Appell: Bundesrat soll Lieferung von Kinder-Schutzwesten erlauben
Die grösste Sorge des Botschafters der Ukraine in der Schweiz sind im Moment Schutzwesten. Diese dürfen nicht in den Ukraine-Krieg geliefert werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Grosse Sorgen des ukrainischen Botschafters in der Schweiz wegen Kindern im Ukraine-Krieg.
- Diese benötigen Schutzwesten wegen der Angriffe auf zivile Ziele.
- Doch die Lieferung von solchem Schutzmaterial aus der Schweiz ist verboten.
Artem Rybchenko ist eigentlich Botschafter der Ukraine in der Schweiz. In den letzten Tagen ist er auch Logistiker, Sorgentelefon und Stewardess, gezeichnet von zu wenig Schlaf und zu vielen Emotionen. Gleich zwei Handys wollen etwas von ihm, denn alles ist gleichzeitig wichtig. «Es geht nicht ums müde sein, es geht darum, das Beste für mein Land zu tun», betont Rybchenko, «24/7».
Flüchtlinge müssen Wegwerf-Windeln waschen
Also morgens um 4 Uhr Lastwagen mit Hilfsgütern beladen. Oder per Flugzeug 160 Frauen und Kindern direkt aus Polen in die Schweiz holen. «Das ist nicht nur meine Arbeit als Botschafter, jetzt arbeite und funktioniere ich als Ukrainer. Das ist unser Land, unser Volk, unser Krieg.»
Die Millionen an Spenden aus der Schweiz seien sehr wichtig, denn es fehle an allem. Artem Rybchenko muss tief Luft holen, um seine Eindrücke von den Kindern zu schildern, die trotz gesundheitlicher Probleme flüchten konnten. «Sechs Tage von Kiew bis Polen, das ist ein langer Weg. Sie mussten Pampers waschen und trocknen, weil es keine Hygieneprodukte gibt.»
Obwohl im Privatauto und mit weisser Flagge unterwegs, werde auf die Flüchtenden geschossen. «Was wir heute brauchen, ist Sicherheit, wir brauchen Schutzwesten und Schutzhelme.» Es gehe um Zivilisten, um Kinder. Dutzende Kinder seien getötet worden, aber ausgerechnet Schutzwesten will die Schweiz nicht liefern.
Ukraine-Krieg: Schutzwesten liefern verboten
Natürlich sei humanitäre Hilfe und Lebensmittel prioritär, betont Artem Rybchenko. Aber vielleicht gebe es die Möglichkeit, mit dem Spendengeld Schutzwesten zu kaufen und so auch für Sicherheit zu sorgen. Der Botschafter müsste dies aber auf Umwegen organisieren, denn aus der Schweiz heraus ist dies verboten.
Schutzwesten und anderes Schutzmaterial gelten als «Dual-Use-Güter», also Güter mit doppeltem Verwendungszweck, militärisch und zivil. Solche stehen auf der Sanktionsliste und dürfen nicht ins Konfliktgebiet geliefert werden.
Er verstehe, dass die Lieferung von Waffen und militärischem Material nicht möglich sei, sagt Rybchenko. Aber darum gehe es nicht: «Wir brauchen Schutzausrüstung für Kinder, für Ärzte, für alle Zivilisten.» Er richtet einen Appell an die Schweizer Behörden: «Sicherheit und Schutz ist sehr, sehr nötig und das sehr, sehr schnell.»
Bundesrat soll bei Schutzwesten Ausnahme bewilligen
Rybchenko ist zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden und so Leben gerettet werden können. Er hoffe, dass sich das Parlament diesbezüglich engagiere. Er verweist auf den «grossen Freund der Ukraine», EVP-Nationalrat Nik Gugger, der sich rund um die Uhr einsetze.
Gugger hat für die bundesrätliche Fragestunde nächsten Montag das Anliegen deponiert. Der Bundesrat soll bei Schutzwesten für Kinder eine Ausnahme von der Dual-Use-Regelung machen.
Es sei wichtig, dass die Ukraine nicht allein gelassen werde, mahnt Rybchenko. Aber auch, dass es schnell gehe mit der Lieferung von Schutzwesten. «Wir brauchen das nicht morgen. Wir brauchen das gestern.»