manuela Weichelt macht sich vor allem um die Intensivstationen Sorgen. «Dass diese nicht überfüllt sind, dass das Personal nicht dekompensiert. Und dass natürlich auch andere Fälle als Covid-Fälle noch auf den Intensivstationen behandelt werden können.» 2G sei für sie aber nicht die nächste Verschärfung, sondern die allerletzte, um dem drohenden Lockdown zu entgehen.
«Vorher ist es wichtig, dass man wirklich testet, wenn man an einen bestimmten Ort will», betont Weichelt. Angesichts von Impfdurchbrüchen und Omikron-Variante sei dies am sichersten, deshalb hätten sich die Grünen auch für die Gratistests eingesetzt.
Gegen die Gratis-Tests weibelte die FDP, ihr Fraktionspräsident Beat Walti favorisiert umgekehrt aber 2G. Eine breitere Anwendung im privaten Bereich mache sehr viel Sinn. Am Arbeitsplatz, im Kulturbereich, in Gastronomie und Hotellerie: «Wenn die Veranstalter das durchsetzen, dann hat das gutes Potenzial.»
SVP-Glarner: Keine Sorgen, kein 2G – und kein 3G
Hauptsache freiwillig, betont Walti: «Es bringt nicht viel, eine Pflicht einzuführen, die nur Widerstand auslöst und nicht richtig durchgesetzt wird.» Widerstand wie bei SVP-Unternehmer und Nationalrat Andreas Glarner, der kein 3G und schon gar kein 2G will. Die Sorgen von Ratskollegin Weichelt in Bezug auf die drohende Überlastung der Intensivstationen teilt er nicht.
«Wir müssen einfach schauen, dass wir diese Patienten gut verteilen können, alle nicht-dringlichen Operationen absagen und Kapazitäten freihalten», findet Glarner. Von einer 3G- oder 2G-Strategie müsse man «langsam wegkommen», und führt wie Weichelt die Impfdurchbrüche ins Feld. Und: «Man vergisst einfach immer, dass es noch gesunde Leute gibt, Leute mit Antikörpern, die einfach nichts haben.»
Meinungen zu 2G uneinheitlich
Während Glarner 2G-Regeln für unnötig und falsch hält, sympathisiert sein Parteikollege und Berner Gesundheitsdirektor Pierre-Alain Schnegg offen mit der Massnahme. Manuela Weichelt von den Grünen lehnt 2G zwar ebenfalls ab, aber aus einer völlig anderen Betrachtungsweise. Andere Linke wie SP-Präsident Cédric Wermuth befürworten 2G, aber auch in seiner Partei ist die Haltung nicht einheitlich.
Während der Bundesrat belächelt wird für seine Empfehlung, selbst Familienfeiern zertifikatspflichtig zu machen, empfiehlt FDPler Walti selbstbewusstes Auftreten. Wer sich mit Besuch ohne 2G unwohl fühle, müsse zu seiner eigenen Haltung stehen.
Es brauche oft auch etwas Mut zu sagen, «das funktioniert für mich jetzt nicht». Möglich sein sollte es aber, findet Beat Walti; «Jemanden auch ansprechen und fragen, ‹wie sieht es bei Dir, bei Ihnen aus›. Und entsprechend Konsequenzen ziehen – anders geht es nicht.»