Aktienrechtsrevision: Komplexer Hintergrund des Tränen-Eklats

Christof Vuille
Christof Vuille

Bern,

Stundenlang hat die Rechtskommission das neue Aktienrecht beraten. Zum Schluss brach der kompetenteste Politiker in Tränen aus. Was steckt hinter der komplexen Vorlage?

SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt ist Schöpfer der Selbstbestimmungsinitiative.
SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt ist Schöpfer der Selbstbestimmungsinitiative. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Rechtskommission hat die Beratung der Aktienrechtsrevision abgeschlossen.
  • Für Schlagzeilen sorgte ein Eklat um Rechtsprofessor und SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt.
  • Inhaltlich geht es um Frauenquote, Menschenrechte und Umweltstandards.

Am letzten Mittwochabend gegen 22 Uhr liegen im Kommissionszimmer im Bundeshaus die Nerven blank. Seit Stunden und zum wiederholten Mal berät die Rechtskommission die Aktienrechtsrevision. Rund 200 Anträge gingen ein, mehr als die Hälfte davon stammt von Wirtschaftsrechtsprofessor Hans-Ueli Vogt.

Susanne Leutenegger Oberholzer (l.) und Corrado Pardini fuhren gegen SVP-Vogt ein schweres Geschütz auf.
Susanne Leutenegger Oberholzer (l.) und Corrado Pardini fuhren gegen SVP-Vogt ein schweres Geschütz auf. - Keystone

Der SVP-Nationalrat ist der grosse Experte im kapitalen Geschäft. Weil er in der Folge zwischen die Fronten geriet und seine Wahl zum Kommissionssprecher umstritten war, bricht er am Donnerstag in Tränen aus. Ein Anwesender glaubt gehört zu haben, dass er als «arroganter Trottel» beschimpft wurde.

Aktienrecht: Streitpunkt Frauenquote

Neben der hässlichen Tränen-Episode haben die Nationalräte nichtsdestotrotz die Reform verabschiedet. Umstrittenster Punkt: Die Einführung einer weichen Frauenquote für Unternehmen ab 250 Mitarbeitern. Künftig soll jedes fünfte Geschäftsleitungsmitglied weiblich sein müssen, in den Verwaltungsräten gar 30 Prozent.

Strafen für fehlbare Firmen sind indes nicht vorgesehen, sie sollen sich lediglich erklären müssen. Dagegen wehrt sich primär die SVP. Auch nicht in den Kram passen der grössten Partei Regeln, wonach Firmen mit Sitz in der Schweiz auch im Ausland vermehrt auf die Einhaltung von Menschenrechten achten müssen.

Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative

Hintergrund ist dabei die sogenannte Konzernverantwortungsinitiative von dutzenden Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen. Die nun vorliegende Aktienrechtsrevision soll als indirekter Gegenvorschlag zum Begehren herhalten.

Konzernverantwortungsinitiative
Die Konzernverantwortungsinitiative wurde 2016 eingereicht. - Keystone

Ob es so weit kommt, steht in den Sternen. Schliesslich muss der Nationalrat – und später auch der Ständerat – den Beschluss der Kommission bestätigen. Wortführerin wird dabei die Berner FDP-Nationalrätin Christa Markwalder sein.

Professor Hans-Ueli Vogt hatte nach dem Eklat gemäss Nau-Informationen von sich aus darauf verzichtet, das Amt gegen den Willen seiner Parteikollegen zu übernehmen.

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